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Madame Bovary

Madame Bovary

Titel: Madame Bovary Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
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und legte sich aufs Bitten. Dabei ging sie so
weit, daß sie den Händler mit ihrer schmalen weißen Hand
berührte.
    »Lassen Sie mich zufrieden!« wehrte er ab. »Am Ende wollen Sie
mich gar noch verführen!«
    »Sie sind ein gemeiner Mensch!« rief sie aus.
    »Na, na!« lachte er. »Werden Sie nur nicht gleich ungnädig!«
    »Ich werde allen Leuten erzählen, was für ein Mensch Sie sind!
Ich werde meinem Manne sagen….«

    »Und ich werde Ihrem Manne was zeigen….«
    Er entnahm seinem Geldschranke Emmas Empfangsbestätigung der
Summe für das verkaufte Grundstück.
    »Glauben Sie, daß er das nicht für einen kleinen Diebstahl
halten wird, der arme gute Mann?«
    Sie brach zusammen, wie von einem Keulenschlage getroffen.
Lheureux lief zwischen seinem Schreibtisch und dem Fenster hin und
her und sagte immer wieder:
    »Jawohl, das zeig ich ihm … das zeig ich ihm….«
    Plötzlich trat er vor Emma hin und sagte in wieder friedlichem
Tone:
    »'s ist grade kein Vergnügen – das weiß ich wohl! – aber es ist
noch niemand dran gestorben, und da es der einzige Weg ist, der
Ihnen bleibt, um mich zu bezahlen….«
    »Aber wo soll ich denn das viele Geld hernehmen?« jammerte Emma
und rang die Hände.
    »Na, wenn man Freunde hat wie Sie!«
    Er sah sie scharf und so tückisch an, daß ihr dieser Blick durch
Mark und Bein ging.
    »Ich will Ihnen einen neuen Wechsel geben….«
    »Danke! Habe genug von den alten!«
    »Könnte ich nicht was verkaufen?«
    »Was denn?« fragte er achselzuckend. »Sie besitzen doch gar
nichts!« Dann rief er durch das kleine Schiebfensterchen in seinen
Laden hinein: »Anna, vergiß nicht die drei Stück Tuch Nummer
vierzehn!«
    Das Mädchen trat ein. Emma begriff, was das heißen sollte. Sie
machte einen letzten Versuch.
    »Wieviel Geld wäre dazu nötig, die Zwangsvollstreckung
aufzuhalten?«
    »Es ist schon zu spät!« antwortete Lheureux.

    »Wenn ich nun aber ein paar Tausend Franken brächte? Ein Viertel
der Summe?… Ein Drittel?… Und noch mehr?«
    »Das hätte alles keinen Zweck!«
    Er drängte sie sanft dem Auslange zu.
    »Ich beschwöre Sie, bester Herr Lheureux! Nur ein paar Tage
Zeit!«
    Sie schluchzte.
    »Donnerwetter! Gar noch Tränen!«
    »Sie bringen mich zur Verzweiflung!« jammerte sie.
    »Mir auch egal!«
    Er machte die Türe zu.

Kapitel 7
     
    Mit stoischem Gleichmut empfing Emma am andern Tage den
Gerichtsvollzieher Hareng und seine zwei Zeugen, als sie sich
einstellten, um das Pfändungsprotokoll aufzusetzen.
    Sie begannen in Bovarys Sprechzimmer. Den phrenologischen
Schädel schrieben sie indessen nicht mit in das Sachenverzeichnis.
Sie erklärten ihn als zur Berufsausübung nötig. Aber in der Küche
zählten sie die Schüsseln, Töpfe, Stühle und Leuchter, und in ihrem
Schlafzimmer die Nippsachen auf dem Wandbrette. Sie durchstöberten
ihren Kleidervorrat, ihre Wäsche. Sogar der Klosettraum war vor
ihnen nicht sicher. Emmas Existenz ward bis in die heimlichsten
Einzelheiten – wie ein Leichnam in der Anatomie – den Blicken der
drei Männer preisgegeben. Der Gerichtsvollzieher, der einen
fadenscheinigen schwarzen Rock, eine weiße Krawatte und Stege an
den straffen Beinkleidern trug, wiederholte immer wieder:
    »Sie erlauben, gnädige Frau! Sie erlauben!«
    Mitunter entfuhren ihm auch Worte wie:
    »Wunderhübsch! Sehr nett!«
    Gleich darauf aber schrieb er von neuem an seinem Verzeichnis,
wobei er seinen Federhalter in sein Taschentintenfaß aus Horn
tauchte, das er in der linken Hand hielt.
    Als man in den Wohnräumen fertig war, ging es hinauf in die
Bodenkammern. Als der Gerichtsvollzieher ein Schreibpult bemerkte,
in dem Rudolfs Briefe aufbewahrt waren, ordnete er an, daß es
geöffnet werde.
    »Ah! Briefe!« meinte er, geheimnisvoll lächelnd. »Sie erlauben
wohl! Ich muß mich nämlich überzeugen, ob nicht sonst noch was
drinnen steckt!«
    Er blätterte die Bündel flüchtig durch, als sollten
Goldstücke herausfallen. Emma war empört,
als sie sah, wie seine plumpe rote Hand mit den molluskenhaften
Fettfingern diese Blätter anfaßte, bei deren Empfang ihr Herz einst
höher geschlagen hatte.
    Endlich gingen sie. Felicie kam zurück. Sie hatte den Auftrag
gehabt, aufzupassen und Bovary vom Hause fernzuhalten. Den Beamten,
der zur Beaufsichtigung der gepfändeten Gegenstände zurückblieb,
quartierten sie hurtig in einer Bodenkammer ein.
    Karl schien an diesem Abend ernster denn sonst zu sein. Emma
beobachtete ihn ängstlich. Es kam ihr vor, als

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