Machtkampf
Indiskretionen und dem üblen Versuch, ihn, den angesehenen Bürger von Rimmelbach, in den Schmutz zu ziehen und ihn seines Lebenswerks zu berauben. Natürlich war er selbst nicht ganz unschuldig daran. Er hatte das schöne Leben im Rausch und Taumel von Hartmanns luxuriösem und erotischem Umfeld viel zu lange genossen, es vor allem aber in mancherlei Hinsicht übertrieben. Doch dass eine ausgelassene Männerfreundschaft in abgrundtiefen Hass umschlagen würde, hätte er niemals gedacht. Und nun war er mittendrin in diesem selbst verschuldeten Morast – und, was noch schlimmer war: Er war sogar der Hauptdarsteller, der keine andere Chance mehr hatte, dieser Schmierenkomödie zu entkommen, als sich selbst zum Spielball gnadenloser Gangster zu machen. Und dies mit unkalkulierbarem Ausgang. Aber was hätte er schon kalkulieren können? Was wäre ihm anderes übrig geblieben, als dieses Risiko hier in Hua Hin einzugehen? Hätte er auf das Erpresserschreiben nicht reagiert, wäre er gesellschaftlich bereits ein toter Mann. Nun war er dabei zu retten, was noch zu retten war. Doch ob er Ruhe finden würde, war höchst zweifelhaft. Er blieb weiterhin das Opfer, das man nach Belieben wieder und immer wieder attackieren konnte. Er war, um es in der Jägersprache zu formulieren, waidwund geschossen. Und womöglich verpassten sie ihm sogar irgendwann den Gnadenschuss.
Nie zuvor hatte sich Mompach vorstellen können, einmal so nah an den Abgrund gedrängt zu werden und hilflos zusehen zu müssen, wie er immer mehr den Boden unter den Füßen verlor. Er war es gewohnt gewesen, selbst das Steuer in die Hand zu nehmen, im Ernstfall zuzupacken und Entscheidungen von weitreichender Bedeutung zu fällen. Doch jetzt hatte sich das Blatt gewendet. Und falls er jemals wieder heim nach Rimmelbach kam, würde nichts mehr so sein, wie es einmal war.
Nach all diesen Albträumen, die sich in die kurzen Phasen des Schlafens gemischt hatten, sehnte er das Morgengrauen herbei, das sich ab sechs Uhr hinter den zugezogenen Vorhängen abzeichnete. Wenig später stand er mit schmerzendem Rücken auf, schaltete die Klimaanlage ab und gönnte seinem schweißnassen Körper eine kühle Dusche. Er mied den Blick in den Spiegel, denn er fühlte sich wie gerädert und befürchtete, dass ihn ein um Jahre gealtertes Gesicht anstarren würde.
Sein Darm rebellierte, der Magen schmerzte. Er beschloss dennoch, zum Frühstück zu gehen, das auf der Terrasse im Freien serviert wurde.
Er zwängte sich in Bermudashorts, zog ein T-Shirt über und verließ sein Zimmer, dessen Tür er sorgfältig ins Schloss zog, bis es hörbar einrastete. Er versuchte, sich draußen an den Ecken und Abbiegungen zu orientieren, ging eine Treppe hinab, gelangte in den Garten und erreichte eine Holzbrücke, die einen naturbelassenen Teich überspannte. Eine Sitzgelegenheit war als Boot gestaltet. Am Geländer gegenüber bückten sich einige Personen zur Wasserfläche hinab, aus der dicke Fische auftauchten und mit weit geöffnetem Maul nach den zugeworfenen Brotstücken schnappten.
Mompach ging wortlos an dieser Gruppe vorbei, erreichte schließlich in der schwülen Hitze des frühen Vormittags die Terrasse des Restaurants, wo ihn ein freundlicher Kellner an einen gedeckten Tisch geleitete, der direkt neben einer Wasserfläche stand. Zufrieden stellte er fest, dass die drei anderen Gedecke abgetragen wurden, er also allein bleiben würde. Er bestellte sich Kaffee und bediente sich im Innern des Restaurants am reichlich bestückten Büffet. Misstrauisch behielt er dabei die anderen Touristen im Auge, die sich ihm dort näherten. Er versuchte, sich Gesichter einzuprägen, die ihm wenig vertrauenerweckend erschienen. Mit Brötchen, etwas Marmelade und zwei Spiegeleiern kehrte er an seinen Platz zurück, an dem das Zwitschern tropischer Vögel das sanfte Plätschern des Wassers übertönte. Von der Brandung des Meeres, weit jenseits des üppigen Bewuchses, war hier nichts zu hören.
Am Nebentisch nahmen drei junge Leute Platz, zwei Männer und eine Frau. Sie grüßten ihn auf Deutsch. Mompach erwiderte den Gruß und musterte die fröhlich gestimmten Urlauber. Sein Misstrauen stieg: Warum waren sie ohne Begleitung des Kellners an diesen Tisch gekommen? Dies entsprach nicht den Gepflogenheiten.
Mompach fühlte sich von allen Seiten beobachtet. Die meisten Touristen taxierte er als Deutsche, einige wenige waren dem Aussehen nach asiatischer Herkunft. Es gab jedoch unter den etwa 50
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