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Madame Bovary: Roman. Herausgegeben und übersetzt von Elisabeth Edl (German Edition)

Madame Bovary: Roman. Herausgegeben und übersetzt von Elisabeth Edl (German Edition)

Titel: Madame Bovary: Roman. Herausgegeben und übersetzt von Elisabeth Edl (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
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abzapfen, wenn es sein muss; wir werden Freunde, ich lade sie zu mir ein … Ja! aber natürlich!«, setzte er hinzu, »bald kommt die Landwirtschaftsausstellung; da wird sie hingehen, ich laufe ihr über den Weg. So wird der Anfang gemacht, und zwar beherzt, das ist am sichersten.«

    Anmerkungen

VIII.

    Und sie kam tatsächlich, die große Landwirtschaftsausstellung! Bereits am Morgen der Feierlichkeit unterhielten sich die Dorfbewohner auf ihrer Türschwelle über die Vorbereitungen; der Frontgiebel des Rathauses war umrankt mit Efeugirlanden; auf einem Anger hatte man ein Zelt errichtet für das Festmahl, und mitten auf dem Platz, vor der Kirche, sollte eine Art Bombarde das Eintreffen des Herrn Präfekten ankündigen und die Namen der preisgekrönten Landwirte. Die Nationalgarde von Buchy (in Yonville gab es keine) war angerückt und hatte sich mit der Feuerwehr vereint, unter deren Hauptmann Binet. Er trug an diesem Tag einen noch höheren Kragen als sonst; in den Uniformrock gezwängt, war sein Oberkörper so steif und unbeweglich, dass die gesamte Lebenskraft seiner Person in die zwei Beine gerutscht schien, die sich im Takt hoben, zackig und stramm. Da zwischen Steuereinnehmer und Oberst eine Rivalität bestand, ließen alle beide, um die eigenen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen, ihre Männer getrennt exerzieren. Man sah abwechselnd rote Epauletten und schwarze Brustharnische hin und her marschieren. Das ganze nahm kein Ende und begann immer wieder von vorn! Nie zuvor war solcher Pomp entfaltet worden! Verschiedene Bürger hatten schon am Vortag ihre Häuser geputzt; Trikoloren hingen aus den halb geöffneten Fenstern; alle Wirtshäuser waren voll; und die gestärkten Hauben, die goldenen Kreuze und die bunten Fichus leuchteten bei dem schönen Wetter weißer als Schnee, funkelten in der grellen Sonne und belebten durch ihre Farbtupfer die düstere Monotonie der Gehröcke und blauen Kittel. Die Bäuerinnen aus der Umgebung zogen beim Absitzen vom Pferd die große Nadel heraus, die ihr aus Angst vor Dreckspritzern geschürztes Kleid um den Körper zusammenhielt; die Ehemänner dagegen breiteten zum Schutz ihre Taschentücher über die Hüte und klemmten sich einen Zipfel zwischen die Zähne.
    Die Menge strömte von beiden Dorfenden in die Hauptstraße. Sie schwappte aus den Gässchen, den Alleen, den Häusern, und von Zeit zu Zeit hörte man den Türklopfer herunterfallen hinter den Bürgerinnen in Zwirnhandschuhen, die sich das Fest anschauen gingen. Am meisten bestaunt wurden zwei hohe, mit Lampions geschmückte Eiben, links und recht von einer Tribüne, wo die Honoratioren Platz nehmen sollten; außerdem standen vor den vier Säulen des Rathauses vier lange Stangen, und jede trug ein kleines Banner aus grünlicher Leinwand, verziert mit Beschriftungen in goldenen Lettern. Auf einem konnte man lesen: »Hoch der Handel«; auf einem anderen: »Hoch die Landwirtschaft«; auf dem dritten: »Hoch die Industrie«; und auf dem vierten: »Hoch die Schönen Künste«.
    Der Jubel jedoch, der alle Gesichter strahlen ließ, verdüsterte offenbar Madame Lefrançois, die Wirtin. Sie stand auf ihrer Küchentreppe und brummte ins Kinn:
    »So ein Blödsinn! So ein Blödsinn, diese Fetzenbude! Ja, glauben die wirklich, der Präfekt wird erfreut sein, dort zu essen, im Zelt wie ein Gaukler? Und dieser Unfug soll dem Wohl des Landes dienen! Dafür hätte es keinen Sudelwirt aus Neufchâtel gebraucht! Und für wen? für Kuhhirten! Habenichtse! …«
    Der Pharmazeut kam vorbei. Er trug einen schwarzen Frack, eine Nankinghose, Biberfellschuhe und ausnahmsweise einen Hut – einen flachen Hut.
    »Gehorsamster Diener!« sagte er; »verzeihen Sie, ich bin in Eile.«
    Und als die runde Witwe fragte, wohin er gehe:
    »Das kommt Ihnen seltsam vor, nicht wahr? ich, der in seinem Laboratorium zurückgezogener lebt als die Ratte des guten Mannes in ihrem Käse.«
    »Was für ein Käse?« fragte die Wirtin.
    »Nein, nein! Ist nicht wichtig!« erwiderte Homais. »Ich wollte damit nur zum Ausdruck bringen, Madame Lefrançois, dass ich mich normalerweise zu Hause einschließe. Heute jedoch, angesichts der Umstände, muss ich wohl …«
    »Ach! Sie gehen auch da hin?« sagte sie verächtlich.
    »Ja, ich gehe hin«, entgegnete der Pharmazeut überrascht; »bin ich denn nicht Mitglied im beratenden Ausschuss?«
    Mutter Lefrançois betrachtete ihn ein Weilchen, dann antwortete sie lächelnd:
    »Das ist etwas ganz andres! Aber was haben Sie

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