Macht und Rebel
Information zu entlocken, wie man hier wohl rauskommt; aber nein, aus der Hölle kommt man nicht heraus. Das war schon seit langem mein Verdacht: Der Untergrund und die Linke sind die Hölle auf Erden. Ich sitze also fest. Stuck. Wenn man erstmal gelernt hat, auf leftie-Art und Weise zu denken, ist es sozusagen unmöglich, da wieder rauszukommen. Offenbar muss ich mir den Weg ins Freie erst erkämpfen.
Arolf und Munan grunzen schulterzuckend, sie hätten keine Ahnung, wo's hier rausgeht, also bleibt Fotti als letzte Möglichkeit, und ich muss leider ihr intensives Gespräch mit dem Weltkriegsknaben unterbrechen. Ich frage sie, wie sie heute Abend aus der HÖLLE rauszukommen beabsichtigt. Der Weltkriegsknabe lacht freundlich und sagt, bevor Fotti antworten kann, sein Freund Robert – der ein paar Schritte hinter uns steht und aussieht, als wäre er hier fehl am Platz – will gleich fahren und ich soll ihn mal fragen, ob er mich mitnimmt. Ich frage, der Typ nickt, und schon sitze ich stadteinwärts in seinem Wagen und denke, dass ich ihn nicht fragen werde, ob all der NIKE-Krempel, der überall hier drin rumliegt, irgendwie mit Fatty zu tun hat, ich kann mich ausgezeichnet beherrschen, da ich weder jetzt noch sonst auf Gespräche scharf bin, folglich reden wir auf der halbstündigen Fahrt kein Wort miteinander, ich und der Freund vom Weltkriegsknaben. Ich lasse mich bei Mehira absetzen, zwei Blocks von meiner hoffentlich nicht mehr allzu arschriechenden Wohnung entfernt, so kann ich mir noch schnell bisschen was Falafel kaufen, bevor ich dann zu Hause abnipple. Mehiras Sohn oder Bruder oder Onkel oder Neffe frittiert die beiden kleinen Falafelbällchen, ich blättere in einer Zeitung. Ich lese nie Zeitung, aber ich blättere.
Spezialisierung und Generalisierung:
In Zeiten wie den heutigen, da man mit einem Artikelchen über eine dämliche kleine Bazille den Doktorgrad erwerben kann, ist es gut, dass die Boulevardzeitungen auf ihren Titelseiten reichlich Vergewaltigungen und Morde auftischen. Anders gesagt: In Zeiten wie unserer, da allgemein die Auffassung verbreitet ist, jeder einzelne Mensch sei genauso viel wert wie die gesamte Menschheit, tut es einfach richtig gut, mal zu sagen: Die Juden sind schuld, und ähnlichen Quatsch.
Dieselben Leute, die so hysterisch auf GLEICHHEIT zwischen den Menschen achten, finden individuelle UNTERSCHIEDE so wahnsinnig wertvoll, UNTERSCHIEDE sind was Schönes, aber wir sind alle GLEICH. Dieselben, die immer für alles mögliche »bunte« Rassendurcheinander und interkulturelle fusion sind, wollen zugleich stets die »Mannigfaltigkeit der Natur« und allerlei »einzigartige Tierarten« erhalten. Ja, wie denn jetzt? Wenn Interaktion zwischen den Rassen so wichtig ist, dann sollen sie doch den stolzen Bengalischen Tiger fröhlich den Luchs ficken lassen und den Löwen und den Leoparden und Hund und Kuh und Pferd gleich mit. Dann hat er's hinter sich. Sollen sie doch im Namen der wertvollen UNTERSCHIEDE einfach mal hinnehmen, dass die Leute VERSCHIEDEN gut verdienen und auch VERSCHIEDEN denken. Dass es »wertvoll« und »bunt« ist, dass andere Leute als sie egoistisch denken oder kapitalistisch oder menschenverachtend oder nazistisch. Dass die wunderbaren UNTERSCHIEDE dieser Welt auch jede Menge Leute bedingen (so siebzig, achtzig Prozent der Bevölkerung), die auf ihre Mitmenschen scheißen und nur an sich selber denken. Warum können sie nicht einfach hinnehmen, dass die Menschen VERSCHIEDEN wertvoll sind?
Dass manche eben dümmer sind als andere und dafür gestraft werden? Dass hässliche Menschen keine Chance haben und vielleicht auch keine haben sollten? Dass die Menschen in verschieden starkem Maße dazu begabt sind, sich zu bereichern? Dass die RASSENZUGEHÖRIGKEIT den sozialen Status UND ideologische Standpunkte beeinflussen kann und soll?
Ja, das ist von Natur aus gerecht.
Ich stehe in Mehiras Imbiss und würge den Falafel runter und freue mich schon darauf, nach Hause zu kommen, denn ich weiß, dass ich sofort einschlafen kann, wenn ich so viel Sprit intus hab wie jetzt, aber gerade, als ich den letzten Bissen schlucken will, höre ich hinter mir »Hey, mach's du hier, Alda?« Ich drehe mich um, und schau an, da steht Sultan, Gold-ist-in, der hübsche Araberbengel von Fottis Picknick, und noch drei Einwandererbubis. Es braucht einen Moment, bis ich sie erkenne.
»Tach«, sage ich.
»Wo hast'n Fotti gelass, ey?«, fragt er.
»Auf so'm Fest irgendwo«, sage
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