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Madame Bovary

Madame Bovary

Titel: Madame Bovary Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
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davon. So kamen Leo und Emma, während sich Karl mit
dem Apotheker unterhielt, in eins jener uferlosen Gespräche, die um
tausend oberflächliche Dinge kreisen und
keinen andern Sinn haben, als die gegenseitige Sympathie einander
zu bekunden. Pariser Theaterereignisse, Romantitel, moderne Tänze,
die ihnen fremde große Gesellschaft, Tostes, wo Emma gelebt hatte,
und Yonville, wo sie sich gefunden, alles das berührten sie in
ihrer Plauderei, bis die Mahlzeit zu Ende war.
    Als der Kaffee gebracht wurde, ging Felicie fort, um in der
neuen Wohnung das Schlafzimmer zurechtzumachen. Bald darauf brach
die kleine Tischgesellschaft auf. Frau Franz war längst am
erloschenen Herdfeuer eingenickt. Aber der Hausknecht war
wachgeblieben. Eine Laterne in der einen Hand, begleitete er Herrn
und Frau Bovary nach Haus. In seinem roten Haar hing Häcksel, und
auf einem Beine war er lahm. Den Schirm des Pfarrers, den er ihm
noch hintragen sollte, in der andern Hand, ging er voran.
    Der Ort lag in tiefem Schlafe. Die Säulen der Hallen auf dem
Markte warfen lange Schatten über das Pflaster. Der Boden war
hellgrau wie in einer Sommernacht. Da das Haus des Arztes nur
fünfzig Schritte vom Goldnen Löwen entfernt lag, wünschte man sich
alsbald gegenseitig Gute Nacht, und so schied man voneinander.
    Als Emma die Hausflur ihres neuen Heims betrat, hatte sie die
Empfindung, als lege sich ihr die Kühle der Wände wie feuchte
Leinwand um die Schultern. Der Kalkbewurf war frisch. Die
Holztreppen knarrten. In ihrem Zimmer, im ersten Stock, fiel fahles
Licht durch die gardinenlosen Fenster. Sie sah draußen Baumwipfel
und weiterhin in der Niederung das Wiesenland, ein Nebelmeer
darüber. Das Mondlicht sickerte durch die aufwallenden Dämpfe.
    Im Zimmer standen Kommodenkästen, Flaschen, Gardinenstangen,
Möbelstücke und Geschirr kunterbunt umher. Die beiden Packer hatten
alles so stehen und liegen lassen.
    Zum vierten Male schlief Emma an einem ihr
noch fremden Orte. Das erstemal war es am Tage ihres Eintritts ins
Kloster gewesen, das zweitemal an dem ihrer Ankunft in Tostes, das
drittemal im Schloß Vaubyessard und das vierte hier in Yonville.
Jedesmal hatte ein neuer Abschnitt in ihrem Leben begonnen. Darum
glaubte sie, daß sich die gleichen Dinge an verschiedenen Orten
nicht wiederholen könnten; und da ihr bisheriges Stück Leben
häßlich gewesen war, so müsse das, was sie noch zu erleben hatte,
zweifellos schöner sein.

Kapitel 3
     
    Am andern Morgen, als Emma kaum aufgestanden war, sah sie den
Adjunkt über den Markt gehen. Sie war im Morgenkleid. Er schaute zu
ihr herauf und grüßte. Sie nickte hastig mit dem Kopfe und schloß
das Fenster.
    Den ganzen Tag über konnte es Leo Dúpuis kaum erwarten, daß es
sechs schlug. Als er aber endlich in den Goldnen Löwen kam, fand er
niemanden vor als den Steuereinnehmer, der bereits am Tische
saß.
    Das gestrige Mahl war für Leo ein bedeutungsvolles Ereignis. Bis
dahin hatte er noch niemals zwei Stunden lang mit einer »Dame«
geplaudert. Wie hatte er es nur fertiggebracht, ihr eine solche
Menge von Dingen und in so guter Form zu sagen? Das war ihm vordem
unmöglich gewesen. Er war von Natur schüchtern und wahrte eine
gewisse Zurückhaltung, die sich aus Schamhaftigkeit und Heuchelei
zusammensetzt. Die Yonviller fanden sein Benehmen tadellos. Er
hörte still zu, wenn ältere Herren disputierten, und zeigte sich in
politischen Dingen keineswegs radikal, was an einem jungen Manne
eine seltene Sache ist. Dazu besaß er allerlei Talent: er
aquarellierte, er war musikalisch, er beschäftigte sich in seinen
Mußestunden gern mit der Literatur, – wenn er nicht gerade Karten
spielte. Der Apotheker schätzte ihn wegen seiner Kenntnisse, und
Frau Homais war ihm wohlgewogen, weil er höflich und gefällig war;
öfters widmete er sich nämlich im Garten ihren Kindern, kleinem
Volk, das immer schmutzig aussah und sehr schlecht erzogen war und
dessen Beaufsichtigung einmal dem Dienstmädchen und dann noch
besonders dem Lehrling oblag, einem jungen Burschen, namens Justin.
Er war ein entfernter Verwandter des Apothekers, von diesem aus
Mitleid in seinem Haus aufgenommen, wo er eine Art »Mann für alles«
geworden war.
    Homais spielte die Rolle des guten Nachbars.
Er gab Frau Bovary die besten Adressen für ihre Einkäufe, ließ
seinen Apfelweinlieferanten eigens für sie herkommen, beteiligte
sich an der Weinprobe und gab persönlich acht, daß das bestellte
Faß einen geeigneten Platz im Keller

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