Maddrax - Folge 332: Der vergessene Tod
Andere klackten wirres Zeug.
„Wir sollten zurück zu Syram’ur“, sagte Jenny über den Helmfunk.
„Wenn ich mir das Chaos so anschau“, antwortete Pieroo, „wär vielleicht Try’kon besser.“
Jenny überlegte. Ihr Gefährte hatte nicht unrecht. Try’kon und seine Wachhydriten konnten sie bestimmt besser schützen. Doch wenn sie Antworten erhalten wollten, war zweifellos Syram’ur die erste Adresse.
„Versuch ihn ausfindig zu machen“, bat sie ihren Geliebten, „und bitte ihn, mit ein paar zuverlässigen Männern zur Kuppel zu kommen. Ich hole in der Zwischenzeit Syram’ur. Dort treffen wir uns.“
Pieroo nickte und tauchte zwischen den Gassen unter. Er wusste inzwischen, wo sich die Unterkunft der Wachmannschaft befand. Dort wollte er zuerst nachsehen.
Jenny machte sich auf den Rückweg zur Kuppel. Das Licht des Vollmonds sickerte in die Tiefe und ermöglichte ihr die Orientierung. Es brauchte keine halbe Stunde, um die Schleuse zu erreichen. Sie schwamm in das Gebäude und betrat kurz darauf durch die Membran das Innere.
Syram’ur hatte sich in die hinterste Ecke des Raumes zurückgezogen. Er saß auf dem Boden und gab schnalzende Laute von sich. Um ihn herum lagen seine Uhren. Eine davon versuchte er aufzuziehen.
Jenny ging zu ihm und legte ihm die Hand auf den beschuppten Arm. Er hielt inne und glotzte sie an.
„Das funktioniert nicht“, klackte sie.
„Warum?“
Jenny holte tief Luft. „Sanduhren kann man nicht aufziehen.“
Seine wulstigen Lippen verzogen sich zu einem schrägen Grinsen, die Kiemenklappen zitterten. „Was ist Zeit?“, wisperte er.
„Hm?“
Ruckartig stand der Hydrit auf und stellte sich mit dem Gesicht zur Wand.
Jenny näherte sich dem hydritischen Arzt. „Syram’ur? Ist alles in Ordnung?“
Der Gar’tek gab kehlige Laute von sich. Ein gutturales Durcheinander, als spräche er mehrere Sprachen auf einmal.
Jenny war versucht, ihn herumzudrehen, doch eine aufkeimende Furcht hinderte sie daran. Syram’ur wirkte irgendwie bedrohlich, seine Körperhaltung angespannt.
Da wirbelte er auch schon herum, die Hände wie zum Kampf erhoben. „Was hast du gesagt?“
„Nichts, ich …“ Sie schüttelte den Kopf und wich ein paar Schritte zurück. Trotz der drohenden Gefahr fiel ihr auf, dass er sie plötzlich duzte.
„Ich hab’s genau gehört! Stinkqualle hast du mich genannt!“
„Nein, das habe ich nicht.“
„Dir stopf ich gleich dein freches Maul!“ Syram’urs nackte Füße klatschten laut auf dem schwarzglänzenden Boden, als er ein paar rasche Schritte auf Jenny zumachte.
Die drehte sich um und rannte. Keuchend erreichte sie die Membran. Während des Öffnens blickte sie zurück und sah, dass Syram’ur ihr nicht folgte. Er stand neben der Maschine und lachte klackend.
Er ist verrückt geworden!, schrie es in Jenny.
Der Gar’tek warf die Sanduhr an die Wand, wo sie mit lautem Knall zerbarst. Dann legte er sich hin, drückte sein Gesicht auf den Boden und rutschte schlangengleich durch den Raum. „Er kommt her!“, schnarrte er. „Er kommt, uns alle zu vernichten!“
Es hatte keinen Sinn, ihn zu fragen, wer da käme; ohnehin klang das mehr nach Paranoia. Jenny betrat eilig die Schleuse und setzte den Helm auf.
Als sie ins freie Wasser eintauchte, fuhr ihr ein eisiger Schreck in die Glieder. Es war eindeutig dunkler geworden. Finsternis nistete zwischen den Muschelalleen und Häusern. Hatten sich Wolken vor den Mond geschoben? Eben war der Himmel noch wolkenlos gewesen.
Eine ungewisse Ahnung wisperte ihr zu, dass mehr dahintersteckte. Und dass sie nachschauen müsse.
Kraftvoll stieß sie sich nach oben ab. Planktonteilchen schwirrten an ihr vorüber, die Temperatur wechselte fühlbar mit jeder Wasserschicht. Wie in den letzten Tagen schon, begannen während des Schwimmens Jennys Schläfen zu pochen. Ein unglaublicher Druck entwickelte sich unter ihrer Schädeldecke.
Es kam ihr vor wie eine Ewigkeit, bis sie endlich die Wasseroberfläche durchbrach. Rinnsale liefen über das Sichtfeld des Tauchhelms. Jenny schnappte nach Luft, obwohl es gar nicht nötig war. Die Sauerstoffzufuhr funktionierte einwandfrei.
Sie blickte in den Himmel, und was sie sah, erschütterte sie bis ins Mark.
Eine schwarze, brodelnde Wolke bedeckte das obere Drittel des Mondes; aus ihren fasrigen Rändern schienen tentakelartige Eruptionen zu peitschen. Doch es war keine Wolke am Himmel – sie lag über dem Mond selbst!
Gott der Allmächtige, was ist das?!
In
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