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Maddie - Der Widerstand geht weiter (German Edition)

Maddie - Der Widerstand geht weiter (German Edition)

Titel: Maddie - Der Widerstand geht weiter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie Kacvinsky
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Raum auf und ab. Dabei zerbrach ich mir den Kopf darüber, was gestern Abend geschehen war. Doch meine Erinnerungen waren ein einziger Scherbenhaufen. Wann immer ein Gedanke greifbar schien, glitt er mir gleich wieder durch die Finger. Ich konnte mich kaum noch an ein Gesicht erinnern, geschweige denn an weitere Details. Sogar Dr. Stevenson sah ich nur verschwommen wie ein unscharfes Foto.
    Ich öffnete ein neues Dokument und beschloss, mit meinen Aufzeichnungen von vorne zu beginnen. Vielleicht würden die Worte mir helfen, mich zu erinnern. Wenigstens musste ich es versuchen.
    »Eine Frau hat mich durchs Gebäude geführt«, sagte ich laut. Dann zögerte ich. Hatte sie nicht noch mehr getan? »Sie hat mir geholfen, damit ich mich zurechtfinde«, fügte ich hinzu. »Dann habe ich Dr. Stevenson getroffen. Sie will mir auch helfen. Sie sagt, dass ich krank bin.« Ich blieb stehen und dachte darüber nach. »Vielleicht hat sie recht. Vielleicht will man mich im Center nicht bestrafen, sondern vor mir selbst retten. Vielleicht stimmt mit mir etwas nicht.«
    Ich blinzelte und las die Worte, die eben aus meinem Mund gekommen waren. Hatte ich das tatsächlich gesagt? Gefühle tobten in mir, doch sie fühlten sich splitterhaft und unwirklich an, als wären sie nicht meine eigenen. Ich konnte Wirklichkeit und Illusion kaum auseinanderhalten. Was war echt?
    Ich krallte meine Finger in die verschwitzen Haare, aber dadurch wurden nur die Kopfschmerzen schlimmer. Ich hätte wütend sein sollen, fühlte mich aber nur leer. Ich wollte nachdenken, bekam aber nichts zu fassen. Ich war wie betäubt.
    Nachdem ich mir eine frische Patientenuniform übergestreift hatte, marschierte ich auf die Tür zu. Die Enge meines Zimmers war kaum auszuhalten. Vielleicht wurden meine Gedanken klarer, wenn ich im Flur herumlief. Ich öffnete die Tür, blieb aber stehen, als ich den Fahrstuhl am anderen Ende des Korridors hörte. Ich schaute in die Richtung des Geräusches und sah ein Mädchen in einem Rollstuhl. Ihr Kopf hing zur Seite, als würde sie schlafen, und die braunen Haare fielen ihr ins Gesicht, sodass ich es nicht erkennen konnte. Auch die Frau, die bei ihr war, kannte ich nicht. Sie hatte das graue Haar zu einem Knoten aufgesteckt und trug einen weißen Kittel wie Dr. Stevenson. Ich ging auf die beiden zu und wollte sie ansprechen, da ich die Stille kaum noch aushielt, aber die Ärztin schaute mich mit schmalen Augen an und legte einen Finger auf die Lippen. Ihr Blick warnte mich, Abstand zu halten. Ich blieb gehorsam an meinem Platz, bis sie um die Ecke und außer Sicht verschwunden waren.
    Dann seufzte ich und schlurfte zu dem Getränkeautomaten, wo ich einen Kaffee bestellte. Dampfende schwarze Flüssigkeit plätscherte in meine Tasse und ich schaute mit einem blassen Lächeln zu. Hier war etwas Vertrautes, an dem ich mich festhalten konnte. Es erinnerte mich an mein früheres Ich und daran, dass eine Welt außerhalb des Centers existierte. Ich ließ mich auf dem kalten Metallstuhl nieder und atmete den warmen, duftenden Kaffeedampf ein. Dadurch fühlte ich mich gleich lebendiger.
    Dann hörte ich Schritte, und als ich aufschaute, sah ich den Jungen, der mich zur Therapiesitzung begleitet hatte. Er kam mit einem Karton um die Ecke und blieb bei meinem Anblick so ruckartig stehen, dass seine Schuhsohlen auf dem Linoleum quietschten. Wir starrten uns mehrere Sekunden lang an. Die Stille wurde nur vom Summen und gelegentlichen Tröpfeln des Automaten unterbrochen. Der Junge schaute so ungläubig, als hätte er noch nie ein menschliches Wesen gesehen.
    »Was machst du hier? Wieso bist du nicht in deinem Zimmer?«, fragte er.
    Sofort ging ich in Abwehrstellung. »Die Türen haben sich um sechs entriegelt. Man hat mir gesagt, ich könne jederzeit hierherkommen.« Ich deutete mit dem Daumen auf den Automaten. »Mein unverdienter Luxus?«, zitierte ich. Meine Stimme klang heiser, und meine Kehle schmerzte, als hätte ich stundenlang geschrien.
    Er stellte den Karton auf einen Tisch, der sich neben der Tür zum Vorratsraum befand. Eigentlich wirkte er nicht verärgert, weil ich mich hier draußen befand. Nur überrascht.
    »Ich weiß, dass du dein Zimmer verlassen darfst. Aber wieso wolltest du das überhaupt?«, fragte er.
    »Ich verstehe nicht, was du meinst«, sagte ich und zuckte zusammen, als ein weiterer stechender Schmerz sich durch meine Schläfen bohrte. Ich rieb mir die Stirn, aber dadurch wurde es nur schlimmer. Mein Kopf fühlte

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