Madita
auf dem großen Klapptisch dichtge-
drängt der Weihnachtsschinken und der Preßkopf und die
Schweinerippchen und die Leberpastete und der Heringssalat und die Fleischklößchen; an der Decke hängen Brat- und
Grützwürste in Reihen, und dann ist da noch das Wacholderbier in seinem Krug, der Stockfisch in seiner Wanne und der Käsekuchen in seinem Napf, alles ist fertig. Brotlaibe, Würz-brot und Safrankränze liegen aufgestapelt im Brotkasten; Pfef-131
ferkuchen und Mandelmuscheln, Haferkekse und Schmalzge-
backenes füllen die Kuchendosen, Weihnachten kann begin-
nen. Und heute abend hängt Papa Weihnachtsgarben in die
Apfelbäume, damit auch die Spatzen beim Aufwachen wissen, daß Weihnachten ist. Alva hat eine Menge Scheite für alle gemütlichen Holzfeuer im Ofen hereingeschleppt, und sie hat Schnee geschaufelt, so daß lustige, schmale Pfade zur Pforte und zum Holzschuppen und zum Fluß hinunterführen. Ja, auch zum Fluß, denn dort entlang kommt immer der Weihnachtsmann, und es wäre schlimm, wenn er in dem tiefen Schnee
steckenbliebe. Aber dieses Jahr wird er es gut haben, dieses Jahr wird ihm der Weg keine Mühe machen, denn der ganze
Fluß ist mit dem Schneepflug freigekehrt. Nachdem Tore am Sonntag erst für Madita und Lisabet die Landstraße freigepflügt hat, ist er den Fluß entlang nach Apelkullen zurückgefahren, und darüber wird sich der Weihnachtsmann bestimmt freuen, wenn er morgen abend in seinem Schlitten angefahren kommt.
Daß Tore den Fluß freigepflügt hat, ist auch sonst gut. Abbe hat nämlich ein Schlittenkarussell gebaut, und das macht Madita und Lisabet einen Riesenspaß, besonders wenn sie beide auf dem Schlitten sitzen dürfen und Abbe ihn dreht. Dann
saust man so schnell im Kreis herum, daß einem ganz
schwindlig wird.
Aber Abbe kann nicht so oft vom Backbrett fortbleiben. Zu Weihnachten werden ja so viele Kringel gebraucht. Tante
Nilsson steht jeden Tag auf dem Markt und verkauft sie. Was Onkel Nilsson tut, das weiß keiner, aber er muß wohl sehr viel zu tun haben, denn zu Hause ist er nur selten.
Jetzt am Abend vor Heiligabend geht Madita auf einen Sprung nach Waldesruh, um zu sehen, was Abbe macht. Und, man
stelle sich vor, Abbe kniet auf dem Fußboden und scheuert die 132
Küche. Im selben Augenblick, als Madita hereinspaziert
kommt, hört er damit auf.
»Ich wollte nur ’n bißchen aufwischen«, erklärt er ihr. Dabei hat er schon die halbe Küche gescheuert. Man sieht deutlich, wie weit er gekommen ist, der gescheuerte Teil ist längst nicht so schwarz wie der ungescheuerte. Madita schaut sich in der
Küche um – nein, besonders weihnachtlich ist es in Waldesruh nicht. Die Gardinen und die bestickten Küchenborten sind
nicht gewaschen worden, alles ist genau wie sonst, und am Abend vor Heiligabend dürfte das nicht sein, findet Madita.
»Habt ihr denn nichts vorbereitet?« fragt sie.
Abbe sieht sie erstaunt an.
»Was denn... vorbereitet?«
Madita weiß nicht recht, wie sie antworten soll.
»Morgen ist doch... Heiligabend.«
»Natürlich haben wir alles vorbereitet«, sagt Abbe. »Komm, ich zeig’s dir.«
Er geht Madita voran in die kleine Stube neben der Küche. Dort ist ein Papierstreifen an die Wand gepinnt, darauf sind lauter Wichtelmänner mit Bärten.
»Na, was sagst du nu?« fragt Abbe triumphierend. »Meine
Alten haben es noch nicht gesehen. Die werden Mund und
Nase aufreißen, verlaß dich drauf!«
Aber Madita ist immer noch nicht richtig zufrieden.
»Habt ihr denn keinen Tannenbaum?«
»Man hofft, solange man lebt«, sagt Abbe. »Vielleicht bringt mein Alter heute abend einen mit. Falls er’s nu nicht vergessen hat. Aber dann zieh ich morgen ganz früh los und klau mir einen im Hultawald, denn einen Tannenbaum will ich haben.«
Da muß Madita an den Tannenbaum zu Hause auf Birkenlund
denken, und eine prickelnde Freude durchzuckt sie.
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»Weihnachten ist doch wunderbar, nicht, Abbe?«
»Tja, wie man’s nimmt«, sagt Abbe. »Es ist ganz nett, wenn alles sauber und geputzt ist. Und dieser Wandschmuck hier gefällt mir.«
Madita findet die Wichtelmänner mit den Bärten auch hübsch, aber damit ist es erst an einem einzigen kleinen Fleckchen weihnachtlich. Madita möchte, daß es überall weihnachtlich ist. Aber Abbe nimmt das offenbar nicht so genau.
»Glaubst du, daß du viele Weihnachtsgeschenke kriegst?«
fragt Madita.
»Man hofft, solange man lebt«, sagt Abbe. »Das heißt, wenn meine Alten nu überhaupt dran
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