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Madame Bovary

Madame Bovary

Titel: Madame Bovary Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
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Kamin, an
alle Einzelheiten dieser armen Liebe, die so friedsam, so traulich
und so zart gewesen war und die sie längst vergessen hatte. Warum
war er wieder da? Welches Zusammentreffen von besonderen Umständen
ließ ihn von neuem ihren Lebenspfad kreuzen?
    Er stand hinter ihr, die Schulter an die Logenwand gelehnt. Von
Zeit zu Zeit schauerte Emma zusammen, wenn sie den warmen Hauch
seiner Atemzüge auf ihrem Haar spürte.
    »Macht Ihnen denn das Spaß?« fragte er sie, indem er sich über
sie beugte, so daß die Spitze seines Schnurrbarts ihre Wange
streifte.
    »Nein, nicht besonders!« entgegnete sie leichthin.
    Daraufhin machte er den Vorschlag, das Theater zu verlassen und
irgendwo eine Portion Eis zu essen.
    »Ach nein! Noch nicht! Bleiben wir!« sagte Bovary. »Sie hat
aufgelöstes Haar! Es scheint also tragisch zu werden!«
    Aber die Wahnsinnsszene interessierte Emma gar nicht. Das Spiel
der Sängerin schien ihr übertrieben.
    »Sie schreit zu sehr!« meinte sie, zu Karl gewandt, der
aufmerksam zuhörte.
    »Möglich! Jawohl! Ein wenig!« gab er zur Antwort. Eigentlich
gefiel ihm die Sängerin, aber die Meinung seiner Frau, die er immer
zu respektieren pflegte, machte ihn unschlüssig.
    Leo stöhnte:
    »Ist das eine Hitze!«
    »Tatsächlich! Nicht zum Aushalten!« sagte Emma.
    »Verträgst dus nicht mehr?« fragte
Bovary.
    »Ich ersticke! Wir wollen gehen!«
    Leo legte ihr behutsam den langen Spitzenschal um. Dann
schlenderten sie alle drei nach dem Hafen, wo sie vor einem
Kaffeehause im Freien Platz nahmen.
    Anfangs unterhielten sie sich von Emmas Krankheit. Sie versuchte
mehrfach, dem Gespräch eine andere Wendung zu geben, indem sie die
Bemerkung machte, sie fürchte, Herrn Leo könne das langweilen.
Darauf erzählte dieser, er müsse sich in Rouen zwei Jahre tüchtig
auf die Hosen setzen, um sich in die hiesige Rechtspflege
einzuarbeiten. In der Normandie mache man alles anders als in
Paris. Dann erkundigte er sich nach der kleinen Berta, nach der
Familie Homais, nach der Löwenwirtin. Mehr konnten sie sich in
Karls Gegenwart nicht sagen, und so stockte die Unterhaltung.
    Aus der Oper kommende Leute gingen vorüber, laut pfeifend und
trällernd:
'O Engel reiner Liebe'
    Leo kehrte den Kunstkenner heraus und begann über Musik zu
sprechen. Er habe Tamburini, Rubini, Persiani, Crisi gehört. Im
Vergleich mit denen sei Lagardy trotz seiner großen Erfolge gar
nichts.
    Karl, der sein Sorbett mit Rum in ganz kleinen Dosen vertilgte,
unterbrach ihn:
    »Aber im letzten Akt, da soll er ganz wunderbar sein! Ich
bedaure, daß ich nicht bis zu Ende drin geblieben bin. Es fing mir
grade an zu gefallen!«
    »Demnächst gibts ja eine Wiederholung!« tröstete ihn Leo.
    Karl erwiderte, daß sie am nächsten Tage wieder nach Hause
müßten. »Es sei denn,« meinte er, zu Emma gewandt, »du bliebst
allein hier, mein Herzchen?«
    Bei dieser unerwarteten Aussicht, die sich
seiner Begehrlichkeit bot, änderte der junge Mann seine Taktik. Nun
lobte er das Finale des Sängers. Er sei da köstlich, großartig!
    Von neuem redete Karl seiner Frau zu:
    »Du kannst ja am Sonntag zurückfahren. Entschließe dich nur! Es
wäre unrecht von dir, wenn du es nicht tätest, sofern du dir auch
nur ein wenig Vergnügen davon versprichst!«
    Inzwischen waren die Nachbartische leer geworden. Der Kellner
stand fortwährend in ihrer nächsten Nähe herum. Karl begriff und
zog seine Börse. Leo kam ihm zuvor und gab obendrein zwei
Silberstücke Trinkgeld, die er auf der Marmorplatte klirren
ließ.
    »Es ist mir wirklich nicht recht,« murmelte Bovary, »daß Sie für
uns Geld….«
    Der andere machte die aufrichtig gemeinte Geste der
Nebensächlichkeit und ergriff seinen Hut.
    »Es bleibt dabei! Morgen um sechs Uhr!«
    Karl beteuerte nochmals, daß er unmöglich so lange bleiben
könne. Emma indessen sei durch nichts gehindert.
    »Es ist nur …«, stotterte sie, verlegen lächelnd, »… ich weiß
nicht recht….«
    »Na, überleg dirs noch! Wir können ja noch mal darüber reden,
wenn dus beschlafen hast!« Und zu Leo gewandt, der sie begleitete,
sagte er: »Wo Sie jetzt wieder in unserer Gegend sind, hoffe ich,
daß Sie sich ab und zu bei uns zu Tisch ansagen!«
    Der Adjunkt versicherte, er werde nicht verfehlen, da er ohnehin
demnächst in Yonville beruflich zu tun habe.
    Als man sich vor dem Durchgang Saint-Herbland voneinander
verabschiedete, schlug die Uhr der Kathedrale halb zwölf.

Teil 3

Kapitel 1
     
    Leo hatte während seiner Pariser

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