Macht und Rebel
a meeting tomorrow.«
Franceman schreibt seine Nummer auf, seine Handschrift sieht aus wie die eines Gambiers, und gibt sie Macht. Macht steckt sie sich in die rechte hintere Hosentasche, wohin er früher schon die Nummern von beispielsweise Heather Conretas, OmniBoy und Gruff Ryhs gesteckt hat. Dann packt er Franceman im Nacken (Macht weiß alles über die Wirkung von physischem Kontakt, obwohl die landläufige Untergrundshure so was hasst wie die Pest), und geleitet ihn ins Hinterzimmer. In seinem Griff wird Franceman weich wie Butter.
Hinten sitzen Nasdaq und fünf andere und schnupfen vorsichtig. Da Nasdaq nichts anbietet, beschwert sich auch keiner darüber, dass Macht nichts nimmt. Franceman zieht ordentlich was rein und wird sofort wieder sauer. Wahre Koksnasen werden von Koks sauer, das ist eine Regel. Es ist drei Uhr morgens.
KAPITEL 5
T.S.I.V.A.G. UND DIE ISJ – INTERNATIONAL SOCIETY OF JEWS
Hasse Cashavettes, der CEO von T.S.I.V.A.G., ist kein Antisemit. Doch blicken wir zurück ins Jahr 1928 und sehen, wie Hasse Cashavettes' Vater Heinz mit vier Jahren in Darmstadt vorm Kamin auf Großvater Jörg Schmettersens Schoß sitzt und Hoppe-hoppe-Reiter spielt, so können wir uns vorstellen, dass dem Jungen gemeinsam mit den Kinderreimen die eine oder andere politische Haltung eingeimpft wird.
Als Heinz und seine junge Frau Anke 1944 allmählich Lunte rochen und nach Boston, Massachusetts, emigrierten, wurde der Familienname Schmettersen über Bord geworfen und durch das amerikanischer klingende Cashavettes ersetzt. Ein paar Jahre später saß der kleine Hasse auf dem Schoß seines Vaters und bekam moderate Nachkriegsvarianten der großväterlichen Reime und Regeln eingepaukt, und das mag die Ursache dafür sein, dass jetzt, gut fünfzig Jahre später, George Goldblatt, der Sprecher und Wachhund der International Society of Jews die vergangenen acht Monate sowie relativ große Summen Geldes darauf verwendet hat, »diskriminierende Unregelmäßigkeiten« in Hasse Cashavettes' Firma T.S.I.V.A.G. aufzudecken.
Für Folgendes hat Goldblatt bislang »Beweise«:
dass seit 1994 auf drei Vorstandssitzungen von T.S.I.V.A.G. der Begriff crooked nose verwendet wurde
dass die Anwaltskosten, die T.S.I.V.A.G. für einen Angestellten jüdischer Abstammung löhnte (er behauptete, die Nazis hätten um 1936 herum seines Großvaters Seifenpatent gestohlen), in einem vertraulichen Brief von Cashavettes an den Finanzchef von T.S.I.V.A.G. als Holo-costs statt costs bezeichnet wurden
dass nach Bezahlung dieser Rechnung die Anstellungsquote von Mitarbeitern jüdischer Herkunft um 36% sank
dass Cashavettes mehrfach zum Mittagessen laut und deutlich orange jews als Getränk bestellt hat
dass er wiederholt über die Metropolen Jew York und Jewrusalem sprach
dass Cashavettes bei festlichen Anlässen häufig den bekannten CNN-Slogan folgendermaßen umwandelt: CNN – Jews Around the Clock
dass er den jüdischen Teenie-Freund seiner Tochter als jewenile delinquent bezeichnete
dass er George Lucas' Fantasyfiguren als Luke Skywalker and Jewbacka bezeichnete
schließlich, dass eine anonyme Quelle aus dem New Yorker Büro von T.S.I.V.A.G. schwört gesehen zu haben, wie Hasse Cashavettes zum Weihnachtsessen 1998 auf der Karaokemaschine Whitney Houstons I will always love you wählte, dann aber den Text abwandelte zu … ja, rat mal: I will always love Jews.
Man muss gestehen, dass Hasse Cashavettes schon mal ein gewisses Schandmaul haben kann, wenn es um das stolze Volk Israel geht, dass sein Vater Heinz ein noch größeres Schandmaul hatte, und dass wiederum dessen Vater Jörg, nicht nur ein Schandmaul hatte, sondern auch die eine oder andere … schändliche Tat beging, um es so auszudrücken. So sagte Hasse Cashavettes beispielsweise, nachdem jene Anwaltsrechnung bezahlt war, zu seiner Frau, T.S.I.V.A.G. könne nicht mehr als »an ATM for the descendants of the Gas-Generation « fungieren. Auf der anderen Seite sei aber auch darauf hingewiesen – zu Cashavettes' Ehrenrettung und der seiner Firma T.S.I.V.A.G. –, dass George Goldblatt nicht nur Sprecher von The International Society of Jews ist, sondern auch Vorstandsmitglied des multinationalen Konzerns Ensor, der seinem Konkurrenten T.S.I.V.A.G. auf mehr als eine Weise an den Kragen möchte. So gesehen ist es keine schlechte Idee, T.S.I.V.A.G. einen Vorgeschmack auf das Judenproblem zu geben.
KAPITEL 6
MACHT BEGEGNET REMMY BLECKNER
FREITAG
Macht wacht um sieben auf und liest
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