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Madonna, ein Blonder!

Madonna, ein Blonder!

Titel: Madonna, ein Blonder! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Zöller
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Nachbarn, dem ich mich noch nicht vorgestellt habe: Dr. Agopovic, ein Zahnarzt, mit dem ich mir, meiner Berechnung nach, die meisten Zimmerwände überhaupt teile. Ich bin besorgt. Zwar habe ich in den letzten Tagen nichts von dieser Seite vernommen– aber ich habe Angst davor, eines Morgens vom Geräusch eines Hochfrequenzbohrers oder vom Schrei eines Patienten wach zu werden. Ich klingle. Niemand macht auf. Dann eben nicht.
    » Boh!«
    Als ich hinuntergehe zum » Papagallo«, sehe ich das Moped mit den beiden Jungs, die mir immer » Oohu, biondo « zurufen, heranbrausen. Heute erkennen sie mich erst auf den zweiten Blick– mein Kurzhaarschnitt zeigt eine erste erfreuliche Wirkung. Sie sind schon fast an mir vorbei, da dreht sich der eine noch mal um und ruft lachend » Oohu, biondo. « Auch wenn mir meine neue Frisur nicht sonderlich gut gefällt– ich scheine immerhin nicht mehr die blonde Sensation schlechthin zu sein.
    Unten, vor dem » Papagallo«, herrscht höchste Aufregung.
    An diesem Sonntagmorgen mit schönstem Ausflugswetter– drinnen stürzen Dutzende von Leuten ihren Kaffee herunter– erdreistet sich draußen ein Polizist, der aussieht wie Käpt’n Iglo, all die Autos aufzuschreiben, die mit angeschalteter Warnblinkanlage in der zweiten Reihe, auf dem Zebrastreifen oder vor Hauseinfahrten stehen. Es ist ein Skandal!
    Nicht das rücksichtslose Parken, sondern dessen Ahndung natürlich.
    Die Aufgeschriebenen können kaum fassen, was da passiert. Größer noch als der Ärger über den Strafzettel ist bei ihnen offenbar das Unverständnis darüber, dass der Polizist überhaupt die Falschparker aufschreibt. Als ich vorbeigehe, antwortet Käpt’n Iglo gerade auf das Flehen eines Parksünders um Nachsicht mit einem trockenen: »Boh! So sind die Regeln.«
    Drinnen, im » Papagallo«, schaut ein halbes Dutzend Leute Cappuccino trinkend dem ungewöhnlich strengen Polizisten zu. Dino poliert die Theke mit einer Reinigungsmilch » Marmor-Superglanz« und schaut immer wieder nach draußen. Als er mich sieht, nickt er in Richtung Käpt’n Iglo: » Ein neuer Polizist. Nimmt’s ganz schön genau.«
    Er bedeutet mir, zum Ende der Theke mitzukommen. Im Schutz des Automaten für Gingseng- und Malzkaffee zündet er sich eine Zigarette an, nimmt eilig einige Züge und hält sie hinter seinen Rücken, wo sie, zusätzlich durch die Automaten verborgen, nicht zu sehen ist. Nur hinter Dinos Kopf steigt langsam grauer Rauch auf. Rauchen in Lokalen ist in Italien ja schon länger verboten als in Deutschland. Dino dreht sich zum Tresen und schaut Giuliano zu.
    » Schau dir mal die Bar an. Sind sie, also die anderen, so wie ich?«
    Ich beobachte Giuliano, finde nichts, was ich kritisieren könnte. Dafür, dass er gerade mal Mitte 20 ist, kommt er den Bestellungen recht schnell und besonnen nach.
    » Er macht es gut«, meint Dino, » aber weißt du, was ihm fehlt: Die Seele. Ich wollte immer Barista sein, und ich wurde Barista. Aber für diese jungen Leute ist das nur ein Job, den sie eine Zeit lang machen. Arbeit ist Leidenschaft. Passione! «
    Dino nimmt einen langen Zug aus der Zigarette, kneift seine Augen zusammen und blickt mich an. Dann nickt er, nimmt aus einem Fach im Tresen, das ich noch nie gesehen habe, einen Aschenbecher und drückt die Zigarette aus.
    » Va beh«, sagt er, na ja, steht auf und tritt wieder hinter die Bar. Was macht sich Dino bloß für komische Gedanken?
    Draußen ist der Polizist, der aussieht wie Käpt’n Iglo, weiterhin auf der Jagd nach Parksündern. Gerade diskutiert er mit einem Mann, der sich ganz offensichtlich weigert, den Strafzettel entgegenzunehmen. Immer wieder hebt er abwehrend die Arme, » No!«, bis der Polizist ihm den Wisch einfach in eine Seitentasche des Jacketts steckt.
    Wenn man das in einem Film zu sehen bekäme, würden alle sagen, die Szene sei gestellt.
    Von der Straße nähert sich jetzt ein kleiner roter Fiat 500, darin eine mit einer gelben Bluse bekleidete Frau. Die gewaltige Sonnenbrille verdeckt das halbe Gesicht, doch die dunklen Haare, die hübsche Nase, das spöttische Lächeln sind unverkennbar– es ist Elisa. Endlich sehe ich sie mal wieder!
    Sie peilt als Parkplatz für ihr Auto den Zebrastreifen vor dem » Papagallo« an, stellt sich tatsächlich mitten drauf und schaltet die Warnblinkanlage an. Für sie scheint das zwar kein regulärer, aber doch ein fast normaler Parkplatz zu sein. Den Polizisten, der auf sie lauert, hat sie nicht

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