Machtspiele: Die Kunst, sich durchzusetzen (Haufe Sachbuch Wirtschaft) (German Edition)
eher Erheiterung auslösen.
Spielverlauf
Wie beim Opferspiel geht es auch beim Enttäuschungsspiel um emotionale Verstrickung. Auch hier müssen Sie zunächst einmal eine gute Beziehung zu Ihrem Gegenspieler aufbauen. Als Vorgesetzter sind Sie in einer privilegierten Situation. Im Normalfall versuchen Mitarbeiter, ihrem Vorgesetzten zu gefallen, seine Anerkennung zu bekommen (→ Das Spiel des Lobens, Seite 50). Denn sie sind von ihm abhängig, wie sie nur allzu gut wissen. Wenn ihr Vorgesetzter wollte, dann könnte er etwas für sie tun, ihre Arbeit erleichtern, ihnen interessante Aufgaben geben, lästige Kollegen vom Hals halten und vieles mehr. Wenn er sie hingegen nicht mag … Einer aktuellen Studie zufolge ist ein schlechtes Verhältnis zum Chef Kündigungsgrund Nummer eins. Kaum jemand hält es länger aus, wenn der Chef gegen ihn ist.
Umgekehrt heißt das: Wenn Sie eine gute Beziehung aufbauen wollen, werden Sie offene Türen einrennen. Dabei greift eins ins andere, da Sie als Chef den Mitarbeiter ja tatsächlich schätzen. Darum wollen Sie ja überhaupt Macht über ihn. Und dazu müssen Sie ihn erst einmal emotional an sich binden. Als Vorgesetzter, versteht sich. Sie geben ihm Anerkennung, Sie fördern ihn – und Sie fordern ihn.
Hier liegt bereits das Scharnier, an dem das eher freundliche Spiel, das bis hierher dem Spiel des Lobens so ähnlich scheint, umklappt in das grausame Enttäuschungsspiel. Denn Sie fordern den andern nicht nur, Sie überfordern ihn allmählich – nicht allzu sehr, aber doch immerhin genug, um enttäuscht zu sein, dass er das, was Sie sich von ihm versprochen haben, nicht erreicht hat. Und wenn Sie bis hierher alles richtig gemacht haben, wird dies Ihren Gegenspieler entsetzlich wurmen.
Im Folgenden setzen Sie ihn immer wieder unter Enttäuschungsdruck: Wenn er nicht das tut, was Sie wollen, sind Sie enttäuscht. Wenn er sich eine Aufgabe nicht zutraut, sind Sie enttäuscht. Wenn er für Ihr Anliegen gerade keine Zeit hat … Sie haben das Prinzip begriffen. Dabei ist es unabdingbar, den Mitarbeiter immer wieder aufzubauen, ihm einzuhämmern, dass Sie an ihn glauben. Aber er muss wissen: Wenn er nicht spurt, setzt es den Peitschenhieb der Enttäuschung.
Der Spieler macht sich abhängig, um zu kontrollieren
Vielleicht halten Sie das Enttäuschungsspiel nur für die schwarze Schwester des weißen Spiels des Lobens. Doch gibt es einen wichtigen Unterschied: Währendbeim Loben der Vorgesetzte über der ganzen Angelegenheit schwebt und seine Lobportionen austeilt, ist er hier regelrecht verstrickt. Er macht überhaupt gar keinen Hehl daraus, dass er auf den Mitarbeiter angewiesen ist. Im Gegenteil, er übertreibt diese Abhängigkeit, bis es dem Mitarbeiter im Gewissen schmerzt. "Ich brauche Sie", lautet die Botschaft (→ "Verdammt, ich brauch Sie, ich brauch Sie nicht!", Seite 141), "Sie dürfen mich einfach nicht hängen lassen." Er plant den Mitarbeiter einfach nach seinen Vorstellungen ein, er rechnet fest mit ihm, weil sonst das ganze Projekt kippt. "Ich weiß, Sie schaffen das, Frau Goldbach", verkündet der Chef – und droht unterschwellig mit maßloser Enttäuschung, wenn seine Mitarbeiterin die Erwartungen nicht erfüllt. Daher wird Frau Goldbach alles tun, dem Vertrauen ihres Chefs gerecht zu werden. Und danach wartet dann der nächste dicke Fisch, der ebenfalls gefangen und zerlegt werden muss.
Es gehört zum Enttäuschungsspiel dazu, dass mit der Enttäuschung nicht nur gedroht wird, sondern dass der Mitarbeiter sie auch hin und wieder zu schmecken bekommt. Irgendetwas lässt sich immer finden, was nicht gut gelaufen ist, erst recht wenn der Mitarbeiter überlastet ist. An dem Grad seiner Zerknirschung kann der Vorgesetzte ablesen, wie viel Macht er aktuell noch über seine Spitzenkraft besitzt.
Glänzende Aussichten
Das Enttäuschungsspiel wird gerne in Verbindung mit dem Spiel "glänzende Aussichten" gespielt. Denn auch die sind es, mit denen der Vorgesetzte seinen Mitarbeiter antreibt, und nicht nur mit Lob und Anerkennung. Die glänzenden Aussichten bleiben häufig unbestimmt oder werden halb im Scherz geäußert, außerdem lassen sie sich mit dem Enttäuschungsspiel wieder in weite Ferne rücken.
Das Spiel mit Gefühlen
Oberflächlich betrachtet geht bei dem Enttäuschungsspiel alles mit rechten Dingen zu. Es ist nur allzu verständlich, dass ein Vorgesetzter gedämpft reagiert, wenn ein Mitarbeiter die Hoffnung, die er in ihn setzt, nicht erfüllt. Das wenig
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