Machtlos
Führende Mitarbeiter des LKA und zwei leitende Vertreter des BKA , die zur Koordination der Sicherheitsmaßnahmen vor dem Gipfeltreffen von ihrer Behörde nach Hamburg abgestellt waren. Auch die Mitarbeiter vom Verfassungsschutz waren bereits da. Sie begrüßten die Neuankömmlinge mit ernsten Gesichtern und informierten sie kurz über die aktuelle Lage.
»Haben Sie die Aufzeichnungen der Überwachungskameras bekommen?«, fragte Mayer. Alle Augen wandten sich ihm zu. Die Reaktion zeigte Burroughs deutlich, wie die Zuständigkeiten verteilt waren.
»Wir sind schon bei der Auswertung«, antwortete einer der Männer, ein untersetzter Beamter, der ungeachtet der Außentemperaturen nur im Hemd am Tisch saß. »Aber der Bereich ist nicht vollständig einzusehen.«
»Das lässt darauf schließen, dass der Täter sich im Vorfeld sehr gut informiert hat«, konstatierte Mayer. »Wir brauchen die Aufzeichnungen der letzten Wochen.« Er sah in die Runde. »Hat es eine Bombendrohung gegeben?«
»Nein …«
Es klopfte an die Tür. Das Team des Bombenentschärfungsdienstes war da. Der Leiter des Teams brachte einen Schwall kalter Luft mit, als er in den Wagen trat. »Wir haben uns bereits auf dem Weg mit allen Einzelheiten vertraut gemacht«, sagte er. »Meine Männer schicken jetzt den Roboter rein. Sie können alles auf ihrem Monitor verfolgen.« Er wandte sich an den Einsatzleiter der Schutzpolizei. »Die Fahrzeuge hier hinten sind noch im Gefahrenbereich. Haben Sie eine Möglichkeit, sie in der Dammtorstraße zu parken?« Der Einsatzleiter gab die Anweisung per Funk sofort weiter. Burroughs sah gleich darauf Männer zu den Fahrzeugen laufen. Motoren wurden gestartet, Blaulicht blinkte, und die gesamte Flotte verschwand im Schneegestöber. Dann setzte sich auch ihr eigener Wagen in Bewegung.
Der Leiter des Entschärfungsdienstes blickte durch die getönten Scheiben des Fahrzeugs zurück zum Bahnhof, an den alten Steinen empor bis zu dem Kuppeldach aus Stahl, und seinem Gesicht war anzusehen, dass er sich fragte, wie es sein würde, wenn ihnen die gesamte Konstruktion um die Ohren flog.
Im vorderen Teil des Wagens saßen die Techniker vor Schaltwänden und Laptops. Ein Flachbildschirm an der Stirnseite zeigte, wie der Roboter des Bombenentschärfungsdienstes durch die geöffneten Türen in den Bahnhof rollte. Niemand sprach. Es war totenstill, als der Monitor schwarz wurde, um gleich darauf die Umgebung aus der Sicht des Roboters wiederzugeben, der sich jetzt durch die verlassene Bahnhofshalle bewegte, den Blick starr geradeaus auf die Rolltreppen am anderen Ende gerichtet. Es war eine gespenstische, lautlose Fahrt, die sie verfolgten. Der Papierkorb tauchte auf. Durch das Gitter erkannte Burroughs das Paket, das die Bombe beinhalten sollte. Es war nicht groß, vielleicht zwanzig mal dreißig Zentimeter, flach und eingeschlagen in braunes Packpapier. Wenn er es nicht besser wüsste, hätte er gesagt, jemand hatte sich dort illegal seines Netbooks entledigt. Die Kamera des Roboters zoomte das Paket heran. In der Einsatzzentrale hielten alle den Atem an. Es stand etwas auf dem Packpapier geschrieben, Burroughs bemerkte, wie sich Mayer neben ihm aufrichtete, anspannte, als er versuchte, die Zeichen zu entziffern.
»Oh, mein Gott!«, entfuhr es seinem deutschen Kollegen gleichzeitig mit einem Mitarbeiter des BKA . »Stoppen Sie den Roboter!« Aber es war zu spät. Der Roboter fuhr bereits seinen Greifer aus. Ein heller Lichtblitz ließ den Monitor aufleuchten, dann wurde er schlagartig dunkel. Gleichzeitig erschütterte eine heftige Explosion das gesamte Gebiet. Burroughs griff haltsuchend nach dem Tisch. Durch die Fenster konnte er sehen, wie das Dach des Bahnhofs an seiner Nordseite aufbrach, Rauch und Feuer in den Himmel schossen. Wie Funken herabregneten und Gesteinsbrocken durch die Luft flogen, und für einen flüchtigen Moment dachte er an die Krähe auf dem Sims.
Alle anderen im Wagen starrten entsetzt auf Mayer und den Mitarbeiter des BKA . »Die Schrift«, stieß Mayer hervor. »Es war dieselbe, die wir auf dem Blindgänger in Kopenhagen gefunden haben!«
Entsetzen breitete sich in den Gesichtern der Männer aus, als sie begriffen, was Mayer gerade gesagt hatte.
Kopenhagen. Dieselbe Schrift wie auf dem Blindgänger in Kopenhagen. Es gab mehr als nur den einen Sprengsatz in der Bahnhofshalle.
»Scheiße«, entfuhr es dem Leiter des Entschärfungsdienstes, der zur Tür eilte. Mayer folgte ihm. Sie rissen die
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