Macht und Rebel
entschuldigt sich mit einem Loch im Programm, darum hat er Franceman eingeladen.
Nasdaq war das dritte Adoptivkind des Landes (und ausgerechnet aus Japan) und hat einen wahnwitzigen Drogen-Lebenslauf hinter sich. Seitdem er die vierzig überschritten hat, hat er sich ein bisschen beruhigt, aber sein Blutkreislauf muss immer noch als chemische Kloake angesehen werden. Macht nimmt keine Drogen. Sie quatschen ein bisschen über Neuentdeckungen in der Slow-Trash-Szene, dann kommt Franceman mit seinem Rollenkoffer reingelatscht und setzt sich grußlos hin. Der DJ ist offensichtlich stinkesauer, aber Nasdaq weiß, wie man mit mies gelaunten Musikern umgeht: Man muss einfach über technische Sachen reden; er zerrt Franceman zur Anlage hoch und weist ihn in Anschlüsse und Kabelage und Stecker ein, und im Handumdrehen fummelt Franceman in dem Käfig rum wie ein gelehriger Affe. Wieder im Hinterzimmer, fragt Macht ihn, ob DJ Dow denn bald mal im Lande ist.
»Klar«, sagt Nasdaq, »Samstag zum Beispiel.«
»FUCK!?! WO?«, fragt Macht.
»Auf so ner Promo-Party von Frank«, sagt Nasdaq.
»Leiderstam?«
»Yeah.«
»Scheiße, hab ich nix von gewusst«, sagt Macht und bekommt einen winzig kleinen Geschmack jenes bitteren Gefühls des Kindes, das nicht mitspielen darf, ein Gefühl, das er nie gekannt hat.
Nasdaq berichtet, dass Frank Leiderstam eine neue Partie Markenpiratenwaren reingekriegt hat und jetzt eine PUSH-Party veranstaltet, um sie abzusetzen.
»Eigentlich brauchte er gar keinen Hype, um sein Zeug zu machen«, sagt Nasdaq. »Frank hat so viel Credit, der badet darin. Ich meine, wenn du für ein und denselben Scheißabend sowohl Dow als auch Quellwasser kriegst, dann kannst du dir das verfickte Fest selber eigentlich schenken«, sagt Nasdaq. »Dann ist die Arbeit getan. Als hättest du das ganze Haus voll Crack – verkauft sich von selbst, wie Chris Rock sagt.«
»Quellwasser? Quellwasser kommt auch?« Macht ist allmählich wirklich beeindruckt, wird es aber auch leid, sich vor dem Nasdaq-Japsen zu verstellen, damit der das nicht bemerkt.
»Yess.«
»Quellwasser ist noch besser als Dow, verdammt. Wie schafft Frank das?«
»Der hat ein so beschissen großes Netzwerk, das kannst du dir gar nicht vorstellen, Macht«, sagt Nasdaq und hustet, bis er fast kotzt.
Kurz verflucht Macht sich innerlich, dass er Leiderstam nicht in der U-Bahn angesprochen hat. Er hat gar nicht mitgekriegt, wie fett die Spinne Leiderstam mittlerweile im Netz sitzt, und er beschließt, bei dem Fest am Samstag einen Vorstoß zu machen. Warte nur, Frank Leiderstam. Wenn Macht zum Angriff bläst und all seine Karten ausspielt, ist er ebenso attraktiv für den Untergrund wie eine wehrlose, kleine, achtjährige ostasiatische Hure für einen Internetring pädophiler Herrenmenschen.
Ab half elf füllt sich das Lokal rapide. Macht redet mit Jenna, Nasdaqs linker Hand im TENZING – und auch eine von Frank Leiderstams Zuarbeiterinnen –, während er Bier trinkt und zu der Meinung gelangt, dass DJ Franceman heute Abend besser spielt als sonst, als er ihn gehört hat. Jenna sieht schwanger aus, findet Macht, und er hofft, dass das nicht Nasdaqs Gene sind, die da weitergegeben wurden. Er erwägt, Franceman den Leuten von T.S.I.V.A.G. vorzuschlagen, T.S.I.V.A.G. braucht ja irgendwas für die blöden neuen Kampagnen, und Macht war bislang noch unsicher, was da brauchbar wäre. Aber was DJ Franceman heute Abend vorführt, passt zu mindestens drei von den Projekten, die derzeit bei T.S.I.V.A.G. entwickelt werden, denkt er. So bisschen halbneu und halbalternativ. Man kann denen bei T.S.I.V.A.G. nicht allzu grobes Untergrundmaterial zumuten, obgleich Thomas Ruth so langsam für etwas mehr Hardcoremäßiges reif sein dürfte, sinniert er. Eins nach dem anderen. Franceman könnte bei T.S.I.V.A.G. als ein gegenkulturelles Up'n Go funktionieren.
Also geht er, als DJ Franceman fertig ist, schnurstracks zum DJ-Käfig und fragt, ob er schon mal was von T.S.I.V.A.G. gehört hat. Hat er natürlich nicht, schon aus dem einfachen Grund, dass er ein bescheuerter DJ ist. Außerdem ist er immer noch stinkesauer, bis er hört, dass die von T.S.I.V.A.G. für Musikrechte ordentlich blechen. Über das Geschäftskonzept erzählt Macht nichts, aber er sagt, er kann ein Treffen arrangieren, bevor Franceman abreist.
»I'll go back tomorrow«, sagt Franceman.
Macht achtet darauf, dass Nasdaq, der »Geschäftsskeptiker«, nicht in Hörweite ist, und sagt:
»Then you'll have
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