Madita
übrigens dieser Richard«, sagt Mama. »Ein wahrer
Segen, daß dieser Junge nicht mehr in der Klasse ist. Sie sind doch sicherlich heilfroh, diesen Störenfried los zu sein.«
»Richard?« fragt die Lehrerin erstaunt. »Einen Richard habe ich gar nicht in der Klasse gehabt.«
»Ja, aber...« sagt Mama. Dann verstummt sie und sieht Ma-
dita streng an.
»Richard müßte Haue kriegen«, sagt Lisabet.
Madita bekommt einen roten Kopf und starrt auf ihre Schuhe hinunter. Haue, hat Lisabet gesagt! Einer wird sicherlich Haue kriegen, aber wer? Oh, wie allein und verlassen sich Madita vorkommt, seit es keinen Richard mehr gibt!
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Madita und Lisabet machen
einen Ausflug
Madita spricht jetzt nie mehr von Richard. Lisabet findet das schade. Sie kann nicht begreifen, daß Richard ganz einfach abgeschafft ist und daß es ihn nicht länger gibt. Besonders beim Mittagessen fehlt er ihr, und manchmal sagt sie:
»Ich möcht mal wissen, was Richard in seiner neuen Schule macht.«
Dann wirft Madita ihr einen wütenden Blick zu. Mama aber tut, als hätte sie nichts gehört. Papa freilich lacht manchmal und zieht Madita an den Haaren.
»Ja, ja, mein Fräulein Famos, du kannst schon Geschichten erfinden! Aber nun erzähl uns doch mal, wie es denn jetzt in der Schule ist – ohne diesen Richard.«
Und Madita erzählt. Daß die Lehrerin eine hübsche, kleine goldene Uhr an einer langen Kette trägt und daß Mia lauter Läuse auf dem Kopf hat und daß die Jungen sich jeden Tag auf dem Schulhof raufen und daß es großen Spaß macht, in der
Pause auf dem Flur die Frühstücksbrote zu essen.
»Was haben die denn auf ihren Broten?« fragt Lisabet. Sie will alles über die Schule wissen.
»Wurst und Käse«, sagt Madita.
Lisabet seufzt. Ach, manche Kinder haben’s gut! Die können in der Pause auf dem Flur Wurst- und Käsebrote essen, und die haben Federkästen und Schiefertafeln und Schulranzen. Oh, 32
wie es Lisabet wurmt, daß sie nicht auch zur Schule gehen darf!
Papa fragt weiter. Am nächsten Tag beim Mittagessen erkun-digt er sich wieder: »Na, mein Fräulein Famos, wie war es heute in der Schule?«
Madita denkt nach. Jetzt, wo Richard nicht mehr da ist, gibt es auch nicht mehr so viel zu erzählen. Aber irgend etwas fällt ihr immer noch ein. »Mia hat so viele Läuse, daß sie nur so auf der Bank rumkrabbeln«, erzählt sie. »Ach, ich wünschte, ich hätte auch welche.«
»Na, ich danke bestens«, sagt Mama.
Lisabet, die sich gerade eine ganze Fuhre Kartoffelbrei in den Mund stopfen will, läßt den Löffel wieder sinken.
»In meiner Schule«, ruft sie triumphierend, »in meiner Schule haben alle Kinder Läuse auf dem Kopf.«
»Pff«, macht Madita, »du gehst ja noch gar nicht zur Schule.«
»Doch! Tu ich doch!« ruft Lisabet und macht dazu ein eigensinniges Gesicht. Muß es denn immer nur Madita sein, die
etwas Lustiges zu erzählen hat!
Papa lacht.
»So, du gehst auch schon zur Schule? Das ist wohl dieselbe Schule, in die Richard jetzt geht, was?«
Da strahlt Lisabet. Das ist aber eine gute Idee! Sie erbt ja von Madita Kleider und Schuhe, da kann sie auch diesen Richard von ihr erben und ihn in ihrer Schule haben. Sie lacht vergnügt und nickt.
»Ja«, beteuert sie. » Richard geht jetzt in meine Schule, und er hat auch eine ganze Masse Läuse auf dem Kopf.«
»Hach, du bist zu albern, Lisabet«, faucht Madita.
Die Wochen vergehen. An einem Sonnabend im September
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kommt Madita aus der Schule gestürmt, ihre Augen leuchten.
»Ist Mama zu Haus?« ruft sie wie gewöhnlich schon an der
Tür, und dann sprudelt alles auf einmal hervor.
»Mama, wir machen einen Ausflug... am Mittwoch... die
ganze Schule! Zuerst fahren wir mit der Eisenbahn, und dann wandern wir ein ganz langes Ende, und dann klettern wir auf einen Berg, und da sitzen wir dann und essen Butterbrote und gucken uns die Aussicht an, oh, ich freu mich so!«
Vor lauter Freude kann sie überhaupt nicht stillstehen. Sie hüpft von einem Bein auf das andere, schlingt Mama die Arme um den Hals und strahlt über das ganze Gesicht. Aber neben ihr steht Lisabet mit einer Miene wie drei Tage Regenwetter.
Eine Weile ist sie still, aber dann sagt sie mit Nachdruck:
»Meine Schule macht auch einen Ausflug, und wir fahren auch mit der Eisenbahn, aber wir klettern auf einen viel höheren Berg.«
»Das könnte dir so passen«, sagt Madita.
»Du Dumme, du«, schreit Lisabet. Dann stürzt sie auf Mama zu, wühlt den Kopf in ihren Schoß und weint
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