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Macht und Rebel

Titel: Macht und Rebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matias Faldbakken
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democracy (…), (…) intellectual capital and the access to networks (…), dazu, last but not least, jener Spruch des amerikanischen Industriemagnaten aus den 30er Jahren, der offenbar bis ans Ende aller Tage als Slogan wird herhalten müssen, sei's für die »Kapitalmacht«, sei's für die »Graswurzel«:
     
    »The everlasting battle for the minds of men«
     
    Macht wird es unwohl. All das bedeutet nur eins – denkt er–, und zwar, dass der politische und kulturelle Untergrund, sollte er so dogmatisch und dämlich bleiben, wie er jetzt ist, es VERDIENT, dass ein Haufen Geldsäcke, die für Highstreet leben und atmen, ihn am Arsch kriegt. Macht blickt auf Francemans gelbe Zähne und findet es an der Zeit, etwas kompromissloser zu werden.
    Sasha – unbedingt die attraktivste Kellnerin vom LOOP, sie hat auf jede Titte das Logo der Deutschen Bank tätowiert, und die Titten hängen immer halb raus, als hätten sie eine Vergrößerung hinter sich, und keiner, nicht einer der Männer, mit denen sie bisher zu tun hatte, hat sich neutral zu ihnen verhalten können – lehnt sich über den Tisch, und Franceman nutzt die Chance, um ihr zu sagen, er sei bereit »to eat one more of your way too fancy meals if you promise that YOU will make it, Fräulein.« Fräulein? Macht bittet sie um die Rechnung, bevor ihr eine Antwort einfällt.
    Nach dem Abendessen versucht Franceman, Macht zu bereden, dass der ihn zum Flugplatz begleitet, aber Macht antwortet wahrheitsgemäß, dass ihm das nichts bringt. Franceman zuckelt verdrossen ab, den T.S.I.V.A.G.-Vertrag in seinem Homo-Rollkoffer.
    Macht fühlt sich rastlos und grübelt nach, was er mit seiner überschüssigen Energie anfangen soll. Braucht er zu dieser Party von Frank Leiderstam eine Einladung? Er hat Leiderstam noch nie angerufen, aber die Nummer hat er, und jetzt benutzt er sie. Er geht telefonierend die Waughsgate hinunter.
     
    Fatty Frank Leiderstam sitzt zu Hause vor seinem PC und sieht NICHT gerade blendend aus. Bei zahlreichen Gelegenheiten hat er gegenüber seinen so genannten Freunden – vor allem Munan, bevor er den wegen der Sache mit dem Golden Retriever rausgeschmissen hat – beteuert, er habe keinerlei Probleme damit, dass sein Körpergewicht, wie er es sagt, »auf der Plusseite des Durchschnitts« liegt. Das ist die öffentliche Version von Fattys Verhältnis zu seinem Körper. Im Websiteverzeichnis von seinem PC aber würde man zum Beispiel folgende Adressen finden:
     
    www.obesity.com
    www.overweight.net
    www.sliminthirtydays.com
    www.societyofbigpeople.co.uk/discussiongroup/selfesteem/
    www.bingeeatingdisorder.org
    und
    www.fatandproud.com
     
    … und dazu Adressen von Seiten GÄNZLICH anderen Inhalts, in denen es um, ja, wie soll man sagen?… um Fattys GEGENTEIL geht. Um, ja, das menschliche NEGATIV zu Fatty Frank Leiderstam. Nicht um Fatty geht es dort, lies: um fette alternde Männer ohne jedes Sexleben, sondern um strichdünne, knalljunge Mädchen – MIT einem Sexleben.
    Gerade eben lädt er sich einen Haufen »unabhängiger« Nachrichten von Indymedia runter, die er nachher, nach dem Anruf, ausdrucken und mit aufs Klo nehmen und dort lesen wird. Macht ruft an. »Frank-äh«, sagt Frank Leiderstam. »Macht hier«, sagt Macht. »Wir haben uns schon ein paar Mal gesprochen.«
    »Jaaa?«
    »Ich bin der mit diesen WORLD WAR-Tattoos …« »Jaja. Aha, du. Tach.«
    »Ich wollte nur mal fragen, ob man morgen zu deinem Dings eine Einladung braucht?«
    »Man braucht immer eine Einladung, wenn ich ein õDingsã mache«, sagt Frank Leiderstam.
    »Hehe«, sagt Macht.
    »Höhö«, sagt Frank Leiderstam.
    »Tatsächlich?«, hakt Macht nach.
    »Ich operiere NIE mit Einladungen. Wenn du so gut vernetzt bist, dass du den Event findest, kommst du einfach, nicht wahr.«
    »Wo steigt es denn?«, fragt Macht.
    »Hangar 9«, sagt Fatty, »woher weißt du davon?«
    »Nasdaq. Kann ich noch wen mitbringen?«
    »Wenn's kein Arschloch ist, bitte«, sagt Frank Leiderstam.
    Drinnen auf dem Klo dann liest Leiderstam zum vielleicht zwanzigsten Mal, dass Tom Wolfes Begriff »radical chic« von 1971 allmählich wirklich die Authentizität einer Reihe unabhängiger Organisationen gefährdet. Indymedia informiert (mit kritischer Sozialisten-Stimme), dass dort die Telefone heißlaufen, denn die Modekonzerne rufen unaufhörlich an, auf der Jagd nach Beratern aus der wirklichen, wahrhaftigen Widerstandsszene. Leiderstam legt die Papiere beiseite, stützt den Kopf in die Hände und

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