macht Urlaub
Kilometer bis irgendwo, vielleicht zu einem Brunnen, einer Quelle oder einer Ortschaft, aber die nächste Stadt ist Sad as Sultani, und sie ist nicht vierzig Kilometer entfernt.«
»Awad sagt: ein Brunnen!« Hanan klang sehr bestimmt. Ihre Loyalität gegenüber einem Freund war offenbar unerschütterlich.
Josef lachte. »Also gut, dann ein Brunnen.« Es war schon fast dunkel, als sie vor Awad Ibn Jazis Haus anhielten. Wenn Arb'Tn eine Ortschaft war, dann eine winzige, nur ein paar beisammenstehend Häuser, wie bei einer kleinen Bahnstation. Als sie ausgestiegen waren und den Hof betraten, hörte Mrs. Pollifax das Gurren von Tauben und sah hoch oben in der Hauswand einen Taubenschlag. Die Vorderseite des quaderförmigen Betonhauses lag im Schatten von Obstbäumen, und der Weg zur Haustür war mit flachen, in zartem Blau, Türkis und Rosa bemalten Steinen gepflastert. Ihre Stimmen brachten einen kleinen Mann an die Tür. Er ging etwas gebeugt, sein mit Runzeln und Falten durchzogenes Gesicht erinnerte an poliertes braunes Leder; seine Augen waren glänzend und schlau und strahlten plötzlich vor Wärme, als sie auf Hanan fielen. Er trug ein graues Gewand und einen karierten Kaffiyeh, der von einer schwarzen Kordel oder Aigal gehalten wurde, seine Füße steckten in Sandalen. Sowohl Hanan als auch Josef grüßten ihn förmlich mit einem Ritual von Fragen und Antworten in Arabisch: Kif halak, wie geht es dir... alhamdu lillah, gut, Allah sei Dank, und dann sagte Josef: »Wir haben zwei Amerikaner gebracht, Awad Ibn Jazi. Hanan möchte, daß sie morgen unseren Großvater kennenlernen.«
Die klugen Augen des Alten musterten Mrs. Pollifax und Farrell eingehend. Dann sagte er: »Ahlan wa sahlan faddal!«
»Sie sind Amerikaner«, erinnerte ihn Josef grinsend.
»Dann sage ich zu Ihnen: Ich heiße Sie willkommen, bitte treten Sie ein.« Er lächelte breit, offenbarte dabei eine Lücke zwischen den Schneidezähnen und fuhr auf englisch fort: »Zweifellos möchte meine kleine Hanan Ihnen ihr weißes Kamel zeigen.«
Mrs. Pollifax lachte. »O ja, allerdings.«
»Kannst du uns morgen hinbringen?« fragte Josef Awad hoffnungsvoll.
Awad rümpfte die Nase über diese Frage. »Als wüßtest du nicht genau, daß ich nichts lieber tue. Ich habe schon wieder genug von festen Wänden um mich.«
Jetzt erst bemerkten sie die kleinen Kinder, die hinter Awad Schutz gesucht hatten und sie neugierig anstarrten; und beim Betreten des Hauses begegnete ihnen eine hübsche, stattliche junge Frau in schwarzem Gewand. »Awads Enkelin Rehab«, stellte Josef sie ihnen vor, und die Namen der Kinder prasselten herab. Die Mädchen waren Ghada, Saadija und Nawal, und der kleine Junge war Tahar. Es waren die Kinder von Rehab und ihrem abwesenden Mann Omar. Mrs. Pollifax staunte insgeheim, als ihr klarwurde, daß sie alle in diesem winzigen Drei-Zimmer-Haus lebten. Mit einem leichten Gefühl von Klaustrophobie blieben sie verlegen im Wohnzimmer stehen, einem kleinen Raum mit einem Fernsehapparat, einem Stoß ordentlich aufgestapelter Matratzen in einer Ecke und einem Wirrwarr von Bänken und Kissen. Rehab holte zwei Stühle aus dem Hof hinter dem Haus herein und begann Befehle, offenbar auf arabisch, zu erteilen.
Josef übersetzte. »Sie schickt Ghada zu ihrer Schwester im Nachbarhaus, um mehr Reis für unser Abendessen zu besorgen, und da es zu kalt ist, um auf dem Dach zu schlafen, soll Saadija Matratzen für Hanan und Sie, Mrs. Pollifax, in das Zimmer im ersten Stock tragen. Und sie erinnert Awad daran, daß im Fernsehen heute ein ägyptischer Film gesendet wird, den Sie sich vielleicht ansehen möchten.«
Mrs. Pollifax sagte rasch: »Bitte danken Sie ihr und entschuldigen Sie sich dafür, daß wir ihr solche Umstände machen.«
»Kein Problem«, versicherte ihr Josef. »Wir werden alle ein gutes Abendessen bekommen, es wird Kusa mahshi geben, und Rehab verspricht, es in eineinhalb Stunden fertig zu haben.«
Farrell nickte nach einem Blick auf seine Uhr. »Also um halb acht. Das ist eine vornehme Zeit für das Dinner in den Vereinigten Staaten, für Mexiko allerdings etwas früh. Bitte danken Sie ihr auch in meinem Namen.«
13
Genau zu dieser Stunde wartete Inspektor Jafer in Amman darauf, von seinen beiden zum Hotel abkommandierten Männern zu hören, die wiederum darauf warteten, mit der Observation von Mrs. Pollifax und ihrem Cousin zu beginnen. Nachdem noch weitere Nachrichten eingegangen waren, verflochten sich nun viele zuvor
Weitere Kostenlose Bücher