Made in Germany
gingen sogar nur 59,3 Prozent der Wahlberechtigten zur Urne. Und da muss ich sagen: Besonders enttäuscht bin ich von den Männern, die nicht zur Wahl gehen. Die Frauen haben vielleicht noch gar nicht alle mitbekommen, dass sie überhaupt wählen dürfen !
Eins der am meisten wahrgenommenen Rechte Deutschlands ist im Artikel 9 des Grundgesetzes aufgeführt: Alle Deutschen haben das Recht, Vereine zu bilden. Fußballvereine, Turnvereine, Heimatvereine, Gesangsvereine, Taubenzüchtervereine, Fördervereine, Frauenvereine, Schützenvereine, Alpenvereine …, wenn die Deutschen einmal in Fahrt sind, sind sie kaum noch
zu stoppen. Die Folge: In Deutschland gibt es über 500 000 Vereine! Ein Verein muss per Gesetz mindestens sieben Mitglieder haben, der größte hat über 17 Millionen zahlende Mitglieder (ADAC). 17 Millionen Mitglieder! Da möchte ich bei der Vollversammlung nicht für die Schnittchen verantwortlich sein.
Ein weiteres typisch deutsches Gesetz regelt die Rechte von Bahnfahrern. Bei Verspätungen von mehr als einer Stunde haben die Fahrgäste seit 2009 einen gesetzlichen Anspruch auf Entschädigung – das hätte teuer werden können für die Deutsche Bahn! Mittlerweile sind die Lokführer aber in der Lage, dank computergesteuerter Technik und ausgefeilter Fahrpläne ihre Züge Sekunden vor Ablauf der Frist in die Bahnhöfe einfahren zu lassen!
Es ist aufwendig, ein solch komplexes Rechtssystem wie in Deutschland aufrechtzuerhalten: Über 150 000 Anwälte kümmern sich in Deutschland um die Belange ihrer Mandanten. Tausende von Richtern wühlen sich durch Hunderttausende von Akten. Es gibt täglich mehr Prozesse als SAT1 im Nachmittagsprogramm zeigen kann!
Es wird angemahnt, abgemahnt, vorgeladen und angehört, bis der Arzt kommt. Was für ein Verwaltungsapparat! Doch es wird daran gearbeitet: Im Frühjahr 2010 hat die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) der Bundeskanzlerin bestätigt, dass Deutschland auf dem Weg zu weniger Bürokratie ist! Leider ist dieser Weg seitdem nicht weiterverfolgt worden – die Bundesregierung hatte die Antragsformulare für den Bürokratieabbau verbummelt!
Wir Deutschen können beruhigt sein: Es ist vieles geregelt. Und das, was nicht geregelt ist, das regelt der gesunde Menschenverstand. Für diejenigen, die der Meinung sind, in Deutschland würde zu viel vorgeschrieben, habe ich mir einmal die Mühe gemacht, in die Gesetzbücher anderer Länder zu schauen. Ich habe gestaunt, wie wenig ich über die Rechtsprechung unserer europäischen Nachbarn wusste: In Frankreich zum Beispiel darf man ein Schwein nicht „Napoleon” nennen – andersrum hätte ich es ja noch verstanden! Und in England ist es tatsächlich verboten, in Lokalen, Bars oder Restaurants betrunken zu sein, was gleichzeitig bedeutet, dass jeder Engländer jeden Abend straffällig wird.
Noch unglaublicher war allerdings der Blick in die amerikanischen Gesetzbücher. Dort bin ich auf einige besonders kuriose Vorschriften gestoßen, die beweisen, dass das deutsche Gesetzbuch zwar dick ist, aber trotzdem noch jede Menge Lücken aufweist – zum Glück!
Mein Lieblingsgesetz kommt aber vom anderen Ende der Welt, von der Insel Tasmanien vor der australischen Südküste: Dort gilt ein Gesetz, das Witwen gesetzlich vorschreibt, den abgeschnittenen Penis ihres Mannes als Kette um ihren Hals zu tragen! Da bekommt der Begriff „Intimschmuck” eine ganz neue Bedeutung!
Obwohl es für fast alle Fälle ein bestehendes und gültiges Gesetz gibt, das eindeutig regelt, was gesetzmäßig ist und was nicht, kommt es immer wieder zu den aberwitzigsten Gerichtsverfahren: Die Sache scheint glasklar zu sein, und trotzdem machen sich Menschen die Mühe, vor Gericht zu ziehen, um ihr vermeintliches Recht durchzusetzen. Weil es so viele witzige oder kuriose Gerichtsfälle gibt, wurde in den 90er Jahren der sogenannte „Stella Award” ins Leben gerufen, ein Preis, der besonders bekloppte Fälle auszeichnet. Man kann darüber streiten, wie sinnvoll ein solcher Preis ist, aber wir müssen uns keine Sorgen darüber machen, dass dem „Stella Award” irgendwann einmal die Anwärter ausgehen.
Einer der Anwärter wäre zum Beispiel ein deutscher Rastafari, der das Recht auf seine private Haschischplantage einklagen wollte. Natürlich ist der Anbau von Cannabis und Haschisch in Deutschland verboten – das weiß man selbst, wenn man von morgens bis abends Bob Marley hört. Unser Rastafari aber
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