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MacTiger - Ein Highlander auf Samtpfoten

MacTiger - Ein Highlander auf Samtpfoten

Titel: MacTiger - Ein Highlander auf Samtpfoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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mag ein anderer erraten. Doch obwohl sie eine Ausgeburt der Scheußlichkeit war, musste ich wie gebannt auf das Zifferblatt schauen, auf dem sich die Zeiger soeben auf der Zwölf deckten.
    Das Törchen öffnete sich, und heraustrat - und das gab mir beinahe den Rest - nicht der erwartete Kuckuck, sondern ein Rabe.
    »Ja, spinn ich denn?«, stieß ich hervor.
    Quoth the raven: »Nevermore!« 3
    Mich schüttelte ein fast hysterisches Kichern, und ich hing hilflos in meinem Sessel. Als ich mich wieder einigermaßen im Griff hatte, war der Rabe verschwunden. Aber mir war trotzdem so leicht zumute wie schon lange nicht mehr. Es ist irgendwie beruhigend, zu erkennen, dass man ganz einfach wahnsinnig ist.
    Ich stand auf und kehrte in mein Zimmer zurück, wo ich nach kurzer Zeit in einen ungemein erholsamen Schlaf sank.

Ein hoffnungsloser Spuk
    Dieser Rabe! Dieser Rabe! Irgendwann haue ich ihm eins auf den Schnabel.
    Frustriert klapperten meine nicht vorhandenen Zähne, wie mir das früher auch immer passiert war, wenn mich ein Vogel gefoppt hatte. Die Krallen in ihn schlagen, das würde ich zu gerne. Aber wenn ich nur wüsste, wie. So machtlos, so hilflos, so körperlos zu sein. Ich wünschte mir so sehr, wieder einen Leib zu haben. Und dann erinnert der blöde Vogel mich jede Nacht daran, dass es nimmermehr geschehen wird.
    Heute lungerte auch noch das spillerige Mädchen in meiner Halle herum und kicherte wie schwachsinnig. Manchmal gehen diese Menschen einem Geist ganz schön auf den Geist. Wie üblich war heute wieder eine Ladung Zweibeiner eingetroffen, sie rumpelten durch die Gänge, redeten wild durcheinander, ließen sich aus der Küche auffahren, was das Zeug hielt.
    Und keiner nahm mich wahr.
    Was hatte ich es zu meinen Lebzeiten genossen, bei einem Essen unter die Tische zu schleichen. Immer fanden sich ein paar sanfte Mädchenfinger, die mir einen Leckerbissen zusteckten. Ein wenig gebratenen Fasan, ein Stückchen gesottenes Wildschwein, ein Häppchen geräucherten Lachs oder einen Bissen Forelle.
    Vorbei, vorüber, vergessen.
    Geister können nicht essen. Geister haben noch nicht einmal Hunger.
    Nur Appetit.
    Und Erinnerungen an fette Sahne, milden Käse, würzigen Schinken, frische Maus.
    Ahh, frische Maus. Selbst gefangen.
    Ich schüttelte diese Gedanken rigoros ab, hängte mich übellaunig in den Kristallleuchter und beobachtete die magere Rothaarige, die sich endlich ausreichend vergnügt hatte und zum Treppenaufgang zockelte. Einen kurzen Moment flog mich die Idee an, ihr einen kleinen Horrortrip zu verpassen. Solche kümmerlichen Existenzen können manchmal noch recht anfällig für einen anständigen Spuk sein. Aber dann war mir das doch zu viel Aufwand.
    Außerdem schwebten diese leisen Klänge durch das Fenster herein. Ich mochte die nicht, sie versprachen etwas, was nicht geschehen würde. Drum verschloss ich mein Gehör davor -’tis the wind, and nothing more. 4

Beherbergung der Leidenden
    Ich wachte vom Weckerklingeln auf. Natürlich, wir mussten heute weiterreisen. Der Ablauf der Besichtigungen war streng geregelt: Theater und Museen in Edinburgh, eine Whisky-Brennerei, Steinkreise, Kirchen, Bagpipes and Drums ... Müde gähnte ich und sah mich im Zimmer um. Das Sonnenlicht beleuchtete die leicht verblasste Blümchentapete, die dunkelgrünen Portieren an den Fenstern waren an manchen Stellen verschossen, doch die Holztäfelung glänzte dunkelseidig, das Bett mit den geschnitzten Säulen war ein königliches Lager mit einer erstaunlich harten Matratze. Gestern hatte ich nach einigem Suchen einen Wandschrank versteckt hinter den Tapetentüren gefunden, in den ich zunächst einfach meine Tasche stellte. Sie auszupacken, fand ich, lohnte sich nicht. Wir würden doch nur eine Nacht bleiben, heute. Seufzend sah ich zum Fenster und bedauerte diesen Umstand zutiefst.
    Die Erinnerung an die Begegnung mit dem wunderlichen Alten schlich sich in meine Gedanken. Wie gerne hätte ich mich noch etwas mehr mit ihm über Feen und Elfen, Schlossgeister und die Geschichten der Vergangenheit unterhalten. Nicht die geschichtlichen Daten, sondern die Geschichten von Menschen, so, wie sie einst hier gelebt hatten.
    Aber das war nun mal nicht möglich. Ich musste mich erneut einem Tag stellen, erneut den Menschen entgegentreten, denen ich gestern Abend ausgewichen war. Meine Stimmung verdüsterte sich, als ich ins Bad ging. Vielleicht war es doch ganz gut, von hier abzureisen. So, wie die anderen Gäste mich gestern

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