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Madame Bovary

Madame Bovary

Titel: Madame Bovary Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
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Professor
Larivière, sein ehemaliger Lehrer, ward aus Rouen hergeholt. Karl
war der völligen Verzweiflung nahe. Am meisten ängstigte ihn Emmas
Apathie. Sie sprach nicht, interessierte sich für nichts,
ja, sie schien selbst die Schmerzen nicht
zu empfinden. Es war, als hätten Körper wie Geist bei ihr alle ihre
Funktionen eingestellt.
    Gegen Mitte Oktober konnte sie, von Kissen gestützt, wieder
aufrecht in ihrem Bette sitzen. Als sie das erste Brötchen mit
eingemachten Früchten verzehrte, da weinte Karl. Allmählich kehrten
ihre Kräfte zurück. Sie durfte nachmittags ein paar Stunden
aufstehen, und eines Tages fühlte sie sich soweit wohl, daß sie an
Karls Arm einen kleinen Spaziergang durch den Garten versuchte.
    Auf den sandigen Wegen lag gefallenes Laub. Sie ging ganz
langsam, in Hausschuhen, ohne die Füße zu heben. An Karl
angeschmiegt, lächelte sie in einem fort vor sich hin.
    So schritten sie bis hinter an die Gartenmauer. Dort blieb sie
stehen und richtete sich auf. Um besser zu sehen, hob sie die Hand
über die Augen. Lange schaute sie hinaus in die Weite. Aber es gab
in der Ferne nichts zu sehen als auf den Hügeln große Feuer, in
denen man landwirtschaftliche Überbleibsel verbrannte.
    »Das Stehen wird dich zu sehr anstrengen, Beste!« warnte Karl
und geleitete sie behutsam zur Laube hin. »Setz dich hier ein wenig
auf die Bank! Das wird dir gut tun!«
    »Nein, nein! Nicht hier! Hier nicht!« stieß sie mit ersterbender
Stimme hervor.
    Sie wurde ohnmächtig, und abends war die Krankheit von neuem da,
und zwar in erhöhtem Grade und mit allerlei Komplikationen. Bald
hatte sie in der Herzgegend, bald in der Brust, bald im Kopfe, bald
in den Gliedern Schmerzen. Dazu gesellte sich ein Auswurf, an dem
Bovary die ersten Anzeichen der Lungenschwindsucht zu erkennen
wähnte.
    Zu alledem hatte der arme Schelm auch noch Geldsorgen.

Kapitel 14
     
    Zunächst wußte er nicht, wie er dem Apotheker die vielen
Arzneien vergüten sollte, die er von ihm bezogen hatte. Als Arzt
brauchte er sie nicht zu bezahlen, aber das wäre ihm peinlich
gewesen. Dann war der Haushalt, jetzt wo ihn das Mädchen führte,
schrecklich teuer geworden. Die Rechnungen regneten nur so ins
Haus. Die Lieferanten begannen ungeduldig zu werden. Insbesondre
mahnte Lheureux in lästiger Weise. Er hatte den Höhepunkt von Emmas
Krankheit dazu benutzt, ihre Rechnung höher auszuschreiben, als sie
wirklich war. Flugs brachte er auch den Mantel, die Handtasche und
zwei Koffer statt des einen und noch eine Menge andrer Gegenstände,
die bestellt worden seien, wie er behauptete. Es nützte Bovary gar
nichts, daß er erklärte, er brauche die Sachen nicht; der Händler
erwiderte ihm in ungezogenem Tone, alle diese Waren seien bei ihm
bestellt und er nähme sie nicht zurück. Herr Bovary möge sichs
überlegen; er werde ihn eher verklagen als sich selber
benachteiligen. Karl befahl daraufhin dem Mädchen, die Gegenstände
im Geschäft abzugeben, aber Felicie vergaß es. Er selbst hatte sich
um andre Dinge zu kümmern und dachte nicht mehr daran. Nach einer
gewissen Zeit unternahm Lheureux einen neuen Versuch. Bald drohend,
bald jammernd, brachte er es so weit, daß ihm Bovary schließlich
einen Wechsel ausstellte, der in sechs Monaten fällig war. Als er
das Papier unterschrieb, kam ihm der kühne Gedanke, tausend Franken
von Lheureux zu leihen. Verlegen fragte er, ob er ihm diese Summe
auf ein Jahr zu beliebigem Zinsfuß verschaffen könne. Der
Handelsmann eilte sofort in seinen Laden, brachte das Geld und
zugleich einen zweiten Wechsel, durch den sich Bovary
verpflichtete, am 1. September kommenden Jahres
eintausendundsiebzig Franken zu zahlen. Mit den bereits
anerkannten hundertundachtzig Franken
ergab das eine Gesamtschuld von zwölfhundertundfünfzig Franken.
Lheureux machte hierbei ein ganz hübsches Geschäft; im übrigen
wußte er im voraus genau, daß es hierbei nicht bliebe. Er rechnete
darauf, daß der Arzt die Wechsel am Fälligkeitstage nicht einlösen
könne und sie prolongieren müsse. Auf diese Weise sollte das erst
armselige Sümmchen im Hause des Arztes wie in einem Sanatorium eine
ordentliche Mastkur durchmachen und eines Tages dick und rund zu
ihm zurückkehren.
    Lheureux hatte allenthalben Erfolge. Er erlangte die
regelmäßigen Apfelweinlieferungen für das Neufchâteler Krankenhaus.
Der Notar Guillaumin schanzte ihm Aktien der Torfgruben zu
Grümesnil zu. Dazu trug er sich mit dem Plane, zwischen Argueil und
Rouen eine

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