Maddrax - Folge 334: Die Beute des Archivars
schrak sie zusammen – weil sie erst jetzt erkannte, dass sie und der Fremde nicht allein in dem Raum waren. Schräg hinter der Liege – und bislang im toten Winkel – lag ein Mann in einem silbernen Anzug. Sie sah genauer hin: War das nicht Patric Pancis?
Sie wies auf den offensichtlich Bewusstlosen … oder war er gar tot? „Das ist einer von Rulfans Freunden aus der Burg! Was hast du mit ihm gemacht?“
„Sorge dich nicht. Er lebt“, sagte Samugaar. „Ich wollte Kontakt zu den Bewohnern aufnehmen und wurde mit einem Trick getäuscht. Der dort gab sich als Rulfan aus.“
Aruula erinnerte sich an das Tischgespräch vom Vorabend. War das der erwähnte Tarnanzug, den Pancis da trug?
„Ich habe ihn in Winterschlaf versetzt und mitgenommen“, fuhr Samugaar fort. „Aber ich werde ihn unversehrt zurückbringen.“
Zu viele Informationen auf einmal. Der Raum begann sich plötzlich um Aruula zu drehen. „Ich … werde mich lieber wieder hinlegen und noch ein wenig ausruhen“, sagte sie. Der Archivar – Samugaar – half ihr zurück auf die Liege. Panik überfiel die Kriegerin von den Dreizehn Inseln bei dem Gedanken, sie würde für längere Zeit nicht mehr laufen können. Oder gar für immer.
„Moment …“ Samugaar kramte in einer Kiste herum und zog eine Spritze hervor. „Ich kann deine Schmerzen lindern. Dieses Schlangengift hier wird dich stärken.“
„Schlangengift?“ Aruula riss die Augen auf.
„Ich erlitt vor Jahren ähnliche Verletzungen wie du“, erklärte der Archivar. „Seit ich mir jedoch dieses Serum verabreiche, geht es mir besser. Ich habe dir bereits eine Dosis gespritzt, als du noch bewusstlos warst. Es hat dir nicht geschadet.“
Aruula betastete ihre Armbeuge. Tatsächlich fand sie den Einstich. „Deswegen also fühle ich mich vergleichsweise gut.“ Laufen konnte sie kaum, doch verglichen mit Qualen, die sie in der Ruine erlitten hatte, kamen ihr die Schmerzen im Augenblick wirklich erträglich vor.
Sie sah ihn an. „Und nun? Was hast du vor? Wenn du Patric Pancis zur Burg bringst, kannst du mich ja gleichfalls –“
„Ich möchte dir einen Vorschlag unterbreiten“, unterbrach Samugaar sie. „Trete in meine Dienste! Ich werde dir die Schmerzen nehmen und dich gesund machen, und du kannst mir im Gegenzug mit deiner Gabe behilflich sein. Eine Telepathin wie dich könnte ich brauchen.“
Sie hob den Kopf und blitzte ihn an. „Woher weißt du das?“
„Dass du eine Telepathin bist? Meine Instrumente haben es mir angezeigt. Auch, dass zwei andere Telepathinnen dich jagten. Sie wollten dich töten – warum?“
Aruula betrachtete ihn aus schmalen Augenschlitzen. „Was geht es dich an?“
„Nun, ich habe dein Leben gerettet und biete dir ein neues Leben“, gab er zurück. „Dein altes schient nicht so glatt zu verlaufen, wenn man dich töten will. Oder irre ich mich?“
Aruula seufzte. Die Schicksalsschläge der letzten Monde brachen wie eine Welle über ihr zusammen. „Nein, du irrst dich nicht“, gab sie zu. Hatte sie nicht zu ihrem Volk zurückkehren wollen, nachdem sie genesen war, um ihrer Bestimmung als Königin gerecht zu werden?
Diese Zukunft war Vergangenheit. Man hatte eine neue Königin inthronisiert und sie für vogelfrei erklärt. Darüber hinaus versuchte Sabeen sie zu töten. Sie würde nicht auf die Dreizehn Inseln zurückkehren können, vielleicht nie mehr. Diese Erkenntnis riss eine weitere Wunde auf, gegen die auch das Schlangengift nicht helfen konnte.
Der Archivar hatte geschwiegen, während sie in Gedanken versunken war. Aruula begriff allmählich, dass sie es mit einer Person zu tun hatte, die gründlich nachdachte, bevor sie redete. „Du suchst also nach einer neuen Bestimmung?“, fragte er nun. „Ich kann sie dir bieten – und noch mehr.“
„Noch mehr?“, echote sie.
„Es gibt so vieles, das ich weiß und noch in Erfahrung bringen kann, so viele Geheimnisse, die ich durchblicke.“ Samugaar erklärte das ganz ruhig, ohne jeden Anflug von Überheblichkeit. „Ich verstehe und beherrsche Dinge, an die du nicht einmal im Traum denken würdest, einfach, weil du von ihrer Existenz nichts ahnst. Ich bin ein mächtiger Verbündeter. Deine Feinde sind auch meine Feinde.“ Er wandte sich ab, setzte sich auf einen Hocker neben der Liege.
„Ist … ist Maddrax dein Feind?“ Aruula hätte nicht sagen können, warum gerade diese Frage in ihrem Kopf aufgetaucht war. Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass sie die Trümmer ihres
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