Machtspiele: Die Kunst, sich durchzusetzen (Haufe Sachbuch Wirtschaft) (German Edition)
solche Machenschaften wie etwa Korruption zu den üblichen Gepflogenheiten, so bringen offenbar nur wenige Vorgesetzte den Mut auf, dagegen anzugehen. Vielmehr scheinen sie in diesem Fall gleich beide Augen zuzudrücken.
Augen zu – von oben nach unten
Das Spiel kann in großem Stil angelegt sein und die ganze Organisation durchziehen. Die oberste Führungsebene hat keine Ahnung, welche schmutzigen Geschäfte an der Basis laufen. Dabei werden Vorgaben gemacht, die sich nur durch mehr oder weniger regelkonforme Abkürzungen einhalten lassen. Solange die Sache gut geht, will niemand so genau hinschauen. Das Gleiche gilt auch für den Umgang mit Zulieferern oder Geschäftspartnern. Es werden Aufträge ausgeschrieben, die sich realistischerweise nur erfüllen lassen, wenn an der einen oder anderen Stelle nachgeholfen wird. Fliegen diese Praktiken auf, so gibt sich der Auftraggeber entsetzt. Davon habe man nichts gewusst, man sei von seinem Geschäftspartner getäuscht worden. Und dieser Geschäftspartner hat natürlich auch eine Erklärung für seine Machenschaften: Auf andere Weise hätte er den Auftrag gar nicht bekommen. Und überhaupt sei das in der Branche üblich.
Gefahren
Das "Augenzudrücken" macht die Organisation geschmeidiger, doch ist es irritierend, wenn für die Mitarbeiter nicht klar ist, welche Maßstäbe denn nun gelten. Und erst recht zerstört es das Vertrauen, wenn der Vorgesetzte seine Leute im Regen stehen lässt und sich ahnungslos gibt. Die Mitarbeiter müssen verstehen, wie das Spiel läuft, welche Abkürzungen sie nehmen dürfen und unter welchen Bedingungen. Extrem gefährlich wird es, wenn der Vorgesetzte krumme Touren duldet. Möglicherweise wird er dadurch erpressbar. Und wenn die Sache auffliegt, ist fraglich, ob er sich wirklich aus der Verantwortung stehlen kann. Etwas wird gewiss an ihm kleben bleiben.
Gegenstrategien
Solange das Spiel für Sie durchschaubar bleibt und es nur um die kleinen Abkürzungen geht, können Sie es mitspielen. Es haben ja alle etwas davon. Unter Umständen bleibt Ihnen auch gar keine andere Wahl, weil Sie Ihre Leistung gar nicht erbringen können, wenn Sie sich an den offiziellen Weg halten. In diesem Fall könnten Sie schon versuchen, den Vorgesetzten ein wenig festzunageln – sofern es sich nicht gerade um irgendwelche persönlichen Vorlieben handelt (wie bei dem Beispiel mit der Software). Es ist nämlich nicht in Ordnung, dass Sie Ihre Arbeit nur dann erledigen können, wenn Sie von dem offiziellen Weg abweichen unddann für die Abweichungen bestraft werden. Wenn möglich, sollten Sie Ihren Chef über Ihr Dilemma informieren. Es geht darum, dass Sie ihn ins Boot holen, dass Sie sich absichern und vermeiden, dass der Regelverstoß, von dem auch Ihr Vorgesetzter profitiert, an Ihnen hängen bleibt. Und was die krummen Dinger betrifft, so gibt es nur eine Gegenstrategie: Lassen Sie die Finger davon.
Das Enttäuschungsspiel
Unser kleines Kabinett von Soft-Power-Spielen wäre unvollständig, wenn wir nicht wenigstens einen Vertreter der Kategorie "Spiele auf der Klaviatur der Gefühle" vorstellen würden. Das "Enttäuschungsspiel" nimmt hier einen herausragenden Platz ein – vergleichbar etwa mit dem "Opferspiel" (→ Seite 60), das jedoch eher von unten nach oben gespielt wird, während mit dem Enttäuschungsspiel vornehmlich der Vorgesetzte einzelne Mitarbeiter unter Druck setzen kann. Aber – das gilt sowohl für das Opfer-, wie für das Enttäuschungsspiel – beide können auch in der Gegenrichtung gespielt werden: Der Vorgesetzte kann sich als beklagenswertes Opfer ins Spiel bringen (erst recht im Rahmen eines Soft-Power-Spiels) und der Mitarbeiter kann seinen Vorgesetzten mit der scharfen Waffe der Enttäuschung quälen.
Für wen geeignet?
Zwingend erforderlich ist ein intaktes persönliches Verhältnis zwischen dem enttäuschten Vorgesetzten und seinem enttäuschenden Mitarbeiter. Das Spiel kommt vor allem für, sagen wir: hochwertige Beziehungen in Frage. Von Mitarbeitern, an denen Ihnen nichts liegt, sollten Sie nicht einmal im Spiel enttäuscht sein. Denn Sie entwerten Ihre Enttäuschung, wenn Sie über alles und jedes enttäuscht sind. Enttäuschung ist etwas Kostbares, das Sie nicht an jeden verschwenden sollten, der sich Ihrem Willen widersetzt. Enttäuschung will verdient sein. Und noch etwas sollten Sie im Auge behalten: Gefühlskalte Karrieremenschen werden Sie mit dem Enttäuschungsspiel nicht erreichen, womöglich werden Sie bei denen
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