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Machtlos

Machtlos

Titel: Machtlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Benden
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ansatzweise an.
    Stattdessen drehte er sich um und wollte gehen. Wütend schrie er: „TOLLE FREUNDE HABE ICH! HINTERGEHEN MICH, WENN ICH AUCH NUR EINMAL DAS HAUS VERLASSE!“
    Jaromir stand fassungslos da und wusste nicht, was er tun sollte.
    Nun hatte Victoria genug.
    „DU VERDAMMTER, EINGEBILDETER HORNOCHSE!“, brüllte sie.
    Sie war stinksauer.
    Lenir drehte sich um und fauchte sie aufgebracht an: „Was denn noch, Victoria? Was willst du?“
    Jetzt war sie richtig wütend. „Wenn du mir nicht zuhören willst, dann eben auf diese Weise!“, zischte sie. Dann nahm sie das, was Hoggi ihr am Vortag über die Phasen der Gefährtenbindung erzählt hatte und platzierte es in seinem Geist.
    Ungläubig riss er seine Augen auf.
    Er konnte seine Menschengestalt kaum noch beibehalten und stotterte: „Aber… aber, das kann doch gar nicht … ich … ich … sicher irrst du dich. Kerstin und ich stehen noch ganz am Anfang… sonst hätte ich doch was gemerkt.“ Aufkeimender Irrsinn spiegelte sich in seinen Augen.
    Victoria fiel auf, das er seine Gefühle für Kerstin immer wieder krampfhaft verdrängt und weggekapselt hatte, so dass er sie gar nicht mehr spüren konnte. Er wollte die Wahrheit einfach nicht sehen und klammerte sich verzweifelt an den Leitsatz, den er sich in den vergangenen Monaten wieder und wieder und wieder vorgebetet hatte: „Ich darf nicht mit Kerstin zusammen sein, damit sie leben kann!“
    Victoria fluchte: „Du verblendeter Idiot! Du willst es gar nicht sehen, oder?“
    Sie ließ Kerstins Gefühle vom gestrigen Nachmittag in sich aufsteigen, nahm diese unendliche Sehnsucht am Rande des Wahnsinns und platzierte auch die in Lenirs Geist.
    Sein Gesicht erstarrte vor Entsetzen und Schmerz.
    Seine eigenen, lange verdrängten Emotionen fanden nun einen Weg an die Oberfläche und vermischten sich mit Kerstins Empfindungen.
    Das war zu viel.
    Lenir verwandelte sich in seine wahre Gestalt und brach schluchzend zusammen. Dann verlor er sein Bewusstsein.
    Jaromir sah Victoria vorwurfsvoll an. „War das wirklich nötig?“
    Doch sie war noch immer aufgebracht und schnaubte: „Du hast ihn doch gesehen, Jaromir! Mit Argumenten kommen wir bei dem verbohrten Sturkopf einfach nicht weiter und Kerstin rennt die Zeit davon. Was hätten wir denn bitte noch sagen sollen? Er wollte ja nicht mal zuhören, der blöde Esel!“
    Ihr Gefährte seufzte: „Ich weiß. … Vielleicht hast du recht.“
    „NATÜRLICH habe ich recht“, gab sie trotzig zurück.
    Sie nahm ein Zimtkaugummi aus ihrer Hosentasche und schloss erschöpft die Augen. „Diese bescheuerte Zauberei kostet mich echt zu viel Kraft und der ganze Mist hier macht mich irre. So ein Scheiß!“
    Sie spürte, wie Jaromir sie in den Arm nahm. „Entschuldige, Kleines. Ich wollte dir keine Vorwürfe machen. Aber das eben war echt… es war wirklich…“
    „Es war heftig“ , beendete Victoria seinen Satz versöhnlich. „Drachen in der Bindungsphase sind nun mal heftig drauf und für logische Argumente nicht wirklich zugänglich“ , fügte sie mit einem müden Lächeln hinzu.
    Jaromir lachte leise. „Na, zum Glück hast du mit solch irrationalen Wesen Erfahrung.“ Dann küsste er sie auf die Stirn und fragte: „Was meinst du, wann wird er wieder aufwachen?“
    Sie legte den Kopf schief und dachte kurz nach. „Keine Ahnung, Jaro. Im Moment muss sein Gehirn bestimmt erst mal seine Gedanken und Gefühle sortieren. … Vielleicht in einer Stunde?“
    Sie sah auf ihre Uhr. „Ich muss mich jedenfalls jetzt um meine Freundin kümmern, damit die nicht auch noch durchdreht. Und nach dem ganzen Theater schaffe ich es nicht mal mehr, mit dir in Ruhe zu Mittag zu essen.“
    Jaromir drückte sie noch einmal liebevoll an sich und murmelte: „Wenn du noch fünf Minuten hast, bitte ich Albert, dass er einen Picknickkorb für euch zusammenstellt.“
    Sie lächelte ihren Gefährten dankbar an. „Das wäre prima. Mit leerem Magen bin ich immer so reizbar.“
    Er blickte auf den großen, schwarzen Drachen, der abgekämpft, aber ruhig atmend im weißen Salon auf den edlen Teppichen lag und meinte grinsend: „Reizbar ist nicht gut. Das muss ich um jeden Preis verhindern.“
     

21. Laboe
    Victoria lief zu Fuß zum Anleger. Der Himmel hatte sich etwas zugezogen, der Wind war aufgefrischt und die Luft hatte sich auf unter zwanzig Grad abgekühlt, aber das machte ihr nichts aus. Im Gegenteil: Sie liebte es, bei Wind und Wetter am Wasser zu sein. Ihre Mutter sagte immer:

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