Machtlos
Hand zu haben. Das mit dem Geheimdienst hat sich in diesem Zusammenhang ein paar Jahrhunderte später so ergeben. Und als der Truchsess ihn dann irgendwann zum Nachfolger bestimmte, konnte er schlecht ablehnen.“
Sie schüttelte nur den Kopf und brummte: „Und du und Lenir, ihr seid dann so was wie die Prinzen, oder wie?“
Jaromir legte nachdenklich seinen Kopf schief. „Prinzen gibt es bei uns Schwarzen nicht. Das Amt des Truchsesses wird nicht zwangsläufig vom Mentor auf seinen Schüler übertragen, auch wenn das in den letzten Jahrtausenden häufig vorkam. Ich denke nicht, dass einer von uns der nächste Truchsess wird – dazu sind wir viel zu jung.“
Dann lächelte er sie an und meinte: „Außerdem hat sich mein Leben in den letzten Monaten verändert. Seitdem ich dich kenne, hat alles andere an Bedeutung verloren.“
Victoria ignorierte seinen liebevollen Blick. Sie sah ihn prüfend an und fragte: „Gibt es noch etwas, das ich wissen sollte? Noch irgendwelche Ämter, Titel oder so?“
Jaromir schüttelte breit grinsend seinen Kopf: „Nö. Jedenfalls fällt mir so spontan nichts ein…“
Dann zog er sie behutsam näher an seine breite Brust. „Ich bin nur ein unbedeutender Torwächter, der dich liebt bis ans Ende aller Tage. Wegen mir könnten all die anderen aus dem Haus Brookstedt verschwinden.“ Er lächelte zärtlich und dachte: „Irgendwie hatte es doch etwas für sich, als ich nur dein Matheprofessor war und unsere Beziehung ein Geheimnis. Da ging es nur um uns.“
In seinen warmen, braunen Augen begann es leicht zu flackern und er dachte an Victorias erste Küsse, die ihn damals schier um seinen Verstand gebracht hatten.
Bei diesen Gedanken drehte Victoria sich um und lächelte. „Ja, das war unglaublich.“
In ihrem Bauch verbreiteten die Schmetterlinge ein angenehmes Kribbeln. Sie blickte selbstbewusst in seine schönen Augen und bemerkte trocken: „Allerdings hat es definitiv Vorteile, dass unsere Verbindung nun vollendet ist.“
Sie schickte ihm Erinnerungen an die letzte Nacht, in der sie miteinander geschlafen hatten.
Er schluckte trocken und plötzlich stand die Bronze in seinen Augen in Flammen. Er stand auf und verwandelte sich dabei in einer fließenden Bewegung in seine Menschengestalt.
Victoria sah ihn schräg von unten an und meinte ungerührt: „Ohne deinen Windschatten wird´s kalt…“
Er reichte ihr seine Hände und zog sie hoch. Rau flüsterte er: „So wie ich das sehe, ist dir in deiner Reitermontur gerade ziemlich heiß geworden.“
„Damit könntest du recht haben“, hauchte sie kokett.
Seine Lippen fanden ihre. Zart und behutsam.
Beide hörten auf zu denken. Nur die Nähe des anderen zählte und sie hatten alle Zeit der Welt. Die Anspannung der letzten Tage fiel von ihnen ab.
Jaromir nahm ihr Gesicht zärtlich in seine Hände und lächelte sie an. Aus seinen Augen sprach tiefe Liebe. Wieder küsste er sie sanft und hingebungsvoll auf ihren schönen Mund. Er bekam nicht genug von ihr. Für ihn war sie vollkommen.
Victoria verlor sich in seinen Augen. Sie liebte es, wie er sie ansah.
„Wir sind einander so nah… selbst wenn wir an verschiedenen Orten sind .“ Ungewollt stiegen Erinnerungen in ihr auf. Plötzlich war Jaromir wieder im Fahrstuhl und die Motorradgang hinter ihr her. Sie hatte bei jedem Atemzug seine Verzweiflung darüber gespürt, dass er nicht zu ihr konnte, um sie zu schützen. Und er hatte ihre Panik bei der Flucht auf den Turm gefühlt. Doch er konnte sie nicht erreichen. Das hatte ihn fast wahnsinnig gemacht. „Unser beider Leben hätte vor wenigen Tagen fast ein jähes Ende gefunden“ , dachte Victoria aufgewühlt.
Sofort hielten Jaromirs starke Arme sie fest. Es sah ihr leidenschaftlich in die Augen. „Sie werden uns nicht kriegen, Kleines! So wird es nicht enden!“
Victoria nickte. „Wir sind entkommen.“
Sie fühlte sich in diesem Moment sehr lebendig. „Und wir sind hier.“ Sie würde jede Sekunde ihres Lebens mit ihrem Gefährten auskosten.
Plötzlich wurde ihre Leidenschaft drängend. Sie nahm sein Gesicht in ihre Hände und küsste ihn, als gäbe es kein Morgen.
Sie wollte ihn. Jetzt. Hier.
Mit einem flüchtigen Fingerschnippen ließ sie seine und ihre Klamotten neben sich auf den Boden segeln. Der kühle Wind spielte mit ihren langen Haaren und sorgte dafür, dass sie am ganzen Körper eine Gänsehaut bekam.
Jaromir löste sich schwer atmend von seiner Geliebten. „Der Wind ist mein Verbündeter“ ,
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