Madonna, ein Blonder!
der Reiseleiterin.
Und wartet.
Ich trete näher heran und räuspere mich. » Entschuldigen Sie, dass ich mich einmische«– die Gruppe schaut zu mir herüber, blankes Entsetzen auf dem Gesicht von Elisa, die wohl jetzt eher mit dem Angriff von Jedi-Rittern gerechnet hätte als mit mir. » Aber hier im Reiseführer steht es genau so, wie es die Signorina gesagt hat: Quod non fecerunt barbari, fecerunt Barberini. «
Zu Elisa gewandt sage ich: » Tschuldigung, war gerade zufällig hier«, und zeige auf meine Fotoapparatbehängung, auf die jeder Weihnachtsbaum neidisch wäre.
Zum Beweis lasse ich den Reiseführer rumgehen. Einige Frauen aus der Gruppe, denen ihre besserwisserischen Männer offensichtlich peinlich sind, nicken heftig und zischen ihre vorlauten Partner an.
Elisa schaut mich höchst verwirrt an. Sie scheint mit sich zu kämpfen, was sie mit mir anfangen soll. » Che cazzo !« sagen und mich fragen, was ich hier zu suchen habe, oder sich stattdessen bei mir bedanken?
Doch das war keineswegs der Gipfel der Verwirrung.
Als ich nämlich fotografierend das Pantheon betrete, steht innen, mitten unterm Deckenloch, Dino. Erst der wilde Mopedritt nach San Lorenzo, jetzt das Pantheon. Er scheint neuen Spaß an Abenteuern zu haben.
Wir starren uns gegenseitig an und sagen beide exakt das Gleiche:
» Du?«
» Hier?«
» Che cazzo!«
Als Elisa ihn entdeckt, versucht sie ihn zu ignorieren, was Dino wiederum seinerseits völlig ignoriert.
» Da kommt ein Mann, der was von Ihnen will«, sagt ein Renter zu Elisa und deutet auf Dino.
» Scusa, Elisa, wo bleibst du denn so lange?«, sagt er vorwurfsvoll. » Ich warte schon ewig.«
» Was? Ich?« Elisa ist völlig perplex.
» Du hast gesagt, du führst durchs Pantheon. Eeeh, es ist Sonntag, und ich habe frei…«
Elisa bittet die Gruppe, einen Moment zu warten, nimmt Dino zur Seite und schiebt ihn in meine Richtung. Sie schaut aus, als würde sie uns am liebsten im Kolosseum den wilden Tieren vorwerfen. » Habt ihr nichts Besseres zu tun, als mir auf den cazzo zu gehen? Ich betreue eine Gruppe, die für meine Begleitung bezahlt hat, nicht meinen Onkel und seinen komischen blonden Freund.«
Es ist für mich immer noch ungewohnt, eine junge hübsche Frau wie Elisa dauernd einen Begriff wie cazzo sagen zu hören, aber in Rom fluchen die hübschesten Mädchen wie alte Seebären.
Jetzt schaut sie auf meinen Weihnachtsbaumbehang. » Was sind das eigentlich für merkwürdige Fotoapparate?« Ohne eine Antwort abzuwarten, schiebt sie uns in Richtung Ausgang. » Raus mit euch!«
Ein Glück, dass just in diesem Moment ein Teilnehmer aus Elisas Gruppe auf sie zukommt und ihr aufgeregt vier Worte zuruft: » Frau Schulze ist weg.«
Schlagartig hat Elisa andere Sorgen. Der Verlust einer Teilnehmerin ist das Ärgste, was ihr passieren kann. Schlimmer als ein falsches Zitat und ganz sicherlich auch dramatischer als ein lästiger Onkel und ein komischer Blonder.
Trotzdem lässt sie es an uns aus. » Cazzo, daran seid ihr schuld! Ihr habt mich abgelenkt.« Elisa sieht mich so böse an, wie ich sie noch nie gesehen habe. Nicht nur, dass sie mich durchschaut hat, sie scheint sogar zu vermuten, dass ich über Dino an sie herankommen wollte. Was ja wirklich nicht stimmt in diesem Fall, doch mir kommt es vor, als würde sie ihre Hand ausstrecken und den Daumen senken. Schmeißt ihn den wilden Tieren vor!
Dann erklärt sie kühl: » Ihr habt eine Stunde, Frau Schulze zu finden. Treffpunkt Palazzo Farnese. Ich führe unterdessen den Rest der Gruppe.« Sagt es und drückt uns den Anmeldebogen von Frau Schulze in die Hand samt Foto.
Auf dem Weg nach draußen geben Dino und ich uns gegenseitig die Schuld daran, dass Elisa sauer auf uns und Frau Schulze verschwunden ist.
» Was machst du denn hier?«
» Wieso ich? Die Frage könnte ich dir stellen!«
» Und jetzt?« Dino ist ratlos.
» Boh!«, mache ich.
Eine Viertelstunde lang durchkämmen wir den Platz vor dem Pantheon. Nichts. Noch 45 Minuten.
» Wir müssen zur Polizei«, sagt Dino.
Ich schlage mir mit der flachen Hand auf die Stirn. » Dino, ich hab’s. Komm mit!«
Wir sind außer Atem, als wir die Piazza del Collegio Romano erreichen. » Warte«, sage ich zu Dino, » ich kenne hier jemanden. Einen Freund.« Dino wirft mir einen anerkennenden Blick zu, ich laufe ins Polizeirevier.
Es kommt mir vor, als sei ich seit Monaten nicht hier gewesen, dabei ist es erst wenige Tage her, dass ich den Diebstahl meiner Geldbörse
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