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Madam Wilkin's Palazzo

Madam Wilkin's Palazzo

Titel: Madam Wilkin's Palazzo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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kleinen Cellistin und ihr sagen, daß der große Max Bittersohn sie für
ein Genie hält, und ihr raten, sie sollte vielleicht schon damit anfangen, sich
einen reichen Ehemann an Land zu ziehen. Ich muß außerdem auch Bernie finden und
ihm was zu essen geben, damit er erst nach dem Konzert am Mittwoch sein
Delirium tremens bekommt. Und morgen früh um halb acht muß ich mir ein Vorspiel
auf der Tuba anhören. Mein Gott, was für ein Leben.«
    Er küßte Sarah die Hand bis hoch zum
Ellenbogen, schlug Bittersohn dröhnend zwischen die Schulterblätter und
watschelte von dannen.
    »Ich würde gern wissen«, sagte
Bittersohn nachdenklich, »warum er meine Frage nach C. Edwald Palmerston nicht
beantworten wollte.«

Kapitel 6
     
     
     
     
     
     
     
    P ünktlich um drei Uhr Montag nachmittag
klopfte Sarah Kelling an Dolores Tawnes Tür in den Fenway-Studios, jenem
wunderbaren Bostoner Anachronismus. Dolores begrüßte ihren Gast derart
überschwenglich, daß Sarah ziemlich deutlich wurde, daß sie im Grunde alles
andere als willkommen war, und veranstaltete ein Riesentheater bei der Suche
nach einer Sitzgelegenheit für ihre Besucherin.
    Sarah fand das Äußere des Gebäudes
architektonisch recht aufregend und konnte die Bemühungen um seine Erhaltung
zum Zweck seiner eigentlichen Bestimmung gut verstehen. Abgesehen von der
kleinen Galerie und den Treppenstufen, die nach unten führten, war Dolores
Tawnes Atelier ein wenig enttäuschend: Es handelte sich lediglich um einen
großen quadratischen Raum, in dem nur die hohen Decken und die enorm großen
Fenster ungewöhnlich waren. Ein halbfertiges Stilleben mit Gemüse und einem
toten Fasan stand ostentativ auf einer schweren Staffelei. Der ganze Raum roch
nach Terpentin.
    Sarah, der von dem Geruch ein wenig
übel wurde, teilte ihrer Gastgeberin mit, daß das Gemälde sicher sehr schön
aussehen werde, wenn es erst einmal fertig sei. Mrs. Tawne stimmte ihr zu und
führte ihr die möglicherweise besten Stellen mit einem Malstock vor. Sarah
erkundigte sich, ob Mrs. Tawne gerade noch an anderen Werken arbeite, und Mrs.
Tawne sagte, nein, das sei ihr einziges. Sarah sagte, sie selbst benutze
hauptsächlich Feder und Tusche, und meinte, wie schön es doch sein müsse, mit
Farben zu arbeiten. Mrs. Tawne hielt Sarah daraufhin einen Vortrag über
Farbenlehre, die Sarah bereits im Alter von zwölf Jahren bekannt gewesen war.
Dann reichte sie Sarah ein Buch mit Zeitungsausschnitten, das sie sich ansehen
sollte, während Dolores Tee machte.
    Keiner der Ausschnitte war neueren
Datums. Die meisten berichteten in nach Sarahs Meinung unnötiger Länge über die
Hundertjahrfeier einer Gesellschaft, für die Mrs. Dolores Agnew Tawne, die
bekannte Bostoner Künstlerin, eine Reihe von Präsidentenporträts gemalt hatte.
Es gab ein verschwommenes Foto, auf dem Dolores sich von einem Geschäftsführer
mit auffallend vorstehenden Zähnen vor einem Bild, das bedauerlicherweise
haargenau so aussah wie er, die Hand schütteln ließ. Es existierten auch
Fotografien von den anderen Porträts.
    Sarah, die zwischen Kunstwerken
aufgewachsen war, fand sie zwar technisch sehr gekonnt, vermißte allerdings den
berühmten genialischen Funken Kreativität, der ein echtes Kunstwerk ausmacht.
    Sie versuchte gerade verzweifelt, sich
für die Geschichte des Vereinigten Handelshauses zu interessieren, als ihre
Gastgeberin auch schon aus dem abgetrennten kleinen Raum zurückkehrte, der
offenbar als Küche und Schlafzimmer diente. Sie konnte das schwere, übervolle
Tablett kaum tragen.
    »Gott sei Dank schmeckt es mir immer
noch«, bemerkte Mrs. Tawne, als sie das Tablett absetzte. »Probieren Sie doch
eins von meinen Sandwiches. Das hier ist Eiersalat, das hier Räucherschinken,
und das — «, ihre Aufzählung der Speisekarte wurde von einem lauten Klopfen an
der Tür unterbrochen, »- ist sicher auch schon mein Stargast. Ich schwöre
Ihnen, daß sie mein Essen bis zum Kenmore Square riecht. Entschuldigen Sie mich
bitte einen Moment.«
    Sie hüpfte die Treppe hoch und riß die
Tür auf. »Ach, Sie sind es, Mr. Palmerston!«
    C. Edwald Palmerston, denn der war es
höchstpersönlich, wie Sarah zu ihrer Bestürzung feststellen mußte, nahm den
perlgrauen Filzhut ab, der mit geometrischer Präzision sein sich lichtendes
Haar bedeckte. »Guten Tag, Mrs. Tawne. Ich war ganz zufällig in Ihrer Gegend,
weil ich etwas Geschäftliches zu erledigen hatte, und habe mir deshalb die
Freiheit genommen, kurz bei Ihnen

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