Madonna, ein Blonder!
ganz sicher, dass ich sie noch nie so schön gesehen habe wie heute: die Augen schwarz wie starker Espresso, die Haare auf einer Seite mit einer Spange aus dem Gesicht gesteckt.
Als die deutschen Gäste in Sammeltaxis verfrachtet sind, die sie zum Hotel zurückbringen, bin ich zum ersten Mal mit Elisa alleine.
Und jetzt?
Wir stehen unschlüssig da.
Kann ich sie jetzt fragen, ob wir noch was trinken gehen?
Elisa kommt mir zuvor. » Jetzt lade ich dich noch auf ein Glas ein«, sagt sie, » hast du Lust?«
Und wie! Ich strecke das Kinn nach vorne, breite die Arme aus. » Boh!«
» Boh?«, fragt Elisa. » Du magst nicht?«
Oh, da habe ich wohl etwas verwechselt.
» Eeeh natürlich«, lächle ich.
Elisa lacht. » Hat Dino…«
Ich nicke. » Ja. Aber er hat es mir schon richtig erklärt. Ich habe mich bloß geirrt.« Kann ja auch mal passieren bei den ganzen Ausdrücken und Gesten!
Wir fahren mit dem Moped los. Mit den Händen hält sich Elisa an meiner Jacke fest. Immerhin.
» Erst mal gehen wir ein Eis essen. Kennst du den ›Palazzo del freddo‹?«
Elisa lotst mich durch den Verkehr auf dem Lungotevere, wir düsen die Via dei Fori Imperiali hinunter auf das Kolosseum zu, dann links rauf zum Esquilin. Unser Ziel erkennen wir leicht daran, dass Autos und Mopeds nicht nur in erster und in zweiter, sondern zum Teil sogar in dritter Reihe stehen.
O Gott, denke ich, jetzt einen Parkplatz suchen!
Doch Elisa gibt sich ganz unbeirrt. » Wir müssen einen Parkplatz finden.«
Ich muss lachen. Sie sagt » finden«, nicht » suchen«. Klingt das nicht viel dynamischer und optimistischer? Zugegeben, dass Elisa überhaupt so zuversichtlich von » Parkplatz finden« sprechen kann, liegt auch daran, dass es in Rom neben den legalen Parkplätzen eine ganze Menge denkbarer Alternativen gibt. Als Parkplatz gilt nämlich nach römischer Definition nicht nur ein Ort, wo man das Auto gesetzeskonform abstellen darf, sondern jedes winzige Eckchen, in das man sich hineinzwängen kann. Alles, was keine allzu großen Probleme bereitet, ist ein Parkplatz.
» Da«, sagt Elisa und zeigt auf eine papierdünne Lücke zwischen zwei Autos.
» Wirklich?«
» Na klar!« Ich quetsche das Moped in die Lücke. In Deutschland würde ich mir nun größte Sorgen machen, wie die beiden anderen noch ausparken können, in Rom ist einem das egal. Chi se ne frega? Wen kümmert’s?
Wir kommen kaum in den » Eispalast« hinein, so lange ist die Schlange, die sich quer durch die gigantische Halle windet, die jeder mittelgroßen Stadt als Bahnhof dienen könnte und ähnlich ungemütlich beleuchtet ist wie vorhin das » Ai Marmi«. Was ja ein gutes Zeichen ist, nach Meinung von Elisa. Tatsächlich sind hier nur Römer. Kleinkinder, die selbst um die späte Uhrzeit noch Eis schlecken, Teenagerpärchen, die sich einen Eisbecher teilen und sich gelato zulöffeln. Und dann wird mir auch noch ein unerwarteter Triumph zuteil, als mich der Kassierer nicht » Yes please« fragt , sondern einfach » Prego?« sagt.
Limone … Cioccolato … Fragola … Stracciatella. Aus reiner Vernunft schaffe ich es, irgendwann » basta« zu sagen, woraufhin der Gelato -Mann mein Eis mit einem gewaltigen Berg panna krönt.
Überflüssig zu sagen, dass dieses Eis das beste ist, das ich bisher in Rom gegessen habe. Zum Zeichen meiner Anerkennung bohre ich meinen Zeigefinger in die Backe, so wie Dino es mir gezeigt hat.
» Und jetzt?«, seufze ich. Der Becher ist leider leider leer.
» Boh!«, macht Elisa. » Weiß nicht.«
» Hast du das ›Boh‹ von Dino?«, frage ich.
» Tss«, macht Elisa, schüttelt den Kopf und sagt stolz: » Eeeh, ich brauche keinen Sprachlehrer… eeeh… ich bin Römerin.«
Eine halbe Stunde später parke ich das Moped oben auf dem Gianicolo, dem Hügel auf der anderen, der vatikanischen Seite des Tiber. Elisa hat mich hier hochgelotst. Von hier oben hat man einen überwältigenden Blick auf Rom, und der allgegenwärtige Lärm der Motorini ist hier nur noch eine Ahnung. Eine warme Brise weht den Hügel herauf.
Zweifellos ein romantischer Ort, sogar ein sehr romantischer. Auf dem Mäuerchen, von dem man über die Stadt blickt, sitzen eng umschlungen Pärchen, um deren Aufmerksamkeit sich ein gutes Dutzend Rosenverkäufer bemüht.
Hoffentlich wird es jetzt nicht verklemmt!
» Ich hole uns was zu trinken«, sage ich und gehe hinüber zu einem mit Neonlicht beleuchteten Imbisswagen, der überbordet von Süßigkeiten und Softdrinks. Auf diesen
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