Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Madame Bovary: Roman. Herausgegeben und übersetzt von Elisabeth Edl (German Edition)

Madame Bovary: Roman. Herausgegeben und übersetzt von Elisabeth Edl (German Edition)

Titel: Madame Bovary: Roman. Herausgegeben und übersetzt von Elisabeth Edl (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
Vom Netzwerk:
Stubenfliesen stierend.
    »Sie müssten jetzt«, sagte der Apotheker, »den Zeitpunkt festlegen für die Feierlichkeit.«
    »Warum? welche Feierlichkeit?«
    Dann, mit stammelnder und erschrockener Stimme:
    »Oh! nein, nicht doch! nein, ich will sie behalten.«
    Homais, um Fassung bemüht, nahm eine Karaffe von der Etagere und goss die Geranien.
    »Ah! danke«, sagte Charles, »Sie sind gut!«
    Und er verstummte, nach Atem ringend, ob der Fülle von Erinnerungen, die das Treiben des Apothekers in ihm weckte.
    Um ihn abzulenken, hielt Homais es für richtig, ein wenig über Pflanzenkultur zu plaudern; Blumen brauchten Feuchtigkeit. Charles nickte zustimmend.
    »Und außerdem werden bald die schönen Tage wiederkommen.«
    »Ah!« erwiderte Bovary.
    Der Pharmazeut, dem nichts mehr einfiel, schob die kleinen Vorhänge am Fenster behutsam zur Seite.
    »Schau an, Monsieur Tuvache geht vorbei.«
    Charles wiederholte wie eine Maschine:
    »Monsieur Tuvache geht vorbei.«
    Homais wagte nicht, noch einmal von den Begräbnisvorkehrungen anzufangen; der Geistliche konnte ihn schließlich dazu bewegen.
    Er schloss sich in seinem Sprechzimmer ein, nahm die Feder, und nachdem er eine Weile geschluchzt hatte, schrieb er:
    Ich will, dass sie in ihrem Hochzeitskleid beerdigt wird, mit weißen Schuhen, einem Kranz. Ihr Haar soll offen auf den Schultern liegen; drei Särge, einer aus Eiche, einer aus Mahagoni, einer aus Blei. Keiner braucht mir etwas sagen, ich werde stark sein. Über sie breite man zum Schluss ein großes Tuch aus grünem Samt. Ich will es so. Tut es.
    Die Herren waren bass erstaunt über Bovarys romantische Ideen, und der Apotheker lief sogleich hin und sagte:
    »Dieser Samt erscheint mir überflüssig. Dazu noch die Kosten …«
    »Was geht Sie das an?« schrie Charles. »Lassen Sie mich! Sie haben sie nicht geliebt! Verschwinden Sie!«
    Der Geistliche fasste ihn unterm Arm und spazierte mit ihm durch den Garten. Er predigte von der Eitelkeit irdischer Dinge. Gott war sehr groß, sehr gut; seinem Ratschluss musste man sich ohne Murren beugen, ihm sogar danken.
    Charles fluchte lästerlich.
    »Ich hasse Ihren Gott!«
    »Der Geist der Auflehnung steckt noch in Ihnen«, seufzte der Geistliche.
    Bovary war weit fort. Er ging mit großen Schritten an der Mauer entlang, bei den Spalierbäumen, und er knirschte mit den Zähnen, warf Blicke voller Verwünschungen gen Himmel; doch es rührte sich kein Blatt.
    Leichter Regen fiel. Charles, dessen Hemdbrust offenstand, schlotterte bald vor Kälte; er ging hinein und setzte sich in die Küche.
    Um sechs hörte man Geratter auf dem Platz: die Hirondelle kehrte heim; und die Stirn an der Fensterscheibe stand er da, schaute wie die Reisenden einer nach dem andern ausstiegen. Félicité legte ihm eine Matratze in den Salon; er warf sich nieder und schlief.

    Obwohl Philosoph, achtete Monsieur Homais die Toten. Ohne dem armen Charles zu grollen, kam er am Abend wieder, um bei der Leiche zu wachen, brachte drei Bücher mit und eine Schreibmappe, denn er wollte sich Gedanken notieren.
    Monsieur Bournisien war schon da, und zwei hohe Kerzen brannten am Kopfende des Bettes, das man aus dem Alkoven gezogen hatte.
    Der Pharmazeut, den das Schweigen bedrückte, äußerte alsbald Klagen über die »unglückliche junge Frau«; und der Priester antwortete, jetzt könne man nur noch für sie beten.
    »Gleichwohl«, erwiderte Homais, »eins von beiden: entweder ist sie im Stand der Gnade gestorben (wie die Kirche sich ausdrückt), und dann braucht sie unsere Gebete nicht; oder sie ist unbußfertig dahingeschieden (so lautet, glaube ich, der kirchliche Ausdruck), und dann …«
    Bournisien unterbrach ihn und entgegnete mürrisch, dennoch müsse man beten.
    »Aber«, gab der Apotheker zu bedenken, »wenn Gott alle unsere Nöte kennt, wozu soll das Gebet nützen?«
    »Wie bitte!« rief der Geistliche, »das Gebet! Sind Sie denn kein Christ?«
    »Verzeihung!« sagte Homais. »Ich bewundere das Christentum. Es hat erstens die Sklaven befreit, eine Moral in die Welt gebracht …«
    »Darum geht es nicht! Alle Schriften …«
    »Oh! oh! was die Schriften betrifft, lesen Sie in den Geschichtsbüchern nach; man weiß, dass sie von den Jesuiten gefälscht wurden.«
    Charles kam herein, und auf das Bett zutretend, zog er langsam die Vorhänge beiseit.
    Emmas Kopf war nach der rechten Schulter geneigt. Der Winkel ihres Mundes, der offenstand, sah aus wie ein schwarzes Loch im unteren Teil ihres Gesichts; die

Weitere Kostenlose Bücher