MacKenzie 01 - Der Verfuehrer Im Kilt
Wolltuch und ein Paar Halbstiefel aus der Satteltasche nahm. Dann legte er das Tuch über seinen Arm und kam zu ihr.
»Dieser Umhang gehörte meiner Schwester«, sagte er. »Nehmt Euren ab, damit ich Euch diesen hier umlegen kann. Er ist besser als Eurer und wird Euch während des Rests der Reise warm und trocken halten.«
Verwundert sah sie, dass der Sassenach mittlerweile Elspeth aus ihrem durchnässten Umhang geholfen hatte und ihr ebenfalls einen trockenen umlegte, der fast genauso fein war wie der, den ihr Verlobter für sie ausbreitete.
Scham und Schuldbewusstsein begannen Linnet zu durchfluten. Der einäugige Ritter war gestern Abend so eilig losgeritten, um trockene - und bessere - Gewänder für sie und Elspeth zu beschaffen.
Weil MacKenzie ihn darum gebeten hatte.
Trotz des kalten Regens und ihres eigenen durchnässten arisaid, den sie noch über den neuen Umhang legte, spürte sie, wie ihre Wangen brannten. Sie hätte sich nie vorgestellt, dass ihr zukünftiger Ehemann so fürsorglich sein konnte. Sie hatte nur die Leere, die er in sich trug, gesehen und war von Entsetzen erfasst worden, als sie sein Gesicht erkannt hatte.
Auch zu dem narbengesichtigen Sassenach war sie ungerecht gewesen. Aus welchem Grund auch immer er sich in den Highlands aufhielt, weit entfernt von seinem Heimatland, hatte er sich doch als Kavalier erwiesen, und sie würde ihm für seine Güte danken müssen.
Was MacKenzie anging, so würde sie sich natürlich auch bei ihm bedanken, sich aber vorerst weiterer Urteile enthalten, bis sie sein Motiv verstanden hatte. Vielleicht wollte er nur nicht, dass seine Leute ihre schäbigen Kleider sahen, wenn sie seine Burg betrat?
»Sie sind ganz neu«, sagte er, als er ihr die Stiefel reichte. »Sollten sie nicht passen, gebe ich ein anderes Paar für Euch in Auftrag.«
Linnet blickte auf ihre alten, abgeschabten Halbstiefel und errötete vor Verlegenheit, als sie ihren großen Zeh aus dem brüchigen Leder herausschauen sah. »Danke«, sagte sie steif, als sie die samtweichen neuen Lederstiefel gegen ihre alten austauschte.
»Ihr braucht mir nicht zu danken.« Seine Stimme klang flach, bar jeder Emotion. Dann deutete er mit dem Kopf auf Elspeth. »Wenn Ihr fertig seid, reiten wir weiter. Es ist nicht mehr weit bis Eilean Creag.«
Obgleich der feine Umhang sie vor Regen und Wind gut schützte, als sie am Ufer entlangritten, vermochte auch er nichts gegen ihr zunehmendes Gefühl des Unbehagens auszurichten.
Während die düstere Festung mit jeder Meile, die sie zurücklegten, größer wurde, schien Duncan MacKenzie reservierter zu werden, je näher sie seinem Zuhause kamen. Die eisige Barriere, die er um sich errichtet hatte, wurde noch kälter, noch undurchdringlicher, jetzt, wo sie sein imponierendes Anwesen beinahe erreicht hatten.
Trotz des schweren wollenen Umhangs fröstelte Linnet, als wäre es tiefster Winter statt Hochsommer.
Sie betete im Stillen, als die schwer bepackten Pferde unter dem mit Eisenspitzen bewehrten Fallgitter eines befestigten Torhauses hindurchgingen und auf den langen steinernen Damm einbogen, der zu der Festung auf der Insel führte.
Die Atmosphäre war düster, trostlos und bedrängte sie von allen Seiten. Wieder unterdrückte sie den Drang, zu fliehen. Selbst wenn es ihr gelänge, von MacKenzies mächtigem Pferd zu springen, wohin hätte sie sich wenden sollen? Zu beiden Seiten der niedrigen Brücke tosten die aufgewühlten Gewässer des Loch Duich, während starke Böen niedrige dunkle Regenwolken über die windgepeitschte Oberfläche des Sees trieben.
An einem schöneren Tag wirkte Eilean Creag vermutlich sehr viel majestätischer, aber Linnet schien das düstere Grau seiner massiven Mauern unter dem trüb verhangenen abendlichen Himmel ein durchaus angebrachtes Heim für diesen finsteren Mann zu sein, den zu heiraten sie gezwungen war.
Am Ende des langen Damms hielten sie vor dem endgültigen Torhaus, einer gewaltigen doppeltürmigen Konstruktion, während ein weiteres mit Eisenspitzen bewehrtes Fallgitter ratternd in die Höhe ging. Linnets Stimmung sank noch tiefer, als sie darunter hindurchritten und in die gähnende Finsternis einer tunnelähnlichen Passage gelangten.
Der erste Anblick der eigentlichen Burg ließ ihren Atem stocken. Das düstere Gemäuer stand auf einem kopfsteingepflasterten Hof und wirkte abweisend und grimmig.
Eine steinerne Festung auf einer felsigen Insel, regiert von einem Mann, dessen Herz sich in Stein verwandelt
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