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Machtkampf

Machtkampf

Titel: Machtkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Bomm
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Schutz der finstren Herbstnacht nicht wahrgenommen.
    Arnold Kowick, der seit der Trennung von seiner Frau vor über fünf Jahren sein altes Bauernhaus allein bewohnte, wälzte sich unruhig im Schlaf. Den Abend hatte er wieder mal im ›Löwen‹ verbracht, wie so oft. Natürlich war der Selbstmord Hartmanns das einzige Thema gewesen. Inzwischen schossen die Gerüchte wie Pilze aus dem Boden und es schien, als wisse so ziemlich jeder in Rimmelbach etwas über Hartmanns Privatleben. Dabei hatte er gar nicht hier gewohnt, sondern drüben in Böhmenkirch. Aber seine beruflichen Kontakte zum Großbauern Mompach und die gelegentlichen Aufenthalte im ›Löwen‹ hatten ihm eine gewisse Popularität eingebracht – insbesondere aber auch, weil er als schillernde Persönlichkeit galt und man sich in dem konservativen Dorf schnell die Mäuler über ihn zerriss. Seine Kontakte nach Russland, über die er sich nie richtig ausließ, trugen das Ihre dazu bei, ihm ›halbseidene‹ Machenschaften zu unterstellen. Hinzu kam, dass er oft in Begleitung von Igor und dessen meist sehr aufreizend gekleideter Freundin Marina war, bei der es sich offenbar um eine Russin handelte. Dies alles sorgte am Stammtisch des ›Löwen‹ jetzt für reichlich Gesprächsstoff. Das beschauliche Landleben hatte einen bunten Farbtupfer bekommen. Man konnte sich so herrlich darüber empören, obwohl vielleicht im Grunde des Herzens der Wunsch schlummerte, auch einmal in solche Kreise hineinschnuppern zu dürfen.
    Arnold hatte längst das Licht in seinem modrig riechenden Schlafzimmer gelöscht, doch auch die drei Halben Bier und die großzügig vom Wirt ausgegebene Runde Schnaps vermochten nicht, ihn gleich ins Land der Träume zu versetzen.
    Stattdessen spukten all die Geschichten, die er über Hartmann gehört hatte, durch sein alkoholgeschwängertes Gehirn. Eigentlich kannte er ihn nur vom ›Löwen‹. Ansonsten war er ihm nie irgendwo begegnet. Er versuchte, sich an die Biertischgespräche zu erinnern, doch jetzt, einerseits müde, andererseits aufgewühlt und vom Alkohol benebelt, tat er sich schwer damit. Hartmann hatte zwar abenteuerliche Geschichten erzählen können, doch fragten sie sich oftmals, was davon Jägerlatein oder reine Erfindung war. Allerdings hatte sich der Viehhändler mit Erzählungen über sein Privatleben zurückgehalten und es geschickt verstanden, die anderen um sich herum reden zu lassen. Vermutlich hatte Hartmann weitaus mehr von seinen Mit-Zechern erfahren als sie von ihm. Einige Male, dessen entsann sich Arnold noch besonders gut, hatte er Igor und dessen Freundin mit in den ›Löwen‹ gebracht. Die junge Frau war damals gleich im Mittelpunkt des Interesses gestanden, hatte sie doch allein durch ihre äußerlichen Reize bei allen am Stammtisch für einen beschleunigten Pulsschlag gesorgt. Es kam wohl nicht oft vor, dass in dieser urschwäbischen Kneipe ein junges Mädel auftauchte, das so viel Haut zeigte wie Marina.
    Nur der Schorsch, der in seinem langen Leben als Wirt schon viel Sonderbares und Merkwürdiges erlebt hatte, war gelassen hinter seiner Theke geblieben. Noch heute erinnerte sich Arnold, wie Schorsch, süffisant lächelnd, das Balzverhalten der Männergesellschaft studiert hatte.
    Insgeheim hatte sich natürlich auch Arnold gewünscht, Marina würde öfters auftauchen. Doch es war bei diesen wenigen Treffen geblieben. Igor wich später den immer wiederkehrenden Fragen nach Marina aus. Kein Wunder, dass man seither munkelte, sie sei gar nicht seine Freundin, sondern nur eine ›Dame auf der Durchreise‹ gewesen. Langsam vermischten sich in Arnolds Gedanken Realität und Träume zu einer angenehmen Geschichte, in der Marina in ihrem kurzen Kleidchen die Hauptrolle spielte. Es war ihm, als seien seine kühnsten Fantasien Wirklichkeit geworden. Er sah sie ins Schlafzimmer kommen und glaubte, hinter ihr die Tür ins Schloss fallen zu hören.
    Und zwar so heftig, dass er jäh aus dem lustvollen Traum gerissen wurde. Als habe ein Regisseur diese erotische Szene gestoppt, weil die Darsteller versagt hatten.
    Arnold war mit Herzjagen aufgewacht. Hatte er es nur geträumt? Natürlich. Marina war nicht da. Aber dieses Zuschlagen der Tür?
    Arnold hob seinen Oberkörper aus den Kissen und lauschte in die Nacht. Ein altes Haus, das wusste er, war voll merkwürdiger Geräusche. Das Gebälk konnte unter dem Einfluss von Wärme und Kälte knarzen und ächzen, Wasserleitungsrohre dehnten sich aus oder zogen sich

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