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Madame de Maintenon

Madame de Maintenon

Titel: Madame de Maintenon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Buckley
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Höhepunkt hinter sich hatte, brachte zehn neue Stücke hervor, und Dutzende von unbedeutenderen Männern lieferten Hunderte von unbedeutenderen Werken, die seither vergessen sind.
    Noch lebhafter ging es in der Oper zu, in der bereits der launenhafte Favorit des Königs Giovanni Battista Lulli, vor kurzem naturalisiert als Jean-Baptiste Lully, den Ton angab. Nicht nur Komponist, sondern zugleich Tänzer und Impresario, war Lully auf allen drei Gebieten von einem rücksichtslosen Ehrgeiz beseelt; was er nicht mit Talent und Fleiß erreichte, das schaffte er mit Tobsuchtsanfällen und Intrigen. Ein Mann in den Dreißigern, arbeitete er emsig daran, dem Theater seines vermeintlichen Freundes und Mitarbeiters Molière die Luft abzuschneiden, indem er ihm die Musik und das Ballett verwehrte, die zum zeitgenössischen Theater ebenso dazugehörten wie zur Oper. Der König, betört von Lullys Talent und eingeschüchtert von seinen Wutanfällen, wollte sich in diese Auseinandersetzung zwischen den künstlerischen Giganten nicht einmischen und sicherte dadurch den endgültigen Sieg Lullys.
    Wahrscheinlich hätte Lully ohnehin gewonnen, weil das Pariser Publikum seit der Mitte des Jahrzehnts begonnen hatte, der Oper den Vorzug vor dem Theater zu geben. Der satirische Moralist Jean de La Bruyère brachte die Entwicklung auf die knappe Formel: »Es liegt an der Maschinerie
312 «, sagte er. »Für Theaterstücke braucht man keine Kulissen
wagen und umherfliegenden Teile, wohl aber für die Oper. Das Publikum liebt ganz einfach das Spektakel.« Für einen englischen Besucher war das Spektakel gleichwohl kein ausreichender Trost, denn nach einem Abend in der Pariser Oper beklagte er sich, er habe es ertragen müssen, daß »einige Herren
313 vom Anfang bis zum Ende mitsangen«.
    Der Enthusiasmus Ludwigs und die Energien Colberts verschafften auch dem Hofleben neuen Schwung, mit einer Serie von immer üppigeren Darbietungen zum Entzücken der glücklichen invités und zum Ruhm des Geschmacks und des Glanzes des jungen Königs. Françoise nahm im Hochsommer 1668 an der jüngsten, bisher glanzvollsten dieser Veranstaltungen teil, die in Versailles, fünfzehn Meilen außerhalb der Stadt, gegeben wurde. Noch war dieses königliche Anwesen nicht mehr als ein reizendes Landhaus mit einigen Statuen in einem bescheidenen Park. Ludwig hatte erwogen, es abzureißen und dadurch Platz zu schaffen für etwas Größeres, aber nachdem Colbert ihm davon abgeraten hatte, hatte er den Plan fallengelassen.
    Sollten Françoise und ihre Freundinnen, als sie an diesem Juniabend des Jahres 1668 auf dem marmornen Vorplatz vorfuhren, gehofft haben, daß es erhalten bliebe, so hätte die Größenordnung der abendlichen Unterhaltung sie skeptisch stimmen müssen. Der König hatte sie le Grand Divertissement getauft, und sie sollte alles übertreffen, was Fouquet in Vaux-le-Vicomte oder sonst ein Fürst bisher veranstaltet hatte. Äußerer Anlaß des Festes war die Feier des Aachener Friedens, der Frankreichs promenade militaire , den Devolutionskrieg, beendet hatte. Für Ludwig war es »eine glanzvolle Bestätigung
314 der Rechte der Königin«, und obendrein bestärkte es ihn in seinem noch geheimgehaltenen Entschluß, langfristig das schwächelnde spanische Reich zu zerschlagen.
    Nun war Versailles relativ klein, und so hatte man die Zahl der Gäste, zu denen offenbar »jede Person von Stand
315 , männlich und weiblich, aus Paris und den angrenzenden Provin
zen« gehörte, auf etwa 3000 beschränkt. In den Gärten hatte man neun üppig dekorierte Tafeln aufgestellt, die aber nur für ausgewählte Damen bestimmt waren, denn der Abend war öffentlich den Damen insgesamt, insgeheim aber nur ihrer ungekrönten Königin gewidmet. Die frohlockende Athénaïs saß mit vorgetäuschter Bescheidenheit an Tafel 4, zusammen mit Françoise und Madeleine de Scudéry. Die gekrönte Königin saß natürlich am ersten Tisch, neben dem König, aber ungeachtet ihres herausragenden Platzes wurde sie wie immer von allen überstrahlt. Was immer Maria Theresia an Anmut besessen haben mochte, war in den sieben Monaten einer neuen Schwangerschaft dahingeschwunden. Von den vier Kindern, die sie seit ihrer Hochzeit vor acht Jahren zur Welt gebracht hatte, hatten nur zwei überlebt, der Dauphin Ludwig, jetzt sieben Jahre alt, und seine Schwester Marie-Thérèse, gerade ein Jahr alt.
    Der König hatte galant die gesamten Kosten der Festlichkeiten allein tragen wollen und deshalb

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