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Madame Bovary

Madame Bovary

Titel: Madame Bovary Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
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erhielt. Er verriet ihr die
beste und billigste Butterquelle und bestellte ihr Lestiboudois,
den Kirchendiener, als Gärtner; neben seinen Ämtern in Kirche und
Gottesacker hielt dieser nämlich die Gärten der Honoratioren von
Yonville instand; man engagierte ihn »stundenweise« oder »aufs
Jahr«, ganz wie es gewünscht wurde.
    Diese Hilfsbereitschaft des Apothekers entsprang weniger einem
Herzensbedürfnis als schlauer Berechnung. Homais hatte nämlich
früher einmal gegen das Gesetz vom 19. Ventôse des Jahres XI
verstoßen, wonach die ärztliche Praxis jedem verboten ist, der sich
nicht im Besitze eines staatlichen Diploms befindet. Eines Tages
war er auf eine geheimnisvolle Anzeige hin nach Rouen vor den
Staatsanwalt geladen worden. Dieser Vertreter der Justiz hatte ihn
in seinem Amtszimmer, stehend und in Amtsrobe, das Barett auf dem
Kopfe, vernommen. Es war am Vormittag, unmittelbar vor einer
Gerichtssitzung gewesen. Von draußen, vom Gange her, waren dem
Apotheker die schweren Tritte der Schutzleute ins Ohr gehallt. Es
war ihm, als hörte er fern das Aufschnappen wuchtiger Schlösser. Er
bekam Ohrensausen und glaubte, der Schlag würde ihn rühren. Schon
sah er sich im Kerker sitzen, seine Familie in Tränen, die Apotheke
unter dem Hammer und seine Arzneiflaschen in alle vier Winde
verstreut. Hinterher mußte er seine Lebensgeister in einem
Kaffeehause mit einem Kognak in Selters wieder auf die Beine
bringen.
    Allmählich verblaßte die Erinnerung an diese Vermahnung, und
Homais hielt von neuem in seinem Hinterstübchen ärztliche
Sprechstunden ab. Da aber der Bürgermeister nicht sein
Freund war und seine Kollegen in der
Umgegend brotneidisch waren, bebte er in ewiger Angst vor einer
neuen Anzeige. Indem er sich nun Bovary durch kleine Gefälligkeiten
verpflichtete, wollte er sich damit ein Recht auf dessen
Dankbarkeit erwerben und ihn mundtot machen, falls die
Kurpfuschereien in der Apotheke abermals ruchbar würden. Er brachte
dem Arzt alle Morgen den »Leuchtturm«, und oft verließ er
nachmittags auf ein Viertelstündchen sein Geschäft, um ein wenig
mit ihm zu schwatzen.
    Karl war mißgestimmt. Es kamen keine Patienten. Ganze Stunden
lang saß er vor sich hinbrütend da, ohne ein Wort zu sprechen. Er
machte in seinem Sprechzimmer ein Schläfchen oder sah seiner Frau
beim Nähen zu. Um sich ein wenig Beschäftigung zu machen,
verrichtete er allerhand grobe Hausarbeit. Er versuchte sogar, die
Bodentüre mit dem Rest von Ölfarbe anzupinseln, den die Anstreicher
dagelassen hatten.
    Am meisten drückte ihn seine Geldverlegenheit. Er hatte in
Tostes eine beträchtliche Summe ausgegeben für neue Anschaffungen
im Hause, für die Kleider seiner Frau und neuerdings für den Umzug.
Die ganze Mitgift, mehr als dreitausend Taler, war in zwei Jahren
daraufgegangen. Bei der Übersiedelung von Tostes nach Yonville war
vieles beschädigt worden oder verloren gegangen, unter anderm der
tönerne Mönch, der unterwegs vom Wagen heruntergefallen und in
tausend Stücke zerschellt war.
    Eine zartere Sorge lenkte ihn ab: die Mutterhoffnungen seiner
Frau. Je näher diese ihrer Erfüllung entgegengingen, um so
liebevoller behandelte er Emma. Diese sich knüpfenden neuen Bande
von Fleisch und Blut machten das Gefühl der ewigen
Zusammengehörigkeit in ihm immer inniger. Wenn er ihrem trägen
Gange zusah, wenn er das allmähliche Vollerwerden ihrer miederlosen
Hüften bemerkte, wenn sie müde ihm gegenüber auf dem Sofa saß, dann
strahlten seine Blicke, und er konnte sich in seinem Glücke nicht fassen. Er sprang auf, küßte sie,
streichelte ihr Gesicht, nannte sie »Mammchen«, wollte mit ihr im
Zimmer herumtanzen und sagte ihr unter Lachen und Weinen tausend
zärtliche, drollige Dinge, die ihm gerade in den Sinn kamen. Der
Gedanke, Vater zu werden, war ihm etwas Köstliches. Jetzt fehlte
ihm nichts mehr auf der Welt. Nun hatte er alles erlebt, was
Menschen erleben können, und er durfte zufrieden und vergnügt
sein.
    In der ersten Zeit war Emma über sich selbst arg verwundert.
Dann kam die Sehnsucht, von ihrem Zustande wieder befreit zu sein.
Sie wollte wissen, wie es sein würde, wenn das Kind da war. Aber
als sie kein Geld dazu hatte, eine Wiege mit rosa-seidnen Vorhängen
und gestickte Kinderhäubchen zu kaufen, da überkam sie eine
plötzliche Erbitterung; sie verlor die Lust, die Baby-Ausstattung
selber sorglich auszuwählen, und überließ die Herstellung in Bausch
und Bogen einer Näherin. So lernte sie die

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