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Madame Bovary: Roman. Herausgegeben und übersetzt von Elisabeth Edl (German Edition)

Madame Bovary: Roman. Herausgegeben und übersetzt von Elisabeth Edl (German Edition)

Titel: Madame Bovary: Roman. Herausgegeben und übersetzt von Elisabeth Edl (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
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gestern, das heißt, wie vor fünf Monaten. Die Birnbäume standen schon in Blüte, und der gute alte Rouault, nun wieder auf den Beinen, lief hin und her, was den Hof lebendiger machte.
    Er hielt es für seine Pflicht, den Arzt mit größter Zuvorkommenheit zu behandeln wegen seiner kummervollen Lage, bat ihn, die Mütze auf dem Kopf zu lassen, sprach leise wie mit einem Kranken und tat sogar, als müsse er sich aufregen, weil man nicht eigens für ihn etwas zubereitet hatte, das ein bisschen leichter war als alles übrige, Schälchen mit Crème zum Beispiel oder gesottene Birnen. Er erzählte Geschichten. Charles ertappte sich beim Lachen; doch plötzlich überkam ihn die Erinnerung an seine Frau, und er wurde düster. Man brachte den Kaffee; er dachte nicht mehr an sie.
    Er dachte immer seltener an sie, je mehr er sich ans Alleinsein gewöhnte. Die neuen Vorzüge der Unabhängigkeit machten ihm sein einsames Leben bald erträglicher. Er konnte jetzt essen, wann er wollte, kommen oder gehen, ohne sich zu rechtfertigen, und wenn er todmüde war, alle viere weit von sich gestreckt, auf seinem Bett liegen. Er verwöhnte sich also, hätschelte sich und nahm den Trost, den man ihm zusprach, gern entgegen. Andrerseits hatte der Tod seiner Frau ihm beruflich sehr genützt, denn einen Monat lang hatten alle ständig gesagt: »Der arme junge Mann! So ein Unglück!« Sein Name war bekannt geworden, seine Kundschaft gewachsen; und außerdem ritt er nach Les Bertaux, sooft er wollte. Er spürte eine ziellose Hoffnung, ein unbestimmtes Glück; er fand sein Gesicht einnehmender, wenn er sich den Backenbart bürstete vor dem Spiegel.
    Eines Tages kam er gegen drei; alle waren auf den Feldern; er trat in die Küche, konnte Emma aber zunächst nirgendwo sehen; die Fensterläden waren geschlossen. Durch die Ritzen im Holz warf die Sonne auf den Steinboden lange, schmale Streifen, die sich an den Möbelkanten brachen und an der Decke zitterten. Fliegen krabbelten auf dem Tisch an den Gläsern hoch, aus denen getrunken worden war, und surrten, wenn sie in dem stehengebliebenen Cidre-Rest ertranken. Das im Kamin herabfallende Tageslicht ließ den Ruß auf der Rückwand samtig glänzen und die kalte Asche bläulich schimmern. Zwischen Fenster und Feuerstelle saß Emma und nähte; sie trug kein Fichu, auf ihren bloßen Schultern sah man kleine Schweißperlen.
    Wie es auf dem Lande Brauch ist, bot sie ihm eine Erfrischung. Er lehnte ab, sie drängte und schlug ihm schließlich lachend vor, mit ihr ein Glas Likör zu trinken. Sie holte aus dem Schrank eine Flasche Curaçao, griff nach zwei kleinen Gläsern, füllte eines bis an den Rand, goss in das andere nur einen Tropfen, und nachdem sie angestoßen hatten, setzte sie es an den Mund. Da es fast leer war, lehnte sie sich zum Trinken zurück; den Kopf in den Nacken geworfen, die Lippen gerundet, den Hals angespannt, lachte sie, weil sie nichts spürte, während ihre Zungenspitze zwischen den kleinen Zähnen hervorkam und hurtig das Glas leckte.
    Sie setzte sich und nahm ihr Nähzeug wieder auf, einen weißen Baumwollstrumpf, den sie stopfte; sie arbeitete vornübergebeugt; sie redete nicht, auch Charles schwieg. Die unter der Tür hereinströmende Luft wirbelte eine Staubflocke über die Fliesen; er schaute ihr beim Dahinkriechen zu, und er hörte nur das Pochen in seinem Kopf, verbunden mit dem Gegacker eines Huhns in der Ferne, das ein Ei legte irgendwo auf dem Hof. Emma erfrischte sich ab und zu die Wangen mit den Handflächen, die sie hinterher an den Eisenkugeln der großen Feuerböcke kühlte.
    Sie klagte, seit Beginn der warmen Jahreszeit leide sie an Schwindelanfällen; sie fragte, ob Bäder im Meer hilfreich sein könnten; sie begann von der Klosterschule zu erzählen, Charles von seinem Collège, sie kamen ins Reden. Sie gingen hinauf in ihr Zimmer. Sie zeigte ihm ihre alten Notenhefte, die kleinen Bücher, die sie als Preis erhalten hatte, und die ganz unten in einem Schrank verblassenden Eichenlaubkränze. Sie sprach auch von ihrer Mutter, vom Friedhof und zeigte ihm sogar das Beet im Garten, wo sie Blumen pflückte, jeden ersten Freitag im Monat, um sie aufs Grab zu stellen. Aber der Gärtner, den sie hatten, verstand nichts davon; es gab nur Verdruss mit den Dienstboten! Sie hätte gern, und sei es auch nur für den Winter, in der Stadt gewohnt; obwohl die langen, schönen Tage das Landleben im Sommer vielleicht noch langweiliger machten; – und je nachdem, was sie sagte,

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