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Madame de Maintenon

Madame de Maintenon

Titel: Madame de Maintenon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Buckley
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Geldbuße, die fällig war, wenn man sie dabei erwischte, daß sie etwas aus dem Fenster auf die Straße warfen, mußten sie jetzt täglich vor ihr Haus treten, »jeden Morgen im Sommer
306 um sieben Uhr und im Winter um acht Uhr, um beim Glockenschlag ihre Haushaltsabfälle hinauszutragen; und der gesamte Kot und Schmutz auf dem Bürgersteig vor ihrem Haus muß am Ende des Gebäudes zu einem Haufen zusammengekehrt werden, zum Zweck der amtlichen Abholung« – durch die neuen Müllmänner, die, falls sie die Arbeit nicht ordnungsgemäß ausführten, ebenfalls die Buße zu zahlen hatten.
    Eine neue Vorschrift galt für die Stadtwächter, deren mit menschlichen Exkrementen beladene Karren hinfort während der Fahrt geschlossen sein mußten – seitdem waren die
Straßen »so sauber, daß die Pferde fast auf ihnen ausrutschen«. Zur Bekämpfung von Verbrechen und Laster wurde eine neue Polizei aufgestellt, die erste ihrer Art in Europa: Polizeischützen fingen die Armen ein und sperrten sie in Arbeitshäuser und Klöster; »Böhmen und Zigeuner« wurden zur Galeere verurteilt; und Studenten waren, was man anscheinend für wichtig hielt, mit Ausnahme weniger angegebener Stunden in ihren Kollegien eingesperrt. Um Mord und Diebstahl zu unterbinden, wurde sogar das Tragen von Masken verboten, ein Gesetz, dem sich einige schicke Damen, darunter zuweilen auch Françoise, fortwährend widersetzten.
    Innerhalb weniger Jahre schüttelte Paris seine dicke mittelalterliche Kruste aus Unrat und Unordnung ab und bestimmte von nun an für ganz Europa, was Modernität und Eleganz bedeuten. Es gab sogar eine Straßenbeleuchtung. In anderen französischen Städten mußte, wer sich bei Dunkelheit hinauswagte, eine flackernde Laterne mit sich führen, andernfalls war er auf den Kerzenschein angewiesen, der hier und da aus einem Gasthaus auf die Straße fiel, oder auf den Mond, den ältesten Helfer des nächtlichen Reisenden. Doch in Paris gab es zusätzlich zu der »Abfallsteuer« eine neue »Lichtsteuer«, und dank ihrer brannten Straßenlaternen bis spät in die Nacht, so daß es »bis zwei oder drei am Morgen fast so hell ist wie am Tag«. Paris, la ville lumière , war geboren, und der König ließ zudem eine Medaille mit der Devise Securitas et Nitor (Sicherheit und Sauberkeit) prägen.
    Die neuen Vorschriften konnten zwar für eine gewisse Ordnung sorgen, doch allen unliebsamen Erscheinungen Einhalt zu gebieten vermochten sie nicht. Kesselflicker und Obstverkäufer, die mit ihren Bauchläden halblegale Waren zum Verkauf anboten, machten sich noch immer in den Straßen breit. Kaum hatte man die Bettler und Diebe an einer Stelle vertrieben, formierten sie sich anderswo neu. Cabarets
und Spielhöllen befolgten die Gesetze nur so lange, wie Polizei zu sehen war, und setzten sich ansonsten munter darüber hinweg. In den schönen Gärten der Tuilerien, die erst kürzlich für »anständig gekleidete« Mitglieder der Gesellschaft geöffnet worden waren, zogen Prostituierte ungehindert umher und boten Französisch-Unterricht für Ausländer an, doch »kennen sie sich mit der Liebe
307 weit besser aus als mit der Grammatik«, wie ein Italiener in einem Bericht über seine Parisreise in der Mitte des Jahrzehnts überflüssigerweise notierte.
    Hatten sich die robusteren Bereiche des städtischen Lebens durch die ihnen innewohnende Stärke behauptet, so waren seine zarteren kulturellen und intellektuellen Blüten durch einen belebenden Schauer königlicher Aufmerksamkeit und Großzügigkeit wieder zu Kräften gekommen. Die freien Künste, erklärte Ludwig, »sind die schönsten Ornamente des Staates«, und er gelobte: »Es ist die Aufgabe des Königs
308 , sie wiederzubeleben.« Ein großer Goldschatz wurde für diesen Zweck zur Verfügung gestellt und löste eine Woge blumiger Verse aus, in denen Ludwig mit dem berühmtesten aller Förderer der Künste, dem römischen Kaiser Augustus, verglichen wurde.
    Zwar hatten prominente Einzelpersonen, darunter namentlich Fouquet, in den mageren Jahren der Fronde immer wieder künstlerische Projekte finanziell unterstützt, aber da es seit dem Tod des kultivierten Kardinals Richelieu vor zwanzig Jahren keine kontinuierliche Förderung durch den König mehr gegeben hatte, sorgte das seit kurzem verfügbare Geld unter den Künstlern und Gelehrten der Stadt, von denen jeder hoffte, seinen Namen auf der Liste der künftigen Empfänger zu sehen, für helle Aufregung. Colbert beauftragte Charles Le Brun, der

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