Machtlos

den Archiven der Goldenen, nur unter Aufsicht, aber immerhin. Ich glaube zwar nicht, dass ich dort etwas finden werde, aber interessant wird es auf alle Fälle.“
    „Wieso meinst du, dass du nichts findest?“, wollte Victoria wissen. „Hat Jalina denn recht? Gibt es nichts über uns in den Archiven?“
    Abrexar legte den Kopf schief. „Die Archive der Goldenen sind riesig, Victoria. Nicht umsonst werden sie als die Hüterinnen von Wissen und Weisheit bezeichnet. Ich gehe aber davon aus, dass ich auch nach jahrelangem Studium kein einziges Schriftstück finden werde, welches von Gefährten handelt, denn die Goldenen waren schon immer gründlich in dem, was sie tun. Allerdings weiß ich, dass die Königin der Goldenen ein Geheimarchiv für ganz spezielle Dokumente unterhält. In diesem Geheimarchiv vermute ich alles, was Gefährten betrifft. Hiervon wissen nur wenige Drachen und nur ausgesuchte Goldene haben Zugang dazu. Ich bezweifle stark, dass ich dorthinein gelangen werde. Tatsächlich wird die Existenz eines solchen Archivs abgestritten.
    Victoria schüttelte leicht genervt den Kopf. Diese ganze Heimlichtuerei ging ihr voll auf den Keks. Sie seufzte. Dann fragte sie: „Weißt du denn jetzt, welcher Drache die Rocker mit dem Angriff beauftragt hat?“
    Abrexar schüttelte den Kopf. „Das ist mir nach wie vor ein Rätsel. Bei keiner Drachenrasse wurde jemand gefunden, der das unbrechbare Versprechen gebrochen hat. Gerade bei den Goldenen war ich sehr erstaunt. Aber Jalina hat uns die Prüfung gezeigt.“
    Victoria hakte nach: „Aber die Roten… Dieser Grimmarr hat doch keine Probe gezeigt. Könnte er nicht gelogen haben? Könnte Kim nicht doch einer von ihnen…“
    „Nein“, unterbrach Abrexar sie, „Grimmarr sprach die Wahrheit, als er sagte, dass die Roten an den Großen Rat gebunden seien. Laut den Statuten der Drachen MÜSSEN sie die Befehle des Rates befolgen. Sie würden ihre Ehre verlieren, wenn sie es nicht tun und das ist für einen Roten schlimmer als der Tod.“
    „Dann bleibt nur noch eine Möglichkeit“, schlussfolgerte Jaromir: „Kein Drache hat den Angriff auf uns befohlen.“
    „Aber Fiete wurde von einem Drachen getötet!“, widersprach Victoria. „Es MUSS doch ein Drache beteiligt gewesen sein.“
    „Das zweifle ich ja auch gar nicht an, Vici. Ich will damit nur sagen, dass Kim sich sehr geschickt angestellt haben muss, denn sie hat es offensichtlich geschafft, dass die Motorradgang tut, was sie will, ohne es direkt auszusprechen.“
    Abrexar nickte nachdenklich. „Deine Schlussfolgerung ist sehr interessant, Jaro, und ich denke, ich werde ihr folgen. Das bedeutet, dass Kim eine Goldene ist. Das würde passen… das einzige, was mich bei dieser Theorie stutzen lässt, ist, dass Jalina zweifelsfrei bewiesen hat, dass sie nichts von den Angriffen wusste. Ich habe die Wahrheit in ihrem Kopf gesehen. Sie hat nichts damit zu tun, auch wenn ich das kaum glauben kann und meine Quellen auf das Gegenteil hindeuten. Sie müssen sich irren – Jalinas Gedanken waren eindeutig.“
    „Und wer hat den Dämonenäther beschafft? Ist wenigstens das bei der Sitzung rausgekommen?“, wollte Victoria wissen.
    „Nein, das wurde gestern nicht geklärt“, gab der alte Schwarze zurück. „Ich bin mir auch nicht sicher, ob wir das jemals erfahren werden. Die fünf Admiräle haben über Grimmarr ausrichten lassen, dass diese Sache allein die Roten angeht. Sie wurden vom Großen Rat dazu verpflichtet, den Schuldigen zu finden und zu bestrafen und das werden sie tun. Grimmarr hat mehrfach deutlich gemacht, dass die Roten nicht dazu verpflichtet werden können, ihre internen Angelegenheiten offen auszutragen.“
    Einen Moment lang schwiegen die drei. Dann meinte Jaromir: „Ich fand, Grimmarr sah recht frisch aus, dafür, dass er seit Wochen um die Königswürde kämpft.“
    Victoria nickte. Sie konnte sich kaum vorstellen, wie Grimmarr etliche Kämpfe gegen seine unbezwingbar wirkenden Artgenossen gewonnen haben konnte.
    Abrexar grinste stolz. „Also wenigstens dieses Geheimnis konnte ich im Ansatz lüften. Ich habe jemanden gefunden, der beim letzten Kampf von Grimmarr zugesehen hat und entgegen jedes Ehrenkodexes der Roten bereit war, mit mir seine Erinnerungen zu teilen.“ Dann öffnete er seinen Geist und zeigte den Gefährten, was er erfahren hatte.
    Victoria sah eine Art Arena, deren Zuschauerränge bis auf den letzten Platz mit Roten Drachen gefüllt waren. Die Farben waren blass und das Bild