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MacTiger - Ein Highlander auf Samtpfoten

MacTiger - Ein Highlander auf Samtpfoten

Titel: MacTiger - Ein Highlander auf Samtpfoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Boden.
    Dann war die Wolke vorbeigezogen, das Sonnenlicht erfüllte die Lichtung erneut mit seiner Wärme und Helligkeit. Die Alte war verschwunden. Ich richtete mich auf und suchte die Stelle, auf die sie gedeutet hatte. Denn sie hatte mir dieses Zeichen nicht ohne jeden Sinn gegeben.
    Und als ich sie näher betrachtete, entdeckte ich ihr Geschenk. Dort zwischen den schwankenden Gräsern breitete sich am Boden ein junges, stacheliges Pflänzchen aus. Eine kleine Silberdistel, noch ohne Blüte, hatte hier Wurzeln geschlagen. Sehr vorsichtig grub ich sie aus und legte sie bedachtsam in meinen Beutel. Und mit leisen Worten des Dankes verließ ich dann das schützende Rund, um heimzukehren.
    Ich beeilte mich auf dem Rückweg, denn ich hatte niemandem hinterlassen, wo ich hingehen wollte. Ken empfing mich auch mit leiser Missbilligung, aber dann erzählte ich ihm von meinem Vorhaben, und gemeinsam machten wir uns an die Arbeit.
     
    Die Sonne ließ den Himmel hinter den Felsgipfeln golden aufflammen. Arthur hatte seinen langen braunen Umhang übergeworfen und seine Harfe in der Hand. Tante Henrietta und ich trugen dunkle Röcke und weiße Blusen, das Feierlichste, das wir dabeihatten. An meinem Ausschnitt schimmerte die Distelbrosche. Ken hatte sich ebenfalls umgezogen. So standen wir an dem Rosenbusch, den Arthur zuvor zurückgebunden hatte. Der Boden darunter war von Unkraut befreit und geglättet, die alten Steine frei von Moosen und Flechten. Der weiße Stein ragte an der Wegeinfassung aus hellen Kieseln, und eine einzelne Ranke voller blutroter Rosen schwankte darüber.
    Die Harfe erklang, zart wehten die Töne über die Sommerblüten.
    Arthur spielte eine lange Zeit, ohne ein Wort zu singen. Die Melodie hingegen erzählte von Liebe und Kummer, von Kampf und Streit. Dann wurde sie wieder sanft, melancholisch und getragen von Trauer. Die Bilder, die ich gesehen hatte, stiegen dabei noch einmal vor mir auf. Die verbotene zarte Liebe der beiden jungen Schotten, der wütende Vater, der Verrat, die böse Bluttat. MacTiger, das unschuldige Opfer großer Gefühle. MacTiger, der so einsam zwischen den Welten geistern musste, ohne Hoffnung auf Erlösung. MacTiger, der doch in zärtlicher Anhänglichkeit zu einer gewaltigen Tat bereit war.
    Große Ruhe breitete sich in mir bei den schwebenden Tönen der Saiten aus.
    Arthur wechselte die Melodie und begann die Ballade von MacTiger.
    Und er endete:
    »Die Maid lag in vergossenem Blute.
    Nur im Mondlicht schimmert’s Geschmeide.
    Auf silberner Distel ruhte
    ihr Haar wie gebrochene Seide.
    Und angesichts ihres Schlafes -
    MacTiger, MacTiger, den traf es.«
    »Spiel weiter, Arthur. Es gibt noch eine neue Strophe.«
    Ich bemühte mich, im selben Ton zu rezitieren, was wir vor Stunden gedichtet hatten:
    »Es spukte für viele Jahre
ein trauriger Geist in den Stiegen.
Dann half er dem jungen Paare
den Bösewicht zu besiegen.
Ein jeder Bewohner erfahr’ es -
MacTiger, MacTiger, der war es!«
    Mit hoch aufgerichtetem Schwanz stolzierte Silver daher und setzte sich mit der Miene größter Zufriedenheit hoheitsvoll neben den Stein. Das entlockte uns allen ein Lächeln.
    Dann übergab ich Arthur den Beutel.
    »Arthur, du hast eine Hand für Pflanzen. Ich habe dies... geschenkt bekommen. Es wird mit deiner Pflege auch hier gedeihen, glaube ich.«
    Arthur sah sich die kleine Silberdistel lange an.
    »So, so, geschenkt bekommen. Nun, ich will sie gut pflegen, mein Kind.«
    Der Himmel hatte sich inzwischen brennend rot gefärbt, und ein paar Wolken glühten dramatisch auf, während ein blasser, runder Mond sich über den Horizont erhob.
     
    Am nächsten Morgen sollte uns einer der Jeeps zum Flughafen fahren. Unser Gepäck stand schon in der Halle, Morrigan hatte die geschäftlichen Dinge abgewickelt. Doch bevor wir hinausgingen, blieb Ken noch einmal stehen. Ich hielt ebenfalls inne. Wir sahen in die sonnige Halle zurück.
    »Könnte schön aussehen, mit einem einfarbigen, hellen Teppich und schlichteren Möbeln.«
    »Mh.«
    »Ein paar alte Flaggen vielleicht über dem Kamin.«
    »Mh.«
    »Nichts gegen ein bisschen Tartan-Muster.«
    »Nein. Die Plaids vielleicht. Oder schmale Streifen an der Rezeptionstheke.«
    »Mir würde das gut gefallen.«
    »Ja, mir auch.«
    »Margita?«
    »Ja?«
    »Ich habe eine Idee. Es wird nicht leicht sein, aber es ist auch nicht unmöglich.«
    »Nein, das denke ich auch.«
    »Es ist ein sehr fernes Ziel.«
    »Ja, aber Ziele muss man haben...«
    »Meinst du, wir

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