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Madonna, ein Blonder!

Madonna, ein Blonder!

Titel: Madonna, ein Blonder! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Zöller
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signalisiere ich mein Einverständnis, über die dreisten Taschendiebe in Rom zu schreiben.
    Am Nachmittag stehe ich also am Vatikan bei der Haltestelle des 64er Busses, der laut Auskunft meines Polizistenfreunds Gennaro angeblich derjenige sein soll, in dem am meisten geklaut wird. Und genau darauf lege ich es heute an. Ich will nicht nur erleben, dass etwas wegkommt, sondern wie das genau vor sich geht.
    In meinen Hosentaschen stecken ein Handy, das schon länger auf meiner Abschussliste steht, sowie ein leerer Geldbeutel, der seine besten Zeiten ebenfalls hinter sich hat. Und damit meine Rechnung auch aufgeht, bin ich zusätzlich zu meiner Haarfarbe, die eigentlich als Lockmittel ausreichen müsste, wie der typische Tourist kostümiert: kurze Hose mit links und rechts je zwei Funktionstaschen, weiße Socken in braunen Sandalen, ein hellblaues Kurzarmhemd. Ich sehe aus wie die perfekte Beute schlechthin.
    Vorsorglich habe ich mir eine Tageskarte gekauft, weil ich damit rechne, den ganzen Tag im 64er Bus verbringen zu müssen. Schließlich kann ich nicht davon ausgehen, dass bereits ein paar Haltestellen weiter ein Dieb einsteigt und mich zu beklauen versucht. Und wenn alle Stricke reißen, muss ich mir die ganze Geschichte zur Not fantasievoll ausdenken. Ich harre der Dinge.
    Als ich Dino am Morgen von meinem Plan erzählte, hat er nur kurz im Polieren des Tresens innegehalten und dreimal hintereinder gemurmelt: » Tu sei matto …, tu sei matto …, tu sei matto.« Ich sei verrückt, verrückt, verrückt.
    Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Der Bus fährt los und überquert den Tiber. An jeder Haltestelle auf dem Weg in die Stadt kommen neue Fahrgäste hinzu, die meisten Touristen. An der Haltestelle Piazza Navona steigt ein Mann zu, der auffällt– mir zumindest, denn ich halte ja nach potenziellen Dieben Ausschau. Er hält trotz der Hitze eine dicke Jacke über dem Arm, und während alle anderen nach draußen gucken und auf Sehenswürdigkeiten deuten, lässt er seine Augen prüfend durch den Bus wandern.
    Au weia!
    Jetzt steuert er direkt auf mich zu– ich starre unbeteiligt aus dem Fenster. Kann es sein, dass das schon der Dieb ist? Dass der mich im nächsten Moment beklauen wird?
    Das ist doch wohl unmöglich!
    Der Mann stellt sich neben mich.
    Bin ich eigentlich bescheuert!
    Ein, zwei Haltestellen passiert nichts. Der Bus fährt am Largo Argentina vorbei, in dessen Nachbarschaft im Theater des Pompeius Julius Cäsar ermordet wurde, und biegt nach links in Richtung Piazza Venezia ab. In der weiten Kurve, in der es ruckelt und wir Stehplatzpassagiere aneinandergedrückt werden, wandert eine fremde Hand vorsichtig in meine Hosentasche.
    Ich kann’s nicht fassen und zucke vor Schreck zusammen, schaue jedoch weiter unbeteiligt nach draußen.
    Wie konnte ich nur auf eine so bescheuerte Idee kommen? Ich denke an Dinos » matto, matto, matto« und nehme mir vor, nie mehr ein PS an meine Redaktion zu schreiben.
    Seine Finger machen sich jetzt an meinem Geldbeutel zu schaffen. Er zieht vorsichtig, aber das Ding sitzt fest.
    Der Bus ruckelt über das Straßenpflaster, draußen ziehen der blaue Himmel und die prachtvolle Piazza Venezia vorbei. Der Busfahrer fährt viel zu schnell, ich halte mich so gut es geht an der Haltestange fest. Was gar nicht so leicht ist, wenn einem der Angstschweiß ausbricht.
    Der Dieb steckt seine Hand etwas tiefer in meine Hosentasche. Er muss denken, dass ich der harmloseste, unbedarfteste Tourist aller Zeiten bin. Soll ich mich umdrehen? Ihm sagen: » He, ich habe Sie längst durchschaut, Sie wollen mir meinen Geldbeutel klauen.« Ich könnte ihn einfach am Gelenk packen und zu schreien beginnen. Dann würden die anderen ihn vielleicht festhalten, bis die Polizei kommt und ihn abführt.
    Was tun?
    Nichts. Denn ich will es ja schließlich von vorne bis hinten erleben, wie die Diebe vorgehen bei ihrer Jagd auf die Blonden unter den Schwarzhaarigen.
    Der Bus rast jetzt an dem gewaltigen Blumenbeet auf der großen Piazza entlang, Touristen drängeln sich an mir vorbei und drücken ihre Fotoapparate an die Scheibe, um das– wievielte?– Foto ihres traumhaften, sorglosen römischen Wochenendes zu schießen. Der Dieb lässt die Hand in meiner Hosentasche und rührt sich nicht.
    Jetzt die Via Nazionale. Der Bus holpert weiter über das Kopfsteinpflaster, mein Dieb nutzt die Gelegenheit und lässt sich übertrieben dramatisch gegen mich fallen. Er hat jetzt nicht mehr nur die Finger, sondern

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