Madame Mystique
dass sie mich nicht aus den Augen ließen. So wurde ich praktisch von drei Seiten bedroht, was sich auch nicht änderte, als ich den Stall erreichte und dessen Wand in meinem Rücken spürte.
Wie ein Gladiator kam ich mir nicht vor. Denen hatte man damals noch Waffen gegeben, damit die Kämpfe nicht ganz so einseitig abliefen. Ich hatte nur meine bloßen Hände, mit denen ich mich verteidigen musste.
Das Licht war zwar schwach und durchdrang die grauen Nebelfahnen kaum, ich sah trotzdem, wie sich die Tiere bewegten. Sie streckten sich und stemmten sich dabei gegen den Boden. Sie öffneten ihre Mäuler, die gähnten, gaben sich träge und präsentierten mir ihre Gebisse.
Das war schon ein Hammer, der bei mir für eine Gänsehaut sorgte. Sie schlichen auf mich zu und ließen sich dabei Zeit. Sie schlugen sogar jeder für sich einen Bogen, um die richtige Stellung herauszufinden. Und sie ließen immer einen bestimmten Abstand zwischen sich, als wären sie es gewohnt, im Trio zu kämpfen.
Maxine Wells wurde nicht mehr bedroht. Ihr war auch nichts passiert, denn sie konnte sich völlig normal aufrichten. Dabei bewegte sie den Kopf mal zur einen, dann wieder zur anderen Seite. Sie schaute, sie tastete ab, und sie hielt die Augen dabei weit geöffnet. Natürlich hatte sie Angst, aber die hatte ich auch, und als Maxine auf Tabea zugehen wollte, sah sie plötzlich in die Mündung der Beretta.
»Keinen Schritt weiter!«
»Ja, ja, schon gut...«
Ich merkte, wie sich in meinem Magen etwas zusammenzog. Unwillkürlich schaute ich auf meine Hände, und trotz der prekären Lage kam mir plötzlich die Comic-Figur Tarzan in den Sinn.
Der hatte sich gegen alle möglichen Raubtiere gewehrt und es auch geschafft, zu gewinnen. Das sah bei mir anders aus. Leoparden sind keine normalen Katzen, und sie mussten bereits den Befehle bekommen haben, mich zu killen, denn ihr Verhalten änderte sich.
Ihre Schwänze sanken nach unten. Sie lagen auf dem Boden und wischten dort hin und her. Wenn Hunde das tun, dann freuen sie sich, bei Raubkatzen hat das eine andere Bedeutung.
Ich spannte mich. Ich überlegte, wie ich die Angriffe abwehren sollte. Der Schweiß war mir aus den Poren getreten. Meine Blicke glitten zur Seite. Ich suchte nach einer Waffe, mit der ich mich hätte verteidigen können, aber da gab es nichts. Auch die Tür in den Stall war verschlossen. Da konnte ich mich auch nicht verstecken.
Rhonda hatte sich etwas entspannt. Sie zielte nicht mehr direkt auf mich. Die Raubkatzen waren jetzt wichtiger. Sie beobachtete jede ihrer Bewegungen. Für sie musste es ein großer Spaß sein, zu beobachten, wie ich um mein Leben kämpfte.
Dann hörte ich einen Laut.
Nicht von den Raubkatzen, sondern von Tabea Ryder. Es war ein Befehl, der den Leoparden galt.
Die Trägheit ihrer Bewegungen verschwand. Sie gingen noch gemeinsam nach vorn, und plötzlich löste sich die erste Gestalt vom Boden.
Ich hörte Maxine’s Schrei, kümmerte mich nicht mehr darum, denn ab jetzt ging es um mein Leben...
***
Ich hatte zwar vor dem Angriff noch Zeit gehabt, aber es war mir nicht gelungen, mir irgendwelche Gedanken darüber zu machen, wie ich handeln sollte. Es kam auf den Moment an, und den wollte ich nutzten und mich dann entscheiden.
Drei Leoparden gemeinsam wären etwas viel gewesen. Sie hätten sich gegenseitig behindert. Schließlich lag ich nicht wie ein Opfer in der Savanne auf dem Boden, sondern bot weniger Angriffsfläche.
Das erste Tier sprang. Es war in Zeitlupe sicherlich ein toller Anblick. Für mich allerdings weniger. Ich sah das aufgerissene Maul, die Zähne, die schlagbereiten Tatzen mit den spitzen Krallen, und dann war ich doch schneller.
Kein Plan, nur dem Gefühl nach handeln. Ich tat etwas, was verrückt aussah, denn ich ging in den Angreifer hinein. Ich schlug zu und hatte dabei den linken Arm angewinkelt. Ich riss ihn in die Höhe und wuchtete ihn zugleich nach vom.
Treffer!
Bevor mich das Tier erwischte, hieb mein Ellbogen gegen den Kopf der Katze.
Ich hörte den Schrei, der so gequält klang. Der Leopard schaffte es nicht mehr, seine Krallen gegen mich zu schlagen. Der Körper tanzte für einen Moment in der Luft, bevor er zu Boden fiel und dort winselnd liegen blieb.
Das war zwar kein Sieg, aber es gab mir Mut. Die beiden anderen Katzen griffen mich ebenfalls an, aber sie waren vorsichtig. Sie sprangen zugleich. Als ich das sah, hatte ich das Gefühl, mein Herz würde stillstehen. Ich wusste nicht, wohin ich
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