Machtkampf
Mompachs zu tun haben konnte. Das Mobile Einsatzkommando der Landespolizeidirektion war innerhalb einer dreiviertel Stunde vor Ort, und Häberle hielt der völlig verdutzten Marina einen Hausdurchsuchungsbeschluss vor die Nase. Die erblasste junge Frau konnte offenbar den Text nicht verstehen, doch allein der Anblick der vielen Einsatzfahrzeuge und der schwarz gekleideten Beamten der Spezialeinheit reichten aus, ihren Widerstand zu brechen. Sie trat zur Seite und ließ die Männer in den Innenraum stürmen. »Ist noch jemand im Haus?«, fragte Häberle, der die Frau zur Seite nahm und ihr Linkohr und Vanessa vorstellte. Der junge Kriminalist entsann sich an das Gespräch mit Arnold Kowick, der von einer Russin geschwärmt hatte, die oft mit Igor aufgetaucht sei. Das musste sie sein. Linkohr lächelte ihr freundlich zu, doch ihre Gesichtszüge blieben regungslos. Dafür aber, so stellte er mit dem alles durchdringenden Blick eines Mannes fest, waren die übrigen Körperrundungen bestens ausgeprägt.
»Niemand da, nein. Ich hab Ihnen doch gesagt, dass Igor …«, beeilte sich die Blondine anzumerken.
»Schon gut«, gab Häberle zurück und wandte sich an den Einsatzleiter der Spezialeinheit, der jetzt auch das Haus betreten wollte: »Achten Sie auf das Terrarium. Da ist was ziemlich Giftiges drin.«
Der Mann wischte sich über seinen Schnauzbart und hielt für einen Moment inne: »Was heißt das?«
»Kobra«, erklärte Häberle knapp. Dann ließ er Marina stehen und folgte mit Linkohr und Vanessa dem Einsatzleiter. Inzwischen hatten sich die Männer in allen Räumen verteilt, um Beweismaterial zu suchen, das auf Igors Tätigkeiten und seinen derzeitigen Aufenthalt schließen ließ. Mehrere Beamte machten sich in einem kleinen Büro über Computer und Speichermedien her, entkabelten die Geräte und steckten sie vorsichtig in mitgebrachte Kisten. Außerdem tippte ein Ermittler auf den Tasten des schnurlosen Telefons herum. Falls die Nummern abgehender und ankommender Gespräche gespeichert wurden, konnten auch daraus Rückschlüsse auf Igors Umfeld gezogen werden.
In einem Aktenschrank gab es mehrere Ordner, die mit kyrillischen Buchstaben beschriftet waren. Das würde wieder jede Menge Kleinarbeiten bedeuten, seufzte Häberle still in sich hinein. Er hasste es, sich durch Hunderte oder gar Tausende Seiten von Papier zu quälen – ganz abgesehen davon, dass er von Computerdateien und den heutigen Speichermöglichkeiten ohnehin nichts verstand. Es wurde wirklich Zeit, dass er in den Ruhestand ging, überkam es ihn wieder. Irgendwie verstand er die heutige Welt und ihre Mechanismen nicht mehr.
Linkohr war Vanessa ins Wohnzimmer gefolgt, wo sie respektvoll vor dem großen Terrarium stehen blieben und auf die zusammengerollte Schlange starrten. »Sie scheint nicht hungrig zu sein«, meinte Vanessa.
»Wo geht das denn auf?«, fragte Linkohr besorgt und begutachtete die entsprechende Verriegelung.
»Angst?«, drehte sich Vanessa neckisch zu ihm um. »Hast du Angst, dass sie jemand rauslässt?«
»Um ehrlich zu sein: Angenehm wär’s mir nicht gerade.«
Sie grinste ihn an. »Ich denke, du stehst auf Schlangenförmiges?«
Unglaublich, dachte Linkohr. Sogar in Situationen wie diesen konnte sie es nicht lassen, ihn anzumachen. War dies im Dienst überhaupt erlaubt? Einem Politiker war es doch kürzlich scharf angekreidet worden, dass er sich gegenüber einer Journalistin sexistisch benommen hatte. Linkohr empfand das Benehmen seiner Kollegin natürlich alles andere als unangenehm. Und doch wusste er es nicht einzustufen. Aber gerade dies war natürlich der ganz besondere Reiz. Vanessa hatte ein außergewöhnliches Talent, sich auf diese Weise interessant zu machen.
Der Einsatzleiter erschien an der Wohnzimmertür. »Kommt mal mit«, wies er die beiden Kriminalisten an und rief nach Häberle, der aus dem Büroraum kam. »Im Keller gibt’s was«, fuhr der Beamte fort. Marina, die sich in einen engen Hausanzug gezwängt hatte, verfolgte das Geschehen irritiert vom Flur aus. Dort sollte sie während der Durchsuchungsaktion bleiben. Ihr war zudem ein striktes Telefonierverbot auferlegt worden.
Im Keller, dessen Grundrissaufteilung jener der Wohnung glich, brummte eine Pelletheizung vor sich hin, im Raum daneben befand sich der prall gefüllte Sack mit den Pelletvorräten. Eine Tür weiter deutete der Einsatzleiter auf einen Metallschrank, den die Beamten bereits geschickt geöffnet hatten, ohne das Schloss zu
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