Maddrax - Folge 332: Der vergessene Tod
Wolken.
„Ihr findet hier Schutz und Wärme“, klackte der Gar’tek. „Sobald der Rat bereit ist, euch zu empfangen, holen wir euch für die Reise nach Hykton ab.“
„Wann wird das sein?“
Syram’urs Kiemen zitterten heftig. „Genau kann ich das nicht sagen. Die momentanen Umstände erschweren eine Voraussage, wie ich zugeben muss. Zurzeit gehen seltsame Dinge in En’jak vor. Die Führung hat beschlossen, sich erst um diese Vorkommnisse zu kümmern, bevor sie sich eures Falls annimmt.“
„Die Demonstranten?“
„Nicht nur das. Der verwirrte Hydrit, den wir in der Kuppel gefunden haben, zum Beispiel. Er wusste nicht, wie er dorthin kam, und es hat lange gedauert, bis ihm einfiel, dass er zumindest nicht aus En’jak stammt.“
Jenny nickte. Sie hatten nach dem Aufwachen von dem Vorfall erfahren. „Was ist mit ihm geschehen?“
„Wir haben ihn gehen lassen!“ Die Stimme des Hydriten überschlug sich, klang so aggressiv, dass Jenny erschrak. „Zurückgehen, als ob das noch einen Sinn hätte!“
Was ist los mit dem Kerl? , fragte sie sich erneut.
Syram’ur arbeitete sichtlich daran, sich in den Griff zu bekommen. Sein Scheitelkamm schwoll kampfeslustig an und wieder ab, die Kiemendeckel und die dünne Membran seiner Augen zuckten. „Im November letzten Jahres gab es laut unseren Wissenschaftlern gravierende Veränderungen in unserem Sonnensystem“, schnalzte er ungewöhnlich schnell. Es hörte sich beinahe an, als ob man ein Tonband vorspulte. „Wir wissen nicht, ob die jüngsten Geschehnisse etwas damit zu tun haben!“ 4
Syram’urs Worte brachten Jenny ins Grübeln. Die Hydriten verschwiegen ihr und Pieroo so manches, das war ihr nicht entgangen. „Darf man fragen, welche Geschehnisse gemeint sind?“
Der Gar’tek winkte ab. „Allgemeine Verhaltensweisen. Zunehmende Gewalt, Kontrollverlust …“ Syram’urs Sprechtempo sank plötzlich, seine Stimme aber zitterte nach wie vor. „Wir geben Ihnen Bescheid“, klackte er müde. „Haben Sie Geduld. Dann wird sich alles zum Guten wenden.“
Jenny stieß genervt den Atem aus. „Gut“, klackte sie auf Hydritisch. „Wir warten.“
Die Hydriten verabschiedeten sich und stapften ins Wasser. Jennys winkte ihnen zum Abschied und fühlte sich, als hätte sie einen Klumpen ihn ihrem Magen. Die Fischwesen wateten einzeln ins Wasser. Wie ferngelenkte Marionetten kamen sie Jenny vor.
Der Kopf des letzten Meereswesens verschwand, zurück blieb ein kleiner Strudel, den die Wellen wegwischten.
„Was hatter gewollt?“, fragte Pieroo.
Jenny klärte ihn auf. Seitdem sie das Hydritische beherrschte, fungierte sie für ihren Freund als Übersetzerin.
„Wir soll’n also warten?“
„Ja.“
„Na, solang wir anner frischen Luft sin …“, zeigte sich ihr Gefährte begeistert. „Is doch was anderes als der Mief unter Wasser, meinste nich?“
„Mhm.“ Sie musste schmunzeln.
Pieroo schlug sich in die Büsche. Jenny betrachtete die Umgebung. Die wenigen Bäume ragten wie hagere Gespenster aus dem Boden, während die Wolken am Himmel von unsichtbaren Wirbeln gepeitscht wurden. Der Wind jagte die Wellen, ließ Gischtkronen gegen die Felsbrocken am Ufer klatschen.
Tief in Jennys Inneren kratzte eine Warnung an den Ecken ihres Verstandes, und sie wusste sie nicht zu deuten. Besorgt blickte sie in den Himmel, als Pieroo zurückkam. „Was hast’n?“, fragte er und setzte sich neben sie.
Sie schwieg einige Sekunden, bevor sie sich ihm zuwandte. „Hast du manchmal Angst, wenn du in den Himmel siehst?“
„Weil ’n Sturm aufzieht? Nö, du?“
„Na ja, vielleicht nicht direkt Angst …“ Jenny schmiegte sich an ihren Gefährten. „Ach, ich weiß nicht! Im Grunde fühl ich mich pudelwohl, könnte den ganzen Tag schnurren wie ’ne Katze. Woher dann diese negativen Wellen, frag ich mich …“
Pieroo legte beschützend den Arm um sie. „Bloß weil der Syram’ur sich komisch verhält, musste dich nich davon anstecken lassen.“
„Die anderen wirken auch nicht viel aufgeräumter, Try’kon vielleicht ausgenommen.“
„Weißte was?“ Pieroo erhob sich. „Lass uns reingeh’n.“
„Ja.“ Jenny nickte. „Langsam wird es frisch hier draußen.“
Sie betraten die Hütte und schlossen die Tür. „Echt warm hier drin“, stellte Pieroo fest, nachdem sie sich ihrer Tauchanzüge entledigt hatten. Die breite Liege erwies sich kurz darauf als äußerst bequem.
Jenny legte ihren Kopf an Pieroos Schulter und kraulte sein Brusthaar.
Weitere Kostenlose Bücher