Madame Mystique
schien sie körperlich unversehrt zu sein.
Tabea Ryder meldete sich zu Wort. »Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, Sinclair, dein Schützling lebt noch. Nur wird das bald nicht mehr der Fall sein.«
»Lass sie laufen, Tabea!«
»Nein!«
Ich versuchte es weiter. »Sie hat dir nichts getan. Es ist ein unnötiger Mord. Sie wird gebraucht.«
»Hör auf damit. Um das Vogelmädchen werde ich mich kümmern, denn ich bin Elax Erbin.«
Auch Maxine hatte die Antwort gehört. Diese Worte mussten sie wie ein Hieb getroffen haben. »Was? Elax? Was hat dieser Verbrecher mit dir zu tun, Tabea?«
»Das ist eine lange Geschichte. Nimm es einfach hin. Sinclair wird sie dir bald nicht mehr erzählen können.« Sie kam auf mich zu. »Ja, euer Ende ist nahe.«
»Soll ich erschossen werden?«
Sie schürzte die Lippen. »Keine schlechte Idee. Ich denke, dass Rhonda es gern übernehmen wird.«
»Darauf kannst du dich verlassen«, meldete sich die Erwähnte.
»Aber das passt mir nicht, Sinclair.« Sie ließ mich warten und bückte sich, um die Beretta an sich zu nehmen. Erst als sie mich wieder anschaute, sprach sie weiter. »Ich denke, dass dieser Tod zu einfach für dich ist. Eine Kugel zwischen die Augen! Was ist das schon? Einfach lächerlich. Du fühlst noch den Treffer, diesen Schlag, und dann ist alles vorbei. Nein, nein, das hast du nicht verdient. Ich denke, dass du so sterben wirst wie mein Freund Elax. Es war für ihn bestimmt nicht schön, zu verbrennen. Er wird geschrien haben vor Schmerzen. Er wird sich und dich verflucht haben, und genau diese Qualen sollst auch du spüren, verfluchter Geisterjäger.«
Trotz meiner schlechten Aussichten blieb ich ruhig. »Dann soll ich auch verbrannt werden?«
»Verdient hättest du es!«, flüsterte sie, und sie sah aus, als wollte sie mir ins Gesicht schlagen. Aber sie hielt sich zurück und wies mit der Waffe auf ihre Leoparden. »Ich denke, dass sie hungrig sind, aber dem werde ich noch ein Sahnehäubchen draufsetzen. Ich sorge dafür, dass sie nur auf dich abfahren werden. Du kennst dich aus. Du wirst inzwischen wissen, dass sie mir gehorchen, ebenso wie die Eulen und auch die Pferde. Sie aber sind meine Lieblinge. Du bekommst deine Chance, Sinclair, ich bin großzügig. Du bekommst eine Chance, obwohl du Elax keine gelassen hast. Aber man soll ja nicht Gleiches mit Gleichem vergelten.« Bei den letzten Worten troff ihre Stimme vor Hohn.
Mehr brauchte sie nicht zu erklären. Ich hatte alles verstanden. Die Trümpfe lagen in den Händen der Frauen. Zur großen Party war es zwar nicht gekommen, aber die schien auch nicht vorgesehen gewesen zu sein.
Ich, der Mensch, sollte gegen drei Raubkatzen kämpfen. Hatte ich da überhaupt eine Chance?
Ohne Waffe sah es da schon sehr düster aus, und mir wurde allmählich mulmig. Ich begann zu schwitzen, musste schlucken und suchte fieberhaft nach einem Ausweg.
Als Waffe blieb mir das Kreuz, aber es würde kaum etwas bringen, denn ich kam gar nicht an es heran. Rhonda wartete beinahe schon gierig darauf, dass ich mich falsch bewegte, um endlich schießen zu können. Ich konnte ihren Hass förmlich spüren. Wahrscheinlich verkraftete sie es nicht, dass ihre komischen Verführungskünste bei mir nicht gefruchtet hatten.
Maxine Wells meldete sich. Sie traute sich nicht aufzustehen und hatte nur ihren Kopf so gedreht, dass sie mich anschauen konnte. »Bitte, John, das kannst du doch nicht tun. Das ist der reine Wahnsinn. Du willst doch nicht mit offenen Augen in den Tod laufen. Was meinst du, was die mit dir anstellen?«
»Was soll ich denn machen?«
»Ich... ich... weiß es nicht. Aber...«
Es half kein Aber. Es half gar nichts mehr. Wir mussten da durch, und ich konnte nur hoffen, dass mir im letzten Moment noch eine Lösung einfiel.
Tabea winkte mit der Waffe. »Geh schon los, Sinclair. Stell dich auf. Stell dir einfach vor, dass du dich hier in einer Arena befindest. Nur sind es keine Löwen, gegen die du kämpfst, sondern Leoparden. Sie sind doch nicht so gefährlich. Mit mir jedenfalls kommen sie wirklich gut aus. Das habe ich erlebt.«
Ich enthielt mich eines Kommentars. Den Spott hatte ich deutlich hervorgehört. Als ich mich in Bewegung setzte, hatte ich das Gefühl, ein Roboter zu sein. Ich ging sehr steif und wünschte mich auch verdammt weit weg.
Die drei Raubkatzen bewegten sich nicht. Aber sie wussten, was folgen würde, denn Maxine war für sie nicht mehr wichtig. Durch das Drehen ihrer Köpfe sorgten sie dafür,
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