Madonna, ein Blonder!
vorstellen: Ich werde bestens unterhalten.
So erzählt mir Elisa unter anderem, dass sich Frau Schulze schon wieder für eine Romreise angemeldet habe– » In vino veritas, auf den Spuren antiker Genießer«–, und Dino berichtet von der neuen Kaffeemaschine in der Bar » Caffè 2000« am Dorfplatz von Angolorotondo, die anlässlich des Madonnenlaufs angeschafft worden sei. Don Giorgio habe sie sogar geweiht und der Barista sie– wie die im » Papagallo«– » Rosa« getauft.
Vor allem brenne ich darauf zu erfahren, wie es weitergegangen ist mit dem Madonnenlauf. Aus den verschiedenen Versionen meiner neuen Verwandtschaft reime ich mir Folgendes zusammen:
Gewonnen hat Casariccia, dessen Läufer mich überholten, als Ermanno mich in die Falle lockte. Angolorotondo wurde Zweiter, Roccavento mit der Madonna del Rosario Dritter und– hahaha!– Ermanno mit dem Winzling für Venosa Letzter. Darüber freuen sich anscheinend alle am meisten: dass Venosa geschlagen wurde. Doch nicht nur das: Venosa darf wegen Ermannos unsportlichem Verhalten, das übrigens aus der Ferne von Zuschauern beobachtet worden war, in den nächsten drei Jahren nur mit zwei statt vier Läuferpaaren antreten. Was anscheinend gleichbedeutend ist mit dem sicheren letzten Platz. Und die beste Nachricht: Der superstarke Super avvocato Ermanno hat sich überdies eine Ohrfeige von Elisa eingefangen, weil er und sein Spießgeselle sich über mich lustig machten: ich sei dem » Zweikampf« ausgewichen und vor ihnen davon ins Dorf gelaufen.
Das freut mich. Ich weiß ja, wie sich die Ohrfeigen von Elisa anfühlen.
Neuigkeiten über die Attacke auf Francesco und seine Verletzung überbringt mir Elisas Lieblingscousin am Nachmittag dann persönlich. Er hat leichte Prellungen abbekommen, hinkt etwas und richtet mir viele Grüße von den anderen Läufern aus, die sich ebenfalls alle erholen. Als Francesco kommt, schaut er mir fest ins Gesicht: » Ich will dir gratulieren, gib mir die Hand.«
Ich zögere und strecke behutsam meine von den Griffen der Madonna geschundene Rechte hervor. Susanna hat mir die Hand während der Ohnmacht verbunden und wechselt auch dort stündlich die Ricotta-Wickel.
» Aber vorsichtig«, mahne ich. Irgendwas gefällt mir nicht.
» Sicher.« Francesco grinst.
Dann drückt Francesco mit seinen Riesenpranken so fest zu, als müsste er bei einem Feuerwehrschlauch den Wasserzufluss unterbrechen.
» Das ist ein Glückwunsch und zugleich eine Warnung. Mach meine Cousine nie mehr traurig!«
Auf den Schrei, den ich loslasse, stürzt sogar Elisa ins Zimmer.
» Was ist denn los?«
Es muss gerade ein Güterzug über meine Hand gefahren sein. Eine Dampfwalze. Oder ein Elefant hat mich getreten.
Francesco lässt meine Hand los. » Cose tra maschi« – eine Sache unter Männern.
Elisa schaut mich an.
» Eeeeeeh!«, mache ich verlegen. Ich tue so, als ginge es mir blendend.
Francesco nickt zufrieden, legt die Spitze des Zeigefingers auf die Daumenspitze und zieht eine horizontale Linie durch die Luft: » Perfetto!« Dann klopft er mir– jetz t b ehutsamer– auf die Schulter: » Sei stato bravissimo!«
Es folgen glückliche Tage. Elisa, Susanna, Enrico und ich haben uns entschieden, noch etwas länger in Angolorotondo zu bleiben. Nur Dino und Elisas Bruder Roberto sind schon wieder nach Rom gefahren. Ich bin froh, mich noch ein bisschen erholen zu können– jeden Tag wird der Muskelkater vom Madonnenlauf noch schlimmer. Trotz der Ricotta-Wickel von Susanna.
Als Elisa einmal bei mir am Bett sitzt, traue ich mich zu fragen:
» Was war eigentlich mit… Ermanno? Wart ihr mal… ein Paar?«
Elisa verschüttet fast den Tee. » Ich und Ermanno? Managgia! «
Ich verstehe nicht: » Aber alle haben immer gesagt, Ermanno würde dich so verehren…«
» Hat er ja auch«, sagt Elisa trocken, » aber das war passione in senso unico.« Einbahnstraßenleidenschaft.
Nur gut, dass ich mir solche Sorgen gemacht habe und Ermanno der Albtraum meiner Nächte war.
An einem dieser Tage klingelt mein Telefon– die Redaktion. Ich habe mich als krank, aber durchaus ansprechbar abgemeldet.
» So, so. Sie haben also bei einem lokalen Wallfahrtswettlauf eine Madonnenstatue über die Berge getragen?« Ich höre den Redakteur lachen und den Kollegen zuflüstern: » Hört mal zu.«
Der Klang seiner Stimme verändert sich deutlich, er hat offenbar auf Lautsprecher umgestellt: » Und darüber wollen Sie was schreiben?« Er klingt skeptisch.
»
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