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Machtrausch

Machtrausch

Titel: Machtrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer C. Koppitz
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wie bares Gold. Diese umworbenen Manager wechselten ihre Jobs in rascher Folge, natürlich zugunsten eines stetig steigenden Gehaltes und stetig besser klingenderFunktionsbezeichnungen auf der Visitenkarte. Von den Aktienoptionen, die später alle wertlos wurden, ganz zu schweigen. Diese Phase war nun, annähernd fünf Jahre später, schon lange Vergangenheit und kam einem im Nachhinein reichlich unwirklich vor. Dem Boom war eine graue Phase der Stagnation und des Wirtschaftspessimismus gefolgt, die bis heute anhielt und deren Ende (trotz der Durchhalteparolen der regierenden Parteien) nicht absehbar war. Die Umsätze der Berater, auch der Personalberater, waren seitdem deutlich zurückgegangen, und sehr viele kleine Firmen dieser Branche hatten sogar aufgeben müssen. Nicht so Renate. Neben ihrer Sekretärin beschäftigte sie einen jungen Mitarbeiter, einen Ex-Banker mit guten Kontakten in die Finanzbranche, und residierte geradezu fürstlich auf ihren bestimmt mehr als 300 Quadratmetern Bürofläche im repräsentativen Nymphenburg.

     
    Die Sekretärin erinnerte sich sofort an ihn, begrüßte ihn freundlich mit Namen und bat ihn, Platz zu nehmen. Renate Polster würde gleich von einem Kundentermin zurückkommen, versicherte sie. Das Angebot einer Tasse Kaffee lehnte er dankend ab. In der Besucherecke des Empfangszimmers blätterte er ziellos in einem Buch über die besten Restaurants in München und erfuhr nebenbei, dass sein Lieblingsitaliener in Wirklichkeit einen serbischen Wirt und Koch hatte, der nach dem Abflauen der Hochphase für jugoslawische Lokale Ende der achtziger Jahre auf süditalienische Küche umgesattelt hatte. Es gab Dinge, die wollte man nicht wissen. Glock beschloss, die eben gelesene Information sofort wieder zu vergessen. Mit kleinen Selbsttäuschungen lebte es sich besser. Anton Glock hatte lange alles an verfügbarer Managementliteratur sowie viele Manager-, Politiker und Künstlerbiografien gelesen oder besser studiert. Er wollte feststellen, herausdestillieren, was den wirklich erfolgreichen Menschen von den weniger erfolgreichen Artverwandten unterscheidet. Die Lösungsvorschläge in der einschlägigen Literatur waren vielfältig: Charisma, Fleiß, Disziplin, emotionale Intelligenz, positive Selbsteinstellung, glückliche Kindheit, geregeltes Familienleben, Menschenliebe, unbedingter Einsatzwille und so weiter und so fort. So war er nicht weiter gekommen. Irgendwann hatte er seine eigene These aufgestellt, an sich selbst überprüft und in ein Gesetz gekleidet (er zitierte es seither gerne auf Dinnerparties): Erfolg beruht nicht auf einer besonderen Fähigkeit, sondern auf dem Nichtvorhandensein einer Fähigkeit. Der Fähigkeit zur Selbsttäuschung. Selbsttäuschung machte zufrieden, satt, träge und man entwickelte sich nicht weiter, weil man für alles, das im Leben nicht klappte, eine gute Ausrede fand, so dass man vor sich selber stets das Gesicht wahrte und sich die harte Arbeit an der eigenen Persönlichkeit und den eigenen Fähigkeiten sparen konnte. Für jedwedes Scheitern waren externe Gründe verantwortlich, da ließ sich immer etwas finden.
    Eine kalte, gepflegte Hand mit makellos lackierten Fingernägeln legte sich auf seinen Arm und beendete diese Gedanken abrupt.
    »Anton! Wie kommt mir solcher Glanz in meine Hütte?! Wenn du angerufen hättest, wären wir nebenan ein Glas Wein trinken gegangen – so muss ich dich leider in einer halben Stunde wieder rauswerfen. Was führt dich also so spontan zu mir ?«
    »Um es direkt zu sagen, liebe Renate: Ich brauche deinen Rat !« Er stand auf und umarmte seine, in ein elegantes graues und stark figurbetonten Kostüm gekleidete, Ex-Geliebte, um ihr, ganz der Münchner aus besseren Kreisen (der er seiner kleinbürgerlichen Herkunft nach gar nicht war), rechts und links ein Busserl auf die Wange zu geben. Sie ging ihm voran durch eine große, weiße Doppeltür in ihr weitläufiges, sehr modern eingerichtetes Büro. Die Figur der mittlerweile deutlich über Vierzigjährigen konnte locker mit einer fünfzehn Jahre jüngeren Frau mithalten, dachte Glock bewundernd, während er sie von hinten betrachtete. Nur an den Händen konnte man Renates wahres Alter erkennen. Sie schloss die Tür und lehnte sich rückwärts an das hölzerne Fensterbrett. Also setzte sich Glock ebenfalls auf keinen der zahlreichen Stühle, Sessel und Sofas, sondern lehnte sich seinerseits an den massiven Schreibtisch.
    »Und ?« , fragte sie interessiert.
    »Die gute

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