Machtlos
nicht sicher, ob andere Rote seine Art zu kämpfen in so kurzer Zeit erlernen können, zumal ich mir selbst nicht ganz sicher bin, wie er das überhaupt macht.
Der zweite Grund ist noch schwerwiegender. Die Roten haben jahrhundertelang all ihre Kämpfe aufgrund ihrer überragenden Stärke gewonnen. Kraft, sowohl die körperliche als auch die astrale, ist das Wichtigste für einen Roten. Er definiert sich darüber. Die ganze Gesellschaft der Roten definiert sich über dieses eine Attribut. Stärke ist für einen Roten mit Ansehen gleichzusetzen. Und nun kommt einer der ihren daher und zeigt ihnen, dass es etwas gibt, das diese Eigenschaft unbedeutend macht. Das stößt bei vielen Roten auf Widerstand, denn sie sind in ihren Traditionen verhaftet. Sie WOLLEN nicht so kämpfen wie er, auch wenn das bedeutet, dass sie gegen ihn unterliegen. Lieber verlieren sie einen Kampf als ihre Ehre.
Das ist auch der Grund, warum ich überhaupt einen Roten gefunden habe, der mit mir die Erinnerung an diesen Anwärterkampf geteilt hat. Dieser Rote sieht Grimmarr nicht als einen von ihnen an. Grimmarr ist in seinen Augen kein würdiger Anwärter auf den Thron, also ist der Kampf in seinen Augen auch kein Anwärterkampf. Entsprechend ist es kein Verbrechen, die Bilder mit Drachen anderer Rassen zu teilen.“
Abrexar starrte nachdenklich in die Ferne, bevor er schließlich weitersprach: „Grimmarr spaltet mit seiner Person die Gesellschaft der Roten. Er war Adjutant und doch greift er nach der Königswürde. Er gewinnt Kampf um Kampf, aber nicht wegen seiner Stärke, sondern mit einer mysteriösen Kampftechnik. Etliche seiner Artgenossen verachten ihn, aber das scheint ihm gänzlich egal zu sein; er buhlt nicht um die Anerkennung seiner Artgenossen.
Er wird der nächste König werden, daran habe ich nach diesen Bildern wenig Zweifel. Es wird nicht leicht für ihn, denn er hat viele erbitterte Gegner, die jeden anderen Roten lieber auf dem Thron sehen würden als ihn. Aber Grimmarr ist klug. Im Gegensatz zu Tylarr scheint er genau zu wissen, was er tut. Schon jetzt hat er einige Unterstützer, die erkennen was er ist: ein effektiver Kämpfer und überlegter Diplomat. Und mit jedem Sieg werden es mehr. Er könnte es also schaffen.“
Dann verzog Abrexar besorgt sein Gesicht. „Was ich nicht in Erfahrung bringen konnte, ist, wie er so zu kämpfen gelernt hat…“
„Jalina?“, fragte Jaromir. „Hat sie ihre Krallen mit im Spiel?“
Abrexar zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht – ehrlich nicht. Ich hoffe nur, dass deine Vermutung sich nicht bewahrheitet. Die Roten liegen zwar schon seit den Torkriegen an der Kette der Goldenen, aber ein Jagdhund von Jalina auf dem Thron der Roten, das wäre wirklich schlimm.“
Dann seufzte er und schloss kurz die Augen. Als er sie wieder öffnete, konnte Victoria den für ihn so typischen Tatendrang darin sehen. Und so verkündete er auch schon: „Bevor ich gleich wieder los muss, noch etwas anderes: Narex wird ab jetzt an Lenirs Stelle die Torwache übernehmen. Du bekommst also einen zweiten Hiwi, damit er auch uneingeschränkten Zugang zum Tor hat. Außerdem möchte ich, dass auch Mandolan bleibt. Es kann nicht schaden, wenn hier in nächster Zeit ein paar Drachen mehr herumlaufen, die loyal auf unserer Seite stehen.“
Schließlich blickte Abrexar sich suchend um. „Apropos loyal… Wo ist Hoggi überhaupt? Ich habe ihn heute noch gar nicht gesehen und kann ihn auch nirgendwo auf dem Anwesen orten. Wo steckt der alte Zausel?“
„Ach“, winkte Jaromir ab, „der ist heute früh zu Noran aufgebrochen, um irgendwelche Nachforschungen anzustellen.“
Abrexar nickte. Offensichtlich war er darüber nicht verwundert, auch wenn Hoggi ihn nicht informiert hatte. Er lächelte: „Na, dann habt ihr zwei ja endlich mal frei…“
Dann fiel ihm noch etwas ein. „Sag mal, Jaromir, was ist eigentlich bei der Untersuchung des Tores herausgekommen? Ich hatte Lenir am Montag damit beauftragt.“
Jaromir nickte. „Das ist richtig. Und wir waren auch an der Uni, haben das Tor aber gar nicht erreicht, weil wir im Fahrstuhl hängengeblieben sind.“ Er verzog unglücklich sein Gesicht und fuhr fort: „Und danach… naja, irgendwie sind wir in den letzten Tagen nicht dazu gekommen.“
Abrexar sah seinen ehemaligen Schüler ernst an. „Ok. Narex ist jetzt mit dem Tor verbunden, also gehe ich davon aus, dass grundsätzlich alles in Ordnung ist. Trotzdem solltet ihr die Untersuchung
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