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Maddrax - Folge 334: Die Beute des Archivars

Maddrax - Folge 334: Die Beute des Archivars

Titel: Maddrax - Folge 334: Die Beute des Archivars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Dreiecksdolch.
    Von der Fensteröffnung weg huschte Aruula ans rostige Innengeländer der Wendeltreppe und spähte den Schacht hinunter. Ein dickes Glockenseil führte vom Glockenstuhl mit seiner letzten verbliebenen Glocke hinunter in den Chorraum. Dort sah Aruula schon den Schatten Gorguunas.
    Weiter, die nächste Treppenwindung, die nächste Turmebene. Beinahe geräuschlos gelangte sie bis in Höhe des Glockenstuhls.
    „Komm aus deinem Schlupfwinkel, Aruula!“, hörte sie tief unter sich Gorguuna rufen. „Stell dich zum Kampf und lass es uns endlich hinter uns bringen!“ Aruula sah in den Treppenschacht hinunter. Schon konnte sie Gorguunas Schwertarm und Schulter tief unter sich erkennen. „Keiner von uns kann dem Schicksal ausweichen, das Wudan ihm gewebt hat!“, rief die stämmige Kriegerin. „Wer wüsste das besser als du, Aruula?“
    Die Glocke war etwa halb so groß wie Aruula. Sie hing an einem Rundholz, an dem auch das Zugseil ansetzte. Das Rundholz war schwarz auf einer Seite. Aruula blickte hinauf zum Turmdach. Ein großes Loch klaffte dort oben, durch das man den Mittagshimmel sehen konnte. Wie viele Jahre war die schwarze Seite des Rundholzes schon dem eindringenden Regen und Schnee ausgesetzt? Ein Wunder, dass es nicht längst morsch geworden und zerbrochen war.
    „Ich warte auf dich, Aruula!“, tönte unten im Chorraum Gorguunas Stimme. Jetzt stand die Kriegerin direkt unter ihr, sodass sie sogar den Scheitel in ihrem schwarzen Haar erkennen konnte. „Erweise dich ein letztes Mal als Königin der Dreizehn Inseln und komm endlich aus deinem Versteck!“
    Aruula zog ihr Schwert langsam und lautlos aus der Rückenkralle.
    „Komm da weg, Gorguuna!“, hörte sie Helgaaja rufen. „Aruula ist da nicht!“
    Aruula holte aus. Ein kraftvoller Hieb, gut gezielt, müsste reichen, um das faulende Rundholz zu durchtrennen. Sie holte aus.
    „Wo sollte sie denn sonst sein, bei Orguudoos Gehörn?“, rief Gorguuna unter ihr.
    „Vielleicht auf der Empore?“
    Aruula führte den Hieb mit aller Kraft. Ein dumpfer Schlag ertönte, der in ein Knirschen mündete. Die Befestigung der Glocke brach so schnell, als hätte sie schon seit Jahren darauf gewartet, endlich den Widerstand gegen die Witterung aufzugeben. Es rauschte und krachte. Der ganze Turm schien zu beben.
    Unter sich sah Aruula, wie Gorguunas Kopf in den Nacken flog. Als sie begriff, was über ihr vorging, war sie für einige Augenblicke wie gelähmt.
    Einen Augenblick zu lang! Bevor sie zur Seite springen konnte, war die Glocke heran. Sie krachte in den Chorraum und begrub Gorguuna unter sich. Sie konnte nicht einmal mehr schreien. Ein hässliches Geräusch reißenden Fleisches und brechender Knochen erklang, als der Klöppel in der Glocke sie durchbohrte. Es fuhr Aruula durch Mark und Bein.
    Im nächsten Moment stieg Staub den Turm herauf – Aruula konnte nicht anders, sie musste husten. Damit war es für Helgaaja klar, dass die Glocke nicht von allein abgestürzt war. Dass Aruula hier oben war – ohne Ausweg.
    Aruula lauschte, doch von dem Getöse dröhnten ihr noch die Ohren. Wieder musste sie husten. Sie rückte an eine Maueröffnung, um frische Luft statt Staub einzuatmen.
    Jetzt hörte sie auf der Empore Holzbohlen knarren. Helgaaja war auf dem Weg herauf zu ihr! Aruula zog ihr Schwert zu sich, konnte es aber kaum noch heben. Ihr war übel, der Schmerz drohte ihr die Besinnung zu rauben.
    „Jetzt hab ich dich, Aruula!“ Helgaajas raue Altstimme tönte im Turmschacht. Sie klang noch hasserfüllter als zuvor. „Du hast Gorguuna getötet! Dafür wirst du leiden, bevor ich dir den Todesstoß versetze! Aber noch kannst du es vermeiden – indem du springst! Na los, tu dir selbst einen Gefallen! Ich überlasse es dir, die Art deines Todes zu wählen! Was für eine Gnade Orguudoos!“
    Aruula stemmte die Klinge auf die Bohlen und versuchte sich daran in die Höhe zu stemmen. Schmerzen schossen ihr wie elektrische Stromschläge in Arme und Beine. Sie schrie auf, ließ ihr Schwert los, sank gegen die Turmwand, wagte nicht mehr zu atmen.
    „Tut dir etwas weh?“, hallte Helgaajas Stimme spöttisch durch den Turm zu ihr herauf. „Warte, ich erlöse dich von Hoffnungslosigkeit und Schmerz …!“
    War es vorbei?
    Die Schmerzen wühlten in ihrem Körper, sie kämpfte gegen die anbrandende Ohnmacht an. Warum eigentlich? Sollte die Mörderin sie doch ohnmächtig finden. Sollte sie doch ihren verdammten Dolch in das Herz einer Bewusstlosen

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