Madam Wilkin's Palazzo
Rahmenmacher?«
»Brooks soll Rahmen machen? Davon habe
ich ja gar nichts gewußt.«
»Klar. Tawne malt, Kelling macht die
Rahmen. Zwei Herzen im Dreivierteltakt. Warum also sollte Dolores Kelling
Schwierigkeiten machen? Er ist sowieso nur selten da.«
»Er wird eine Weile regelmäßig im
Museum sein. Er hat sich bereit erklärt, den Wächter zu vertreten, der heute im
zweiten Stock vom Balkon gefallen ist, bis der Treuhandausschuß einen Ersatz
gefunden hat. Mrs. Tawne war darüber nicht gerade hocherfreut.«
Mr. Fieringer schien dieses Gefühl
merkwürdigerweise zu teilen. »Davon hat Dolores mir überhaupt nichts erzählt.«
»Sie hat es selbst nicht gewußt, bis
Brooks es zufällig erwähnt hat, als wir noch beim Essen waren. Sie war wütend,
weil Mr. Fitzroy ihn einfach gefragt hat, ohne sie vorher zu konsultieren.«
»Das sieht ihr ähnlich.« Nachdem er ein
paarmal nervös an seiner Zigarette gezogen hatte, drückte Fieringer sie
vorsichtig und umständlich aus. »Hat sie irgendwas zu Joe gesagt?«
»Sie war der Meinung, er sei über die
Brüstung gestürzt, als er versuchte, einen Blick auf die große Uhr zu werfen,
und sie glaubt, daß Brown den Raub nur vorgetäuscht hat, um Aufmerksamkeit zu
erregen«, antwortete Bittersohn an Sarahs Stelle.
»Und du, mein lieber Freund, was denkst
du?«
»Ich?« Max Bittersohn machte große
graublaue Unschuldsaugen. »Du hast doch die Sache schon geklärt, Nick. Heute
nachmittag hast du uns doch gesagt, was passiert ist.«
»Maxie, versuch bloß nicht, den alten
Nick aufs Kreuz zu legen. Ich durchschaue dich. Jemand stirbt, also denkt
Bittersohn sich, wer hat’s denn diesmal getan?« Fieringer lachte, doch seine
Augen wirkten wie wachsame, in Fett eingebettete Schlitze. »Stimmt’s, oder hab’
ich recht, allerliebste Pensionswirtin?«
»Sie kennen ihn länger als ich«, sagte
Sarah in einem, wie sie hoffte, unverfänglichen Ton. »Haben Sie auch besondere
Aufgaben in Madams Palazzo zu erfüllen, Mr. Fieringer?«
»Nennen Sie mich doch Nick, so nennen
mich alle. Ja, in gewisser Weise habe ich das.« Der Impresario zündete sich
eine neue Zigarette an und schwenkte sie umher wie einen Taktstock. »Ich
organisiere alle Konzerte dort. Und zwar für ein Entgelt, von dem ich nur meine
schlechte Angewohnheit, das Rauchen, bezahlen kann; aber zum Glück kriegt man
die Streichhölzer gratis dazu, wenn ich Nachschub hole. Die Konzerte geben mir
außerdem die Gelegenheit, meine begabten jungen Künstler einem kritischen
Publikum vorzustellen. Sag mal ganz ehrlich, Max, glaubst du, daß die kleine
Cellistin Zukunft hat?«
»Das Mädchen schafft es bestimmt, Nick.
Gib ihr noch ein Jahr Zeit.« Bis dahin hatte sie vielleicht, wie er mit
hoffnungsvollem Achselzucken andeutete, das Cellospielen aufgegeben und war auf
das Kazoo umgestiegen. »Wie gut kennst du eigentlich C. Edwald Palmerston?«
»Sehen Sie, ich habe es ja gewußt!«
Nick Fieringer drehte sich zu Sarah um und breitete seine Arme so weit aus, daß
er mit seiner Zigarette beinahe ein Loch in die neuen Vorhänge gebrannt hätte,
die Sarah sich vom Haushaltsgeld abgespart hatte. »Schon stellt er wieder
Nachforschungen an. Egal, ob es etwas zum Nachforschen gibt oder nicht,
Bittersohn ist schon dabei. Max, lieber Freund, ich gestehe alles. Es war
Fitzroy, er hat Joe vom Balkon gestoßen, weil Joe in den Brunnen Pipi macht.
Wie Fitzroy das fertig bringt, wo er doch sonntags 40 kleinen Engelchen
Bibelunterricht gibt? Du erklärst mir das, mein Freund. Du bist der Detektiv.«
»Ich habe dir eine Frage gestellt«,
sagte Bittersohn.
Nick wedelte mit seinen fetten Händen.
»Schon gut, ich sage alles. Ich habe es getan! Ich habe Joe umgebracht, weil er
unmusikalisch war. Oder vielleicht hat es auch Bernie getan, weil Joe seinen
Franzbranntwein ausgetrunken hat. Oder vielleicht hat Dolores Tawne recht, und
Joe ist bloß ausgerutscht, und Max Bittersohn sollte lieber Nachforschungen
darüber anstellen, wie schön seine Pensionswirtin ist, die er erst seit so
kurzer Zeit kennt und die ihn vielleicht liebend gern besser kennen möchte? Hör
schon auf damit, lieber Freund. Hier gibt es bloß ein paar alte Wächter und
einen fetten Impresario, der versucht, sich mit Ach und Krach durchzuschlagen.«
»Sicher, Nick. Sicher. Kommst du mit
zur Charles Street, einen trinken?«
»Ich könnte uns auch etwas hochbringen
lassen«, bot Sarah an, doch Fieringer lehnte dankend ab.
»Nein, vielen Dank. Ich muß jetzt zu
meiner
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