Madame Mystique
grünen Schein, der aus der Höhe auf sie herabfiel.
Eine Lampe war es sicherlich nicht, aber sie wollte die Quelle entdecken, hob ihren Kopf so weit wie möglich an und schaute in Tabea Ryder’s Gesicht.
Es war das Gesicht, aber eigentlich war es nur das linke Auge der Frau, das ihr plötzlich übergroß vorkam wie eine verfärbte Sonne. Es schickte diesen grünen Strahl aus wie einen Befehl, und der galt einzig und allein den Raubkatzen.
Sie wussten, was sie zu tun hatten. An drei verschiedenen Stellen des Körpers bissen sie zu...
***
Ich hatte das Lachen der Frau einfach als widerlich empfunden. Doch so simpel war das nicht. Es gab schon einen Grund für dieses Gelächter. Es mochte auch der Grund dafür gewesen sein, dass ich blass geworden war, denn ich hatte sie sehr gut verstanden.
Hier ging es nicht um normale Tiere, sondern um Raubkatzen, um Leoparden.
Ich kannte die Tiere vom Zoo her. Ich hatte sie im Fernsehen gesehen, und ich hatte sie auch bewundert wegen ihrer geschmeidigen Bewegungen. Das war wirklich alles okay, aber ich wusste auch, dass sie verdammt gefährlich werden konnten, wenn man sie reizte und vor allen Dingen, wenn sie hungrig waren. Dann schreckten sie auch vor Menschen nicht zurück, obwohl sie auf der anderen Seite auch menschenscheu waren.
Das Lachen verhallte. Ich gönnte mir einen Blick auf Rhonda, deren Waffe auch weiterhin auf mich wies. Verdammt noch mal, diese Person zeigte keine Ermüdungserscheinungen. Der Arm blieb in der gleichen Höhe. Er sank um keinen Millimeter nach unten, und der kalte Ausdruck der Augen zeigte mir, dass sie entschlossen war, zu schießen, wenn es sein musste.
»Hast du gehört, Sinclair?«
»Ja, es sind Leoparden.«
»Genau. Ich habe sie in meine Gewalt gebracht. Sie gehorchen mir. Ich habe bei den Schamanen viel gelernt, das sich nun auszahlen wird. Darauf kannst du dich verlassen.«
»Was ist mit ihnen? Was tun sie? Was haben sie mit Maxine Wells vor?«
»Das liegt an dir!«
»Wieso?«
»Wenn du dich weiterhin ruhig verhältst, wird ihr nichts geschehen. Solltest du aber in deinem Polizistengehirn darüber nachdenken, wie du dich am besten retten kannst, wird es nicht nur für dich ein böses Erwachen geben, sondern auch für die Tierärztin. Du glaubst gar nicht, wie schnell die Gebisse der Raubkatzen es schaffen, eine menschliche Kehle zu zerfetzen.«
»Doch, das kann ich mir denken.«
»Also liegt es an dir, wie lange sie noch lebt. Rühr dich nicht, denn das Spiel geht weiter!«
Sie hatte alles gut vorbereitet und ihren Plan bis ins letzte Detail ausgeklügelt. Ich war darin eine der Hauptpersonen, aber ich musste ihrem Willen gehorchen.
»Rhonda!«
»Ja?«
»Du lässt ihn nicht aus den Augen!«
»Darauf kannst du dich verlassen, Tabea. Nicht aus den Augen und nicht von der Mündung weg.«
»So habe ich es mir vorgestellt.«
Wenn ich die Worte richtig einordnete, dann musste ich davon ausgehen, dass uns Tabea verlassen würde. Es war nicht tragisch, denn auf ihre Helferin konnte sie sich verlassen.
Tabea Ryder warf mir noch einen letzten, sehr spöttischen Blick zu und drehte sich dann zur Seite. Sie ließ sich Zeit. Mit langsamen Bewegungen ging sie in den Dunst hinein auf ihr neues Ziel zu. Ich sah, dass es die Scheune oder der Stall war.
Der Eingang war nicht genau zu erkennen. An der Wand trieben die Schwaden entlang wie blasse Fahnen, die sich auch um den Körper der Frau drehten. Es war wieder still geworden. Auch Rhonda sagte nichts, aber es lag ihr etwas auf dem Herzen, das sah ich ihr an, und ich wollte sie zum Sprechen bringen.
»Haben Sie sich auch alles gut überlegt?«
»Das habe ich.«
»Auch, dass Sie zur Komplizin einer Mörderin werden? Die Gerichte kennen da keinen Spaß.«
»Gerichte?« Sie amüsierte sich. »Das ist herrlich. Aber für mich wird es keine Anklage geben. Es wird niemand da sein, der dafür sorgt. Diese Nacht ist die letzte für dich und Maxine.«
Sie hatte wohl gedacht, mich mit derartigen Drohungen beeindrucken zu können, aber ich blieb gelassen. Ähnliches hatte ich schon öfter gehört, und auch in dieser Lage ließ mich die Drohung recht kalt.
»Die Nacht ist noch nicht zu Ende, Rhonda!«
»Für dich so gut wie. Meine Chefin wird sich um dich kümmern, und den Rest erledigen die Leoparden.«
»Sie meinen, die Tiere töten Maxine Wells?«
»Ja, Sinclair, ja. Sie werden sie zerfetzen, darauf kannst du dich verlassen.«
Die Antwort war mit einer derartigen Inbrunst gegeben
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