Macht und Rebel
dass die hier verkauften Hamburger aus Rohwaren hergestellt sind, die bei McDonald's gestohlen wurden. Ich drehe mich zu Fotti um und will etwas Gehässiges sagen, aber sie starrt wie paralysiert den Kerl mit den Weltkriegstattoos an, der seinerseits ein Stückchen weiter steht und sich mit Remmy unterhält. Sein tätowierter rechter Arm deutet zu DJ Dow empor, der in seinem am Kran unterm Dach baumelnden Käfig ein misstönendes Stück nach dem anderen zum Besten gibt, und sagt irgendwas, wozu Remmy nickt.
»Arschkriecher«, denke ich und muss Fotti am Arm rütteln, damit sie mich anschaut, aber als sie das endlich tut, habe ich vergessen, was ich sagen wollte. Ich schaue sie leer an, und sie dreht sich zurück zu WORLD WAR I & II und seinen Armen. Ich habe den Typ noch nie gesehen, er sieht gut aus, nicht zu leugnen. Wie ich Fotti, ihren Geschmack und ihre Flirttechnik kenne, kriegt ihr Muttermund heut Nacht noch Spermienbesuch.
Dann gelange ich zu Stand Nummer fünf, er heißt
und hier wird Sprit zu Schweinepreisen verkauft. Auch neben diesem Stand hängt ein Plakat und informiert darüber, dass ein executive von Absolut Vodka den Stoff im Austausch gegen Hackerdienste beschafft hat. Na, ich wette, dieser executive ist jetzt ganz schön bedient, falls Hacker-Cato das übernommen haben sollte, der arschigste Hacker von ganz Nordeuropa.
Übersetzt man einmal den grundlegenden menschlichen Willen zur Veränderung in Hass auf das Bestehende, so ist das Ergebnis notwendigerweise ein finsterer, unerschöpflicher Hass. In meiner Welt ist Fatty das Bestehende, und ich spüre, dass in allernächster Zukunft Fatty zum Opfer jener Energie werden wird, die aus des Homo Sapiens – hier: meinem – unermüdlichen Willen zum Umsturz der Dinge herrührt. Immer deutlicher scheint mir Gewalt das einzig denkbare Mittel zur Lösung meiner Probleme.
Drei Gläser Wodka stürze ich mehr oder weniger hinunter und werde ernsthaft betrunken, das Beste, was mir heute Abend passieren kann. Arolf und Munan kommen zu mir und signalisieren, dass Fatty mit uns sprechen will, also mit Arolf und mir, NICHT mit Munan. Fatty riecht wie ein ganzer Zirkus, sieht aus wie ein Schwein und hat ein Elefantengedächtnis, folglich hat er den Vorfall mit Munans Golden Retriever noch lange nicht vergessen. Er ist verbittert. Arolf und ich schaffen uns rüber, und Fatty Frank hat ganz offenbar tüchtig Dope intus, denn er ist FREUNDLICH, was ihm in unbeeinträchtigtem Zustand rein technisch ganz und gar unmöglich wäre, denke ich.
»Tach auch, cool, dass ihr da seid«, ruft er gegen die Musik an und will seinen ewigen Handschlag anbringen, koste es, was es wolle. Ich reiche ihm meine Hand, mit der ich mir in den vergangenen zwei Stunden, also nach dem letzten Händewaschen, in den Ohren gekratzt, in der Nase gepopelt, an den Schwanz gelangt und durch die Kimme gewischt habe, und drücke ihm die Wurstfingerchen.
»Sieht ja super aus hier!«, ruft Arolf, der Schleimer. Dows Scheißmusik übertönt alles.
»Ja, Scheiße, wir haben verdammt geschuftet!«, ruft Fatty zurück.
»Du und schuften, erzähl mir nix«, sage ich.
»Hä?«, ruft Fatty.
»Sieg Heil!«, sage ich.
»Trinkt, Jungs, ich muss mich ums õGeschäftã kümmern, HÄHÄHÄ!« Fatty nickt zum KEIN-Stand rüber und versucht, Remmy Bleckners krasse Lache nachzuahmen. Es klingt, als hätte er sie nicht mehr alle.
Arolf und ich gehen mit keinem weiteren Wort auf Fattys Veranstaltung ein und wandern zurück zum Schnapsstand, wo Munan auf uns wartet. Die Musik wummert, die Leute um uns herum werden immer euphorischer, weil sie hier dabei sein können, es ist ja sooo cool und illegal, autonom, subversiv, alternativ, anarchisch, unabhängig, frei, selbstorganisiert, selbstkonstituierend, was weiß ich.
Als wir einen Stand mit der Aufschrift
erreichen, an dem zusammengehackte Infos verteilt werden, auf welchen deutschen Judenversuchen die Technologie der NASA auch heute noch fußt, kommen wir an einem Mädchen vorbei, auf dessen Hosenboden I WANT TO BE FUCKED IN THE ASSHOLE Steht.
»Endlich. Es geht voran«, sagt Arolf.
Arolf und Munan sind immer bekiffter, und Fotti redet schon so gut wie den ganzen Abend mit dem weltkriegstätowierten Typen da. Ich nicke ihm kurz zu, er ist absolut bis an die Ohren voller Energie und sympathisch, und er schaut für meinen Geschmack etwas SEHR wach und intelligent aus der Wäsche. Aber ich nicke ihm zu. Vorhin habe ich gesehen, wie er mit Remmy und
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