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Machtkampf

Machtkampf

Titel: Machtkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Bomm
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zerstören.
    Doch Häberle interessierte sich zunächst für etwas anderes: An der weiß getünchten Wand hingen zwei Bogen, wie sie zum Abschießen von Pfeilen benutzt wurden. Sie erinnerten ihn an den Besuch eines Schützenvereins, der auch das Schießen mit Pfeil und Bogen im Angebot hatte. Gleichzeitig kam ihm dieser Landwirt Melzinger in den Sinn, der gestern mit einem Pfeil aufgetaucht war, den er in seinem Wald bei dem Hochsitz entdeckt hatte.
    »Schaut euch das an!«, riss ihn der Leiter der Spezialeinheit aus seinen Gedanken. Häberle richtete seinen Blick auf zwei Regalböden des geknackten Schrankes. Dort waren bräunlich schimmernde Glasgefäße aneinandergereiht, die ihn sofort an eine Apotheke erinnerten. Nur die Schraubverschlüsse wollten nicht so recht dazu passen. »Wir gehen davon aus, dass es Anabolika sind«, meinte der Einsatzleiter. »Klarer Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz. Wir nehmen das alles mit.«
    »Dopingmittel«, flüsterte Linkohr seiner jungen Kollegin zu, »wird aber auch in Fitnessstudios vertrieben, unter der Hand natürlich.«
    Wieder grinste Vanessa. »Damit die Jungs groß und stark werden wie Schwarzenegger als Terminator, stimmt’s?«
    Linkohr wusste nicht, ob dies wieder eine Anspielung auf ihn war, der nicht gerade mit Muskelpaketen und kleiderschrankähnlichen Schultern protzen konnte.
    »Der Herr Popow«, resümierte der Einsatzleiter weiter, »hat hier unten aber auch Akten versteckt, die in kyrillischer Schrift verfasst wurden. Russisch, nehme ich mal an.« Er deutete auf einige Schnellhefter, die bereits in einem Polizeikarton lagen. »Aber hier ist eine, die irgendwie nicht dazu passt.« Der Einsatzleiter hob einen Aktenordner hoch. »Da steht ›Kind‹ drauf.«
    Häberle runzelte die Stirn und sagte: »Alles mitnehmen. Und noch eine Bitte: Schaut auch mal nach, ob es zu diesem Bogen da an der Wand«, er deutete hinter sich, »auch Pfeile gibt.«

20
    Mompach hatte den restlichen Nachmittag in seinem Hotelzimmer verbracht, die Vorhänge zugezogen und sich aufs Bett gelegt. Er trank Wasser und kämpfte gegen sein aufkommendes Hungergefühl an, das trotz der Magen- und Darmbeschwerden immer stärker wurde. Doch er wollte, wenn überhaupt, erst bei Papa John etwas essen. Er musste sich dort ganz unauffällig verhalten. Denn so, wie der Unbekannte bisher seine Anweisungen erteilt hatte, war damit zu rechnen, dass er es auch diesmal wieder schaffen würde, sie ihm heimlich zukommen zu lassen.
    Aber warum dieses Katz- und Mausspiel?, überlegte Mompach. Warum nicht eine einzige kurze Anweisung – und die Geldübergabe wäre geschehen. Wieso wurde er ausgerechnet in dieses Lokal gelockt, in dem überwiegend deutsche Gäste verkehrten, weil der Inhaber ein Berliner war und den deutschen Essensgeschmack nach Thailand brachte?
    Inzwischen war es dunkel geworden und das laute Rauschen des Wasserfalls unterhalb seines Balkons und des gegenüberliegenden Whirlpools verstummt. Ziemlich genau um 18 Uhr wurden diese beiden Anlagen offenbar automatisch abgeschaltet. Mompach genoss die wohltuende Stille. Jetzt war endlich auch das vielstimmige Konzert der tropischen Vogelwelt zu vernehmen.
    Er rasierte sich, duschte und suchte nach einer plausiblen Erklärung für seinen Kneipenbesuch, falls das Stuttgarter Urlauberpaar auch da sein würde. Immerhin hatten die beiden ihn heute Abend dorthin mitnehmen wollen. Nun würde es womöglich ein peinliches Zusammentreffen geben. Er entschied deshalb, erst kurz vor dem auf 21 Uhr festgelegten Termin des Erpressers einzutreffen und sich möglichst in eine abgeschiedene Ecke des überdachten Freiraumes zu setzen.
    Bevor er das Zimmer verließ, vergewisserte er sich, dass die Balkontür in die Verankerung eingerastet war. Er zog die Zimmertür bewusst kräftig zu und spürte auf dem flurartigen Umgang sofort wieder die tropisch-feuchte Luft, die ihm wie aus einem Backofen entgegenschlug. Vor den dezenten Lampen schwirrten kleine Insekten, auf einem nahen Tennisplatz war das Flutlicht eingeschaltet.
    Mompach blickte sich mehrfach um, drosselte vor jeder Biegung seine Schrittgeschwindigkeit, stieg die Stufen zum Garten hinab und eilte an dem angestrahlten dichten Bewuchs entlang zu dem Holzsteg, der sich über einen naturbelassenen Tümpel spannte, dessen Wasser voll exotischen Lebens war.
    Mit wenigen Schritten hatte er abseits der Restaurantterrasse den Aufstieg zur Rezeption erreicht, wo eine hölzerne Dachkonstruktion den beidseits

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