Machtkampf
irgendwo im Süden den Sommer zu verlängern.«
»Wie lange sind Sie schon hier?«, wollte Mompach wissen und richtete sich ebenfalls auf.
»Seit einer Woche«, antwortete Leni mit charmantem Lächeln. »Wir gehen übermorgen aber auf Rundreise, rauf in den Norden. Chiang Mai und so.«
»Muss sehr interessant sein da oben«, erwiderte Mompach. »Viel Kulturelles, aber auch traumhafte Landschaften. Sie sollten aber nordwestlich von Bangkok die Brücke über den Kwai nicht auslassen. Historische Ecke. Krieg mit den Japanern als Folge von Pearl Harbor. Außerdem kennt jeder den River-Kwai-Marsch, oder?«
»Ja, Udo will unbedingt hin«, meinte Leni und deutete auf ihren Partner. »Ich weiß aber noch nicht, ob ich nach der Rückkehr von der Rundreise noch Lust auf einen weiteren Ausflug habe.«
»Sie sind anschließend noch ein paar Tage hier?«, zeigte sich Mompach interessiert.
»In Thailand ja, aber nicht mehr hier in Hua Hin«, erklärte Udo. »Das Hotel ist zwar spitzenmäßig, aber halt weit vom Flughafen weg.«
»Dafür ist hier die Welt noch in Ordnung«, sagte Mompach, als ob er sich selbst ein beruhigendes Gefühl zusprechen wollte.
»So sieht’s zumindest aus«, meinte Udo und runzelte die Stirn. »Aber wo ist die Welt heutzutage denn wirklich noch in Ordnung?«
Leni ergänzte, ohne zu wissen, welch ungeahnte Aktualität sie bei Mompach ansprach: »Auch auf Ihrer Alb denkt man, die Welt sei in Ordnung. Und trotzdem versteckt sich in manchem kleinen Dorf das Kriminelle. Oder sehe ich das falsch?«
Mompachs Blutdruck schoss wieder nach oben. Verdammt, wer war diese Frau? Hatte er sie schon einmal irgendwo gesehen? War es wirklich nur ein Zufall, dass sie sich hier an diesem Strand, fern der Heimat, getroffen hatten? Er musste vorsichtig sein. Auch wenn er vielleicht inzwischen übersensibel reagierte und alles, was gesagt wurde und was geschah, gegen sich gerichtet sah.
In der Geislinger Kriminalaußenstelle hatten die Ermittler noch bis lange nach Mitternacht diskutiert und zwischendurch die Pizzen gegessen, die Häberle wieder einmal von einem Lieferservice hatte kommen lassen.
Im Mittelpunkt der hitzigen Diskussion standen jedoch die Erkenntnisse, die Vanessa und Linkohr von ihren Gesprächen in Böhmenkirch und Rimmelbach mitgebracht hatten. Insbesondere die Aussagen von Mompach junior, die Linkohr in allen Details wiedergab, waren ein Paukenschlag gewesen.
»Was glaubt ihr, weshalb die beiden Jagdgenossen Heiko Mompach und Max Hartmann einander plötzlich spinnefeind geworden sind?«, hatte er seinen Bericht begonnen und damit, wie so oft schon, die nötige Aufmerksamkeit gewonnen. »Mompach junior glaubt zu wissen, was seinen Vater und Hartmann von heut auf morgen entzweit hat. Es ging, wie könnte es anders sein …« Er wurde von einer Stimme aus dem Hintergrund unterbrochen: »Um Frauen! Mensch, Mike, wenn du so anfängst, dann ist uns sofort klar, dass du als Experte ermittelt hast.«
Er quittierte die Unterbrechung mit einem knappen Lächeln, obwohl er leicht verärgert war, dass ihm der Kollege die Schau stehlen wollte – vor allem auch noch in Anwesenheit von Vanessa, die ihn ohnehin vermutlich als flatterhaften Playboy einstufte. In ihm wuchs die Befürchtung, sie würde ihn weder als Mann noch als Kriminalisten wirklich ernst nehmen. Die Art und Weise, wie sie bei Vernehmungen das Gespräch an sich riss, war ihm im Lauf des Tages mehrfach unangenehm aufgestoßen, obwohl er ihr geschicktes und einfühlsames Vorgehen sogar bewunderte. Vanessa, das war ihm inzwischen klar, ließ sich durch nichts beirren. Sie würde ihren Weg bei der Kriminalpolizei gehen und nicht wie er bei einer kleinen Kriminalaußenstelle versauern, die zu allem Unglück auch noch bald aufgelöst wurde.
»Lasst bitte den Kollegen Linkohr weiterreden«, schaltete sich Häberle mit autoritärem Tonfall ein.
»Mompach junior hat gesagt, es gäbe einen handfesten Skandal in Rimmelbach, wenn herauskäme, um wen sich die beiden Männer gestritten haben.«
»Jetzt mach’s nicht zu spannend, Mensch!«, drängelte ein anderer Kollege, der sich jetzt, nach dem offiziellen Feierabend, ein Bier genehmigte.
»Sowohl Mompach als auch die Frau können sich dann in Rimmelbach nicht mehr sehen lassen. Und Hartmann hätt’s auch nicht mehr wagen können, wenn er sich nicht umgebracht hätte – falls es Selbstmord war.«
»Jetzt sag’s doch schon, bevor noch jemand umgebracht wird«, meckerte eine weitere
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